Kummer ist er gewohnt. Seit 30 Jahren arbeitet Per Carlsson in Schweden für eine gerechte Gesundheitsversorgung. Lange hat ihn seine bevorzugte Zielgruppe, die der Ärzte, ignoriert. Ihnen waren die Vorträge des Wirtschaftswissenschaftlers über Ethik, transparente medizinische Entscheidungen und Kosteneffektivität suspekt – schließlich glaubten sie genau zu wissen, was für ihre Patienten am besten ist.
Vergangenes Jahr aber restrukturierte mit Västerbotten erstmals ein schwedischer Regierungsbezirk erfolgreich seine Gesundheitsversorgung auf der Basis dreier ethischer Prinzipien, wie sie das nationale Prioriterings-Centrum in Linköping vorschlägt, das Carlsson leitet. Durch die Aktion spart die Verwaltung in der Ostseestadt Umeå zwar noch keine Schwedische Krone, setzte aber neu und transparent Prioritäten.
Voraussetzung dafür waren fünf Jahre Debatten und Streit. Sie gingen der Sitzung des schwedischen Reichstags voraus, in der 1997 drei Prinzipien in die Präambel des Gesundheits- und Krankenversorgungsgesetzes aufgenommen wurden: Medizinische Versorgung solle erstens die Menschenwürde achten, dürfe also Patienten nicht aufgrund ihres Alters, ihres sozialen Status oder ihres Lebensstils benachteiligen. Die Behandlung solle zweitens das Prinzip "Bedarf und Solidarität" berücksichtigen, die verfügbaren Ressourcen also zunächst den Menschen mit den schwersten Erkrankungen zukommen lassen. Und drittens solle jede Leistung auf Kosteneffizienz geprüft werden. Die Reihenfolge entspricht der Relevanz.
Kommentare
In Schweden gern viel Zeit mitbringen
Toll, mehr Schwedenporno! Es ist ja auch schon mindestens einen Tag her, dass irgendwo in der Zeit dieses Wunderland im Norden gepriesen wurde. Das es diesmal ausgerechnet den Gesundheitssektor getroffen hat, der innerhalb Europas bestenfalls Mittelklasse ist, entbehrt natürlich nicht einer gewissen Ironie. Finden jedenfalls alle Schweden, die sich nach Monaten von Nichtbehandlung entnervt in Europäische Nachbarländer(vorzugsweise Deutschland) begeben, um dort ärztlich betreut zu werden. Dazu: http://www.healthpowerhou... EHCI 2009 091005 final with cover.pdf
ohne Korruption und Selbstbedienung
Wenn sich alle ethisch verhalten und bescheiden bleiben, kann auch ein solches System wie unseres funktionieren. Solange aber das Denken bei manchen herrscht "ich bin ja versichert, also nehme ich das auch in Anspruch" und viele Ärzte und Pharmalieferanten und - Erzeuger entsprechend ihrer eigenen Gier ohne moralische Selbstbeschränkung handeln, kann und wird es nicht dauerhaft funktionieren. Es wird schlicht immer teurer und erledigt sich dadurch selbst.
Allerdings benötig man auch nicht diese große Zahl an Krankenkassen, was soll das bringen? Da wird nichts produziert, nur verwaltet. Das gehört ordentlich zurecht gestutzt.
Die Lösung wäre eine echte Versicherung, d.h., man zahlt grundsätzlich selbst, ist aber für größere oder dauerhafte Unbill versichert.
Das würde eine ganz andere Dynamik freisetzen und die Menschen auch dazu bringen, eine gesündere Lebensweise zu üben. Viele Leiden sind nicht "Schicksal", sondern voraussehbare Folgen von zuviel Alkohol, Rauchen, schlechtem Essen, ungesundem Ehrgeiz und Dummheit. Das alles ist beeinflussbar. Die Selbstverantwortung würde zwangsläufig steigen.
Tolle Sparmaßnahmen mit Langzeitwirkung
Superidee, den Diabetikern ihre Teststreifen nicht mehr zu bezahlen. Nur leider möglicherweise mit der Folge, daß die Patienten weniger regelmäßig ihren Blutzucker messen, was dann wieder teure Maßnahmen zur Therapie von Komplikationen und Langzeitschäden erfordert.
Genauso effizient wahrscheinlich die Sperre für Wiedervorstellungen bei Halsentzündung. Einmal mehr in den Rachen schauen kostet nicht viel - aber den Patienten zu spät entdecken, bei dem es doch nicht nur ein einfacher Schnupfen war, sondern ein Mandelabszeß, eine Pneumonie oder gar ein Tumor, das kann schnell recht teuer werden.
Wenn man keine Ahnung hat, vielleicht einfach mal nicht die Welt an seinen Gedanken teilhaben lassen.
Dieses Gemeckere kann nur aus Deutschland kommen, egal was passiert es wird genörgelt jeder ist Experte. Interessanterweise ist das schwedische Wort für Besserwisser Besserwisser, traurig aber wahr. Aber das nur am Rande. Das fällt mir seitdem ich nach Schweden gezogen bin besonders auf.
Die Medien stürzen sich immer gerne auf die Extremfälle. Ich finde es nicht sonderlich schlimm, etwas zu bezahlen, wenn ich mich behandeln lasse. Auch den Zahnarzt selbst zu bezahlen stört mich nicht. Es gibt einen Hochkostenschutz, bei dem der Staat die Hälfte dazugibt sobald die Behandlungskosten über 300€ steigen. Jeder, der eine Personennummer hat, ist im übrigen Krankenversichert. Wäre ich Doktorand in Deutschland müsste ich von einem Stipendium jeden Monat min 140€ extra zahlen für eine Krankenversicherung und zum Zahnarzt zudem etwas draufzahlen.
Jetzt kann sich jeder selbst überlegen was günstiger ist. Ein bisschen Eigenverantwortung zu übernehmen hat noch keinem geschadet. Vielleicht also nochmal drüber nachdenken bevor man motzt. Und vielleicht nochmal nachlesen, wie zB. die Krebsvorsorge hier ist. Es sterben hier sicher nicht mehr Leute als in Deutschland.
Kunststück?
>Es sterben hier sicher nicht mehr Leute als in Deutschland.
Da in Deutschland ca. das achtfache an Menschen leben, wäre das ja auch ziemlich übel.