Darf man es schon für einen Ausweis politischer Klugheit halten, dass dieses Mal keine Partei mit dem Versprechen in den Wahlkampf zieht, die Mehrwertsteuer zu erhöhen? Verdienen Politiker bereits Applaus, wenn sie erkennen, dass es falsch ist, den Konsum zu belasten, wo es gerade darauf ankommt, dass sich die Bürger beim Verbrauch nicht auch noch stärker einschränken?
"Allein schon das Gerede über Mehrwertsteuererhöhungen ist Gift für die Konjunktur", hatte der drollige Jürgen Rüttgers aus Nordrhein-Westfalen kundgetan, daraus aber nicht den Schluss gezogen, sich auch selbst beim Reden und Vergiften zurückzuhalten. Immerhin ist die Sache bei der Union nun vom Tisch.
Die andere noch umlaufende Idee, wonach wir aus der Malaise am besten herausfänden, wenn die Steuern alsbald gesenkt würden, ist Gift fürs Gehirn. Der bundesdeutsche Staat pumpt derzeit so viel Geld in die Volkswirtschaft wie niemals zuvor. Auch bei vielen Bürgern kommt es in diesen Tagen an: Zur Jahresmitte werden die Renten so stark angehoben wie schon lange nicht mehr. Das Arbeitslosengeld II steigt um 8 Euro, für bedürftige Kinder zwischen 6 und 13 Jahren gibt es nun monatlich 40 Euro mehr als bisher. Allen gesetzlich Krankenversicherten wird von Juli an weniger Beitrag als bisher vom Lohn oder Gehalt abgezogen – 14,9 statt 15,5 Prozent.
Darf es nach der Wahl noch ein bisschen mehr an Entlastung sein? Wohl eher nicht. Die Große Koalition hat gerade eine Schuldenbremse beschlossen, da kann die nächste Regierung schlecht hingehen und die Steuern sozusagen auf Pump senken. Die Bürger rechnen weder mit weiteren Entlastungen, noch scheinen sie solche dringlich zu wünschen. Die Leute haben, wenn überhaupt, ganz andere Sorgen: dass die Arbeitsplätze erhalten bleiben. Dass nicht noch viel mehr Unternehmen pleitegehen.
Die Steuerpolitiker sollten sich endlich daranmachen, auf ihrem Feld die Lehren aus der Krise zu ziehen. Deren Hauptursache ist, dass zu viele Kredite vergeben wurden. Jetzt durchleben viele Firmen einen kalten Entzug.
Man sollte die Unternehmen also wetterfester machen, und es liegt nicht zuletzt an den Steuergesetzen, dass viele Firmen heute so instabil sind. Sie können die Zinsen für Kredite von der Steuer absetzen, die für Eigenkapital aber nicht. Schuldenmachen wird also belohnt. Diesen Unterschied zu beseitigen ist wichtiger, als die Steuersätze von Schnittblumen und Windeln anzugleichen.
Kommentare
FDP
Zumindest Hr. Westerwelle hat sich bei "Was erlauben Strunz" trotz mehrfachen Nachbohrens nicht darauf festlegen lassen, dass er die MWSt. nicht erhöht. (Das Video kann auf N24.de angesehen werden.)
Hier festigt sich der Verdacht, dass das von der FDP propagierte einfachere, niedrigere Steuersystem durch Erhöhung der MWSt finanziert werden soll.
Nicht nur Lohnsteuer einnehmen!
Wikipedia hat eine schöne Grafik, die die Verteilung des Bruttonationaleinkommens (mit Steuern) seit Bestehen der Bananen-Republik Deutschland zeigt:
http://de.wikipedia.org/w/in…
Da sieht man schön, dass zwar die Hälfte des Einkommens auf Unternehmensseite stattfindet, aber die Steuern und Abgaben hauptsächlich von der Lohnseite kommen (die zudem auch noch in den letzten Jahren immer weniger am Kuchen abbekommt) erhoben werden - anders als in den 60ern, als die direkten Unternehmenssteuern erheblich höher und die Lohnsteuer erheblich niedriger war - damals blieben dem Volk ca. ein Drittel des BSPs, heute ist es nur noch ein Viertel.
Da die Bundesrepublik nicht mehr so stark auf Export gehen kann wie früher (unser Netto-Hauptkunde, die USA, ist mehr oder weniger zahlungsunfähig), muss man das auch wieder so umbauen - denn mehr Netto für die Endverbraucher bedeutet ja mehr Kaufkraft und damit mehr Wirtschaftsleistung im eigenen Land.
Aber ich glaube nicht, dass sich das eine der größeren Parteien trauen wird - nicht mal Onkel Oskar hat so etwas auf seinem Plan. Die Vermögenssteuer, die er vorschlägt, ist allerdings auch ein Schritt in die richtige Richtung. Man muss Steuern von denen nehmen, die auch Geld haben. Aber die können sich ja Politiker kaufen, also nimmt man es lieber von denen, die sich nicht organisieren können, und den Parteien das Blaue glauben, das sie vom Himmel herunterversprechen.
Vermögenssteuer?
Man kann
Vermögenssteuer?
Man kann Steuerrechtlich Vermögen haben, aber damit nur Einkommen erzielen, welche Unterhalb der Inflationsrate liegen, manchmal nicht mal das Grundkapital erhalten.
Kursgewinne beim Aktienhandel unterliegen heute der Steuer, dies kann auch auf andere Bereiche ausgedehnt werden. Bei denen, die Vermögen nur als selbstzweck Betrachten, hift nur eine anständige Erbschaftssteuer.
Eigenkapitalzinsen von der Steuer absetzen ? Häh.
Zinsen werden für die zeitweise oder unbegrenzte Überlassung von Kapital fällig. Es handelt sich um Aufwand im steuerrechtlichen Sinne, wenn das Kapital von Dritten kommt. Kommt das Kapital von den Eigentümern, dann entspricht der Zins der Privatentnahme und zählt so nicht zu den Kosten. Zur Ermittlung der Preisuntergrenze werden via Kostenrechnung kalk. Zinsen berücksichtigt und auch erwirtschaftet. Die in den Umsatzerlösen enthaltenen Zinsen auf das Privatkapital unterliegen aber dann der Gewinnbesteuerung.
Wollte man hier eine steuerrechtliche Änderung (Gleichstellung von Eigen- und Fremdkapital im aufwandsdefinitorischen Sinne) vornehmen, dann würden Heuschrecken stille Reserven auflösen und dann steurfrei entnehmen können. Im übrigen würden Personengesellschaften die Entnahmen wegen Bedienung des Eigenkapitals ( Zinszahlungen) verstärken. Die Thesaurierung im Unternehmen würde gestört.
Das kann nicht im Sinne des Erfinders sein. Oder doch ?
______________________________________________________
Die Aufklärung darf kein leerer Wahn werden in einer Zeit der Anmaßungen.
man nimmt das geld von denen die keinen widerstand leisten koennen. das ist zwar einfach hilft aber nicht wirklich. waehlen gehen macht auch keinen sinn da politiker aller parteien in den selben mustern denken.
hier in australien ist die mwst und auch die einkommenssteuer erheblich niedriger. hier kann man mit 2 personen sehr gut von einem einkommen (arbeitergehalt) leben.
das waere auch in deutschland moeglich wenn die sinnlose verschwendung gestoppt wuerde und politiker mutig (und unbestechlich) genug waeren das geld nicht immer nur von den kleinen leuten zu nehmen die ohnehin nicht viel haben.
wenn konzernen die wirtschaftlich gut dastehen das geld hinterher geworfen wird und gleichzeitig ein teil der menschen von 400 euro leben muss sollte man sich nicht ueber schlechte stimmung und politikverdrossenheit wundern.