Wieder einmal steht der Kapitalismus am Pranger. Global agierende Konzerne schließen regionale Niederlassungen und entlassen Heerscharen von Mitarbeitern, während die Bezüge ihrer Manager in astronomische Höhen steigen. Mit doppelter Zunge reden Vorstandsmitglieder von sozialer Verantwortung, während sie Korruptionsfälle decken und Millionen am Fiskus vorbei auf ausländische Konten schleusen. Da kommen zwei Bücher zur rechten Zeit, die sich mit den kulturellen und politischen Ursachen befassen, die den Kapitalismus von einer Krise in die nächste stürzen.
Für den US-Politikwissenschaftler Benjamin Barber liegt die Hauptquelle des Übels in der »Infantilisierung« der Kunden und Konsumenten, die durch eine entfesselte Güterwirtschaft zur Befriedigung »künstlicher Bedürfnisse« getrieben werden. Angestachelt durch eine gigantische Werbeindustrie, deren Etat in den USA die Auslandshilfe inzwischen um das Siebzehnfache übersteigt, jagen die Verbraucher wie Kinder den Seifenblasen des Shopping-Glücks hinterher und verlieren dabei ihre Rolle als demokratische Bürger aus den Augen.
Das infantilistische Ethos des Konsumkapitalismus sorgt dafür, dass private Leidenschaften an die Stelle öffentlicher Interessen treten, soziale Bindungen durch hedonistische Rücksichtslosigkeit aufgelöst werden und sich ein neuer »Naturzustand« breitmacht, in dem »Gewalt und Betrug die Kardinaltugenden sind«. Barber zeichnet den Konsumenten als Hobbesianischen Wolf, der gnadenlos seine Vorteile verfolgt, sämtliche Regeln des Zusammenlebens missachtet und seine persönliche Identität in Lifestyle und Markengläubigkeit sucht.
Der Konsumismus besitzt, so Barber im Gefolge von Theodor W. Adorno., »totalistische« Dimensionen. Kulturelle Protestaktionen, die mit spielerischen oder subversiven Mitteln gegen die Konsumgesellschaft ins Feld ziehen, bleiben deshalb wirkungslos. Wer glaubt, durch schräge Happenings oder »No Logo«-Aktionen etwas ausrichten zu können, verkennt die Macht des Kapitals, das bisher jeden Widerstand geschluckt hat.
Deshalb traut Barber auch der Moralkonjunktur bei Konsumenten und Konzernen nicht über den Weg. Die Idee der »Verbraucherrepublik« und »unternehmerischen Verantwortung« stoße überall dort an Grenzen, wo die ökonomischen Kosten den moralischen Mehrwert übersteigen. Bisher habe sich ethisches Verhalten in der Marktwirtschaft nur dann etabliert, wenn für Firmen und Kunden keine spürbaren Nachteile entstehen, woran aus Sicht Barbers auch die wohltätigen Initiativen eines Bill Gates oder die Gewährung von Mikrokrediten in Entwicklungsländern nichts ändern werden.
Trotz dieses Pessimismus hofft Barber, dass der verschwundene Bürger auf die Bühne der Weltpolitik zurückkehrt und den Kampf gegen die wachsenden Ungerechtigkeiten des Konsumkapitalismus aufnimmt. Die Zauberformel lautet »Globale Demokratie« plus einer gehörigen Portion transnationaler Solidarität, die dafür sorgt, dass aus kindlichen Verbrauchern, die mit ihren Geländewagen das Klima zerstören, erwachsene Staatsbürger werden, die sich für fairen Welthandel und Menschenrechte einsetzen.
Während uns Barber im Unklaren darüber lässt, wie sich der Wandel vom konsumistischen Saulus zum demokratischen Paulus vollziehen soll, da wir alle Opfer der Kommerzkultur sind, hat Robert Reich ein relativ einfaches Rezept zur Hand, um den »Superkapitalismus« in seine Schranken zu weisen: »neue Spielregeln«, mit denen der Gesetzgeber das Fehlverhalten von Unternehmen sanktioniert und die Politik wieder ihrer öffentlichen Verantwortung nachkommt.
Kommentare
Kapital aus dem Konsum schlagen
Jeder versucht halt, sein Schäfchen ins Trockene zu bringen, allen voran die Prediger gegen Kapitalismus und Komsumerismus. Die beiden Clintons mit ihrem Hundert-Millionen-Vermögen predigen den Arbeitslosen, dass sie "ihren Schmerz fühlen". Die beiden Autoren Barber und Reich (ein früherer Clinton-Minister) schlagen Kapital aus der Wahlkampagne, indem beide ihre Bücher wohlgezielt gerade jetzt auf den Markt bringen.
Macht des Kapitals verkennen ?
ich glaube nicht , dass man die macht des kapitals noch verkennen kann."Zauberformel" wuerde ich "Globale Demokratie" ,"transnationaler Solidarität","fairen Welthandel" und "Menschenrechte" nicht gerade nennen sondern einen januskopf. denn die "verfuehrer" benutzen diese "formel" einerseits als vertrauensmogelpackeung mit "sandmaenchen"-funktion gegen die kosumentenmehrheit, andererseits sind dies die werte der vernunft jenseits jedes glaubensbekenntnisses , die unserer kultur nun mal historisch hervorgebracht hat, und die sich ohne globale machtansprueche eine kleinen elite wohl auch als gangbarer weg erweisen koennten. im weg stehen da in richtung verbesserung im weitesten sinne nicht nur die korrrumpierbarkeit der kunsumbevoelkerung selbst durch das konsumangebot, sondern vor allem diese kleine elite der finanzmacht , welche ganz berechnend seit minestens 100 jahren die weltwirschaft immer kompletter kontroliert und in form eigenmaechtiger reguliereung der geldmenge ( dollar) die macht immer mehr zu konzentrieren versteht. diese mittlerweile recht globale abhaengingkeit der weltwirtschaft von einem kleinen privaten club von baenkern ist die ursache einer sich immer mehr aufloesenden demokratischen struktur nicht nur in der westlichen kultur. im sinne der aussage : "gebt mir die kontrolle ueber eine staatswaehrung und die gesetze des staates sind makulatur" befindet sich die welt in der akkuten bedrohung einer totalen machhtuebernahme durch den club , der sich hinter der FED verbiergt . von diesem verein, der 1901 zu seinen jetzt noch bestehenden machtposition durch eine art coup d'etat kam geht die wirkliche bedrohung der im artikel genannten werte aus . in sofern ist dieser artikel und die darin rezensierten buecher zwar als quasi eroerterung von symtomen eines phaenomens anerkennbar , treffen aber meiner meinung nach weder den kern der problematik , noch liefern die ausfuehrungen ansaetze zur loesung. die loesung scheint fuer jeden vernuenftig denkenden menschen nach sichtung der historischen zusammenhaenge in der forderung muenden zu muessen, dieses von der FED beanspruchte "recht" als anmaßung zu verurteilen und alles daran zu setzen den staat selber (usa) wieder in die position zu heben die geldmenge ihrer waehrung wieder selbst zu kontrolieren anstatt sich das geld selber gegen zinsen von der FED leihen zu muessen. versuche hierzu sind bislang leider mit gewalt verhindert worden.wieweit die globale abhaengigkeit von der FED gediehen ist sehen wir an der gegenwaertigen "krise", zu der wie schon oefter waehrend der "herrschaft" der FED eine ueber laengere zeit an sich unnoetige geldvermehreung gefuehrt hat, deren konsequenz nun die sicher nicht zufaelligen ergebnisse beschert.
@2.
Selten so einen Schmarrn gelesen!
@ lamalo: innenverspeigelung
sie sollten sich schlau machen anstatt die innenverspiegelte brille aufzusetzen, denn nur so kann man aussagen , die einem nicht gelaeufug sind, ueberpruefen , und keinesfalls anhand deren nichtexitens im eigenen fundus.