Eine Umfrage der Universität Hohenheim zum Bezahlstudium gerät wegen ihrer Methodik in die Kritik. Von Repräsentativität kann hierbei wohl keine Rede sein
Die Umfrage sorgte für Zündstoff: 70 Prozent der Studenten plädierten für eine sofortige Abschaffung der Studiengebühren, berichteten Wissenschaftler der Universität Hohenheim vor einigen Wochen und verwiesen auf die Ergebnisse ihrer zweiten Gebührenkompass-Studie. Zahlreiche Medien griffen die Zahlen auf, darunter auch die ZEIT.
Jetzt wird Kritik am methodischen Vorgehen der Studie laut: Der Hohenheimer BWL-Professor Markus Voeth habe grundlegende Regeln der Umfrageforschung für die Stichprobenziehung verletzt, die Ergebnisse seines Gebührenkompasses seien daher wertlos, sagt der Siegener Soziologe Wolfgang Ludwig-Mayerhofer. "Da sind irgendwelche Studenten irgendwo auf dem Campus befragt worden, ohne die notwendige Zufallsausfall, auf dieser Grundlage kann man nicht auf die Grundgesamtheit der Studierenden einer Universität schließen."
Ludwig-Mayerhofer stört sich vor allem daran, dass Voeth eine Art Rangliste erstellt habe, indem er die Universitäten nach dem Zufriedenheitsgrad der Studenten mit dem Gebühreneinsatz gerankt habe. "Durchschnittswerte aus den nichtrepräsentativen Aussagen der Studenten an verschiedenen Hochschulen zu vergleichen ist völlig sinnlos."
Voeths Mitarbeiter hatten mehr als 6100 Studenten an 54 Universitäten in ganz Deutschland befragt. Der Marketing-Experte bestätigte gegenüber der ZEIT, dass seine Umfrage nicht die Anforderungen an eine repräsentative Studie erfülle – zumindest wenn es um die Teilergebnisse der einzelnen Unis gehe. "Das haben wir aber auch nie behauptet." Die von ihm eingesetzten "Gebühren-Scouts" hätten aufs Geratewohl jeweils mindestens 100 Studenten pro Standort interviewt.
Voeth hält sein Vorgehen indes für gerechtfertigt, die Umfrage sei als ein Instrument der Marktforschung zu verstehen. Trotz der Erhebungsmethode könne kein Zweifel an der Aussagekraft der Ergebnisse bestehen, betonte Voeth. Der Trend sei eindeutig: "Die Unzufriedenheit der Studenten mit den Gebühren und ihrer Verwendung ist riesig."
Der dritte Gebührenkompass ist bereits in Vorbereitung. Damit über seine Ergebnisse und nicht über Zweifel an der Methode berichtet wird, sollten die Hohenheimer Marketing-Experten beim nächsten Mal ganz groß "Marktforschung" auf die Studie schreiben. Dann weiß jeder, woran er ist.
Kommentare
Soll das jetzt heissen,
Soll das jetzt heissen, Studiengebühren seien beliebt? Oder besser, in ihrer jetzigen Form sinnvoll?
Man kann doch nicht abstreiten, dass die Studiengebühren einfach dazu genutzt werden, das die Länder sich aus ihrer Verantwortung herauswinden.So werden die Ländermittel gekürzt, da die Unis ja nun die Studiengebühren einführen "können". Es wird dann als freiwillig hingestellt, was es de facto nicht ist, denn wenn eine Uni damit anfängt, ziehen die anderen natürlich direkt nach. Auch die "freiwillige" Maximalhöhe wird natürlich voll ausgeschöpft.
Ich habe generell nichts gegen Studiengebühren, aber man sollte doch auch eine Veränderung der Leistungen erwarten können; wenn die Bibliothek dann schonmal am Wochenende geöffnet hat, ist das ja ein Anfang. Es wird wohl kaum einer glauben, aber dieses Angebot wird sogar genutzt, mit den so faulen Studenten kann ja wohl etwas nicht stimmen.
Was soll uns dieser Artikel denn jetzt vermitteln?
Eine einfache Korrektur
Der Artikel sollte - soweit ich das verstehe - einfach nur ein Nachtrag zu einem früheren Artikel sein:
http://www.zeit.de/2008/27/C…
Offensichtlich wurde sich dort halt auf eine Studie berufen, die ganz schlicht und einfach unseriös ist. Das heißt nicht, dass die behaupteten Tatsachen nicht stimmen, einfach und allein die Methoden, die bei der zitierten Studie benutzt wurden, verzerren das Ergebnis. Die Zeit macht hier das, was sonst im heutigen reisserischen Online-Journalismus seltener wird. Es korrigiert eine fehlerhafte Berichterstattung, die sonst einfach Propaganda wäre.
Man sollte den Artikel also nicht überbewerten.
Das Meinungsbild über Studiengebühren schätze ich nicht so stark abweichend ein von dem, was die Studie aussagt. Aber man sollte sich keineswegs auf diese Studie berufen. Warten wir ab, bis Meinungsforscher seriöse Studien präsentieren.