Studenten stehen ja heute gleich mehrfach unter Generalverdacht: Wollen alle keine Sitzstreiks mehr, aber dafür Karriere machen – und klauen deshalb wie die Raben. Hochschulen beklagen seit Jahren, ohne allerdings konkrete Zahlen nennen zu können, dass immer mehr Haus- und Abschlussarbeiten aus dem Internet abgekupfert werden.
In Baden-Württemberg soll das Abschreiben nun Folgen haben. Das Wissenschaftsministerium hat dem Landtag eine Verschärfung des Hochschulgesetzes vorgeschlagen und erweist sich dabei als rigidestes Musterland im Kampf gegen die Kopierfraktion. Studenten, die beim Plagiieren erwischt werden, sollen künftig exmatrikuliert werden. Doch der Vorstoß geht nicht weit genug – er macht vor den Kathedern halt.
Dahinter wird auch gemogelt. Hochschulen sind schon seit Jahrhunderten vertikal perfekt organisierte Copyshops: Doktoranden vergreifen sich an Hausarbeiten, Doktorarbeiten dienen als "Anregung" für Habilitationen, und vielfach setzen Professoren ganz gern ihren Namen auf Buchdeckel, für die Studenten in Forschungsseminaren recherchiert haben.
Dem kleinen Studenten bleibt: die gnädige Erwähnung der Mitarbeit. Seltsamerweise regt sich darüber kaum einer auf. Gehört ja zum Geschäft. Die Wogen schwappen nur dann hoch, wenn ein Professor sich arg vergriffen hat – wie etwa der Rechtswissenschaftler aus Berlin und der Jurist aus Darmstadt, die für ein Lehrbuch beziehungsweise einen Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch von anderen abgeschrieben haben. Sie wurden gerügt, mehr nicht. Professoren sind Vorbilder für Studenten. Sie sollen die größere wissenschaftliche Arbeit leisten. Sie zu schonen ist das falsche Signal.
Kommentare
Stimme Zu
Ich stimme dem Autor zu.
Wir hatten...
... auch einen Professor, der seine ganze Powerpoint-Vorlesung von einem Kollegen geklaut hatte und natürlich "professionell" das Logo von allen Seiten entfernt. Zu dumm, wenn Teile der selbigen Vorlesung dann im Internet zu finden sind, von einem anderem Prof :-)
Aber ganz ehrlich, wenn Plagiatismus ein solches Problem ist, dann ist irgendwas an den Lehrmethoden falsch. Dass der CDU in BaWü darauf nur eine Gesetzesverschärfung zu Lasten der Schwächsten einfällt, wundert kaum. Vorbeugung und das Erkennen von Zusammenhängen war noch die die Stärke von Konservativen. In Sachsen hatte die CDU beispielsweise die Exmatrikulation nach 6 Semestern erzwungen, wenn bis dahin das Vordiplom nicht geschafft ist. Zu dumm, dass in manchen Fächern nur einmal im Jahr geprüft wird, ein einziger Durchfaller also ausreicht damit 3 Jahre umsonst vergeudet wurden. Logischerweise sind die meisten Exmatrikulierten einfach in ein verwandtes Fach wieder immatrikuliert, im Osten hängen gut bezahlte Aussteigerjobs schliesslich nicht an den Bäumen und wer will nach 3 Jahren Abi + 3 Jahren Studium am Ende für 4€/h Supermarktregale einräumen...?
Prof. Dr. Copyshop
:-))
Toll, werd' ich mir merken!
Good point
Allerdings sollte man nicht zu stark verallgemeinern. In den Naturwissenschaften, wo viel in Teams gearbeitet wird, kommt es schon vor, daß der Leiter des Projekts Ergebnisse für sich beansprucht oder aber so lange blockiert, bis er seine eigene Veröffentlichung zu seinem Teilprojekt (in einer wichtigen Zeitschrift) raus hat. Da wird z.T. auch sehr genau gefeilscht, was auf einer Konferenz gesagt werden darf und was nicht, schließlich arbeiten auch andere Teams an vergleichbaren Projekten.
In den Geisteswissenschaften, wo Dissertationen ja veröffentlicht werden müssen, kann man so ohne weiteres keine Plagiate in die Habil oder die eigene Publikation einbauen, denn das widerspricht ganz klar -- wie das studentische Plagiat auch -- dem akademischen Ethos, und käme einem ziemlichen Anerkennungsverlust gleich. Im übrigen liegen da auch die Themengebiete weiter auseinander, und jede Diss und jede Habil enthält eine Erklärung, daß man eigenständig gearbeitet und Anleihen jedweder Art markiert hat.