DIE ZEIT: Wollen Sie in München-Neubiberg künftig Kriegsberichterstatter ausbilden?
Merith Niehuss: Das wäre nur ein Nebenziel (lacht). Aber natürlich kann ich es nicht ausschließen, dass es den einen oder anderen unserer Journalismus-Absolventen in ein Krisengebiet zieht.
ZEIT: Warum bietet ausgerechnet die Universität der Bundeswehr von Oktober an einen Journalismus-Studiengang an?
Niehuss: Die Bundeswehr hat einen großen Bedarf an Leuten, die mit Medien umgehen können. Leute, die wissen, wie man auf Presseanfragen reagiert, wie man Presseberichte interpretiert oder Themen lanciert. Aber auch Menschen, die wissen, wie man eine Pressemitteilung oder eine Reportage schreibt.
ZEIT: Wo können denn in der Truppe Profi-Journalisten eingesetzt werden?
Niehuss: Ich denke da an die Presseoffiziere, die es in jeder größeren Einheit gibt. Wir beabsichtigen auch, die Medienkompetenz aller Offiziere zu stärken, die ja längst weltweit im Einsatz sind und oft zu ihren Operationen öffentlich Stellung nehmen müssen.
ZEIT: Man wird aber bei Ihnen nicht Journalistik pur studieren können…
Niehuss: Wir glauben, dass Journalismus kein universitäres Vollstudium rechtfertigt, sondern ein Teilstudium ist, das auf einer beliebigen wissenschaftlichen Grundausbildung basiert. Wir haben uns für die Wirtschaftswissenschaften entschieden. Wir bieten das Studium mit zwei gleichberechtigten Säulen als grundständigen Bachelor in neun Trimestern an, also drei Jahren. Vorerst nur für Bundeswehrangehörige, aber eine Öffnung ist angedacht. Auch ein zusätzliches Masterprogramm ist in Planung.
ZEIT: Wie viel Wert legen Sie auf das Handwerk?
Niehuss: Die Praxis ist natürlich sehr wichtig. Wir haben dafür ein hervorragend ausgestattetes Medienzentrum. Weil der Journalismus-Studiengang an unserem Fachhochschulzweig läuft, werden die Studierenden auch Praktika außerhalb der Uni absolvieren müssen. Und wir planen eine enge Zusammenarbeit mit anderen Bundeswehrstellen wie Radio Andernach, dem Betreuungssender für deutsche Soldaten im Ausland.
ZEIT: Wird der Studiengang Auswirkungen auf die etwas dröge Bundeswehr-Außendarstellung haben?
Niehuss: Das hoffe ich. Ich halte die derzeitige Öffentlichkeitsarbeit der Bundeswehr, gelinde gesagt, für nicht gelungen. Man könnte das schon deutlich intensiver betreiben. Unsere Armee ist eine grunddemokratische Institution und hat den Primat des Parlaments und der Politik sehr verinnerlicht. Aber die Bundeswehr ist einfach zu schüchtern.
Das Interview führte Georg Etscheit
Kommentare
Propagandastudiengang
Es ist in Zeiten knapper Kassen und skeptischer Beäugung durch eine kriegsmüde Bevölkerung natürlich clever, das inoffizielle "Ministerium für Volksaufklärung" dem Verteidigungsministerium unterzuordnen, die Ausbildungskosten der dafür nötigen und per Praktika auch im zivilen Sektor Fuß fassenden, somit quasi territoriale Gewinne in der öffentlichen Meinung erzielenden Mietmäuler jedoch aus dem Wehretat auszugliedern und unter der extern verbuchten Kostenstelle Bildung laufen zu lassen, damit möglichst Wenige auf die enormen Kriegskosten aufmerksam werden. Strategisch geradezu vorbildlich!
Beispiel Jura?
Ich sehr das auch skeptisch und es ist mir auch zu "amerikanisch"...
Bei der Bundeswehr kann man viele Fächer studieren unter besten Bedingungen, oder man wird z.B. als Mediziner an eine gute Universität entsandt. Das macht Sinn und kommt der Truppe unmittelbar zu Gute.
Jura kann man bei der BW nicht studieren, aus gutem Grund! Die Rechtswissenschaft und Ihr Studienziel, das Staatsexamen, kann nicht den Interessen der Truppe unterliegen, man benötigt keine Juristen mit Stallgeruch. Sicher arbeiten auch Juristen im Dienst der Truppe, Ihre Schulung haben Sie aber an einer normalen, offenen Universität erhalten.
Demnach finde ich es im Interesse der unabhängigen Berichterstattung und objektiver Einschätzungen falsch, dass die BW nun Journalisten ausbildet und nach Ihren Wünschen und Anforderungen formt. Wie das im "besten" Fall dann aussehen kann haben wir nach dem unsäglichen Angriff auf den Tanklaster gesehen. Kommen dann vor Ort nur noch BW-Schreiber zum Einsatz? Presseoffizier zu sein ist legitim, nichts anderes nutzen Unternehmen in Form des Pressesprechers, aber für die Ausbildung von Journalisten lege ich andere Maßstäbe an... Die BW sollte dies im Interesse ihrer eigenen Glaubwürdigkeit unterlassen, gerade angesichts der neuen Aufgaben und Einsätze.
Ein Leben danach
Ich kann die Kritik ehrlich gesagt nicht ganz nachvollziehen. Es ist ja nicht so, dass die Bundeswehr sich Journalisten ausbildet und diese nach ihren Belieben formt. Die Studiengänge laufen fast ohne Einfluss der Bw und sind deshalb keineswegs als "Propagandastudiengänge" zu bezeichnen. Das Studium hat ohnehin oft nichts mit der weiteren Verwendung der Soldaten zu tun - zumindest nicht zwangsläufig. Aber man muss ja auch an die Zeit nach der Bundeswehr denken. Ein offizier mit Studium verpflichtet sich im Regelfall für 13 Jahre, wovon 4 schonmal für das Studium wegfallen. Für die Zeit danach ist eine möglichst breite Auswahl an verschiedenen Studiengängen doch nur von Vorteil. Und wenn man über unnötige Ausgaben der Armee spricht, sollte man die studierenden Offiziere wohl an einer der letzten Stellen nennen.
Ich finde es sinnvoll unsere Soldaten möglichst individuell und somit nach deren Interessen auszubilden. Warum soll ein heutiger Offizier nicht einmal ein guter Journalist werden?