Es ist nicht übertrieben zu sagen, dass die Erkundung des geplanten Atomendlagers im Salzstock Gorleben in einem eher feindlichen Umfeld stattfindet. Im Eingangsbereich des festungsartig ausgebauten Bergwerks sind die Trümmer des Sicherheitsglases zu besichtigen, das ein Informationszentrum des Bundesamtes für Strahlenschutz vor dem Zorn von AKW-Gegnern schützen sollte, aber deren Vorschlaghämmern nicht standgehalten hat. Und wer tief unter der Erde die Arbeiter befragt, die dort gerade die Filter eines lindwurmartigen Salzzerkleinerers reinigen, der erhält zwar Auskunft, aber nur unter einer Bedingung: Keine Namen bitte! "Der Landkreis ist verdammt klein, und wir habe schlechte Erfahrungen gemacht."
Gorleben im Spätsommer 2010. Soeben hat sich die Bundesregierung darauf verständigt, die Laufzeiten der deutschen Atomkraftwerke um bis zu 14 Jahre zu verlängern. In Berlin tagt in dieser Woche der Untersuchungsausschuss des Bundestags, der klären soll, wie es eigentlich zu der Entscheidung kam, ausgerechnet im entlegenen Landkreis Lüchow-Dannenberg, im äußersten Osten Niedersachsens, den hochradioaktiven Abfall der deutschen Atomkraftwerke zu beerdigen – und ob dabei fachlich-technische oder doch eher politische Gesichtspunkte den Ausschlag gaben. Diese alte Streitfrage ist ungeklärt und wird womöglich immer offenbleiben. Doch nun gibt es neue Fragen, neue Probleme, und die Entscheidung für die Laufzeitverlängerung ist dafür nur einer, aber keineswegs der einzige Grund. Derweil machen die Atomkraftgegner für eine neue Herbstoffensive mobil. Tag und Nacht steht nun wieder ein Mannschaftswagen der Polizei vor dem Areal. Der Kampf um die Kernenergie geht offenbar in eine neue Runde.
Allerdings ist fraglich, ob der Protest der Atomkraftgegner das größte Hindernis beim Bau des Endlagers ist. Seit Frühjahr lässt Bundesumweltminister Norbert Röttgen den Salzstock wieder erkunden. Mit dieser Entscheidung beendete er ein zehnjähriges Moratorium der früheren rot-grünen Bundesregierung. Röttgen mache da weiter, "wo Kohl und Merkel aufgehört haben – und zwar in unverantwortlicher Weise", kritisiert Sylvia Kotting-Uhl, die Obfrau der Grünen im Untersuchungsausschuss Gorleben. In der Tat gelangen nun alle alten rechtlichen Probleme des Endlagers neu auf die Tagesordnung. Und einige neue Probleme kommen hinzu.
Seit 1990 schreibt das Bergrecht eine Umweltverträglichkeitsprüfung und eine Bürgerbeteiligung vor, die Klagemöglichkeiten eröffnet. Im Jahr 2010 aber besteht der Bund immer noch darauf, die Arbeiten in Gorleben gemäß einem seit 20 Jahren nicht mehr gültigen Gesetz zu genehmigen. Gut möglich, dass die Gerichte das nicht dulden werden.
Noch fataler wirkt sich womöglich eine niedersächsische Besonderheit aus, das Salzrecht. Es sichert den Eigentümern des Bodens über dem Salzstock das Recht, alle darunter befindlichen Bodenschätze auszubeuten – oder es, ganz nach Belieben, eben nicht zu tun. Die Salzrechte, die der Bund sich hat sichern können, erlauben nur Arbeiten in einem kleinen Teil des Salzstocks. Er könnte nun zu klein sein. Die Bundesregierung strebt darum ein Enteignungsverfahren an – und legt den Erfolg ihrer Atompolitik so ein weiteres Mal in die Hände von Richtern.
Hinzu kommt, dass die Ausweitung der AKW-Laufzeiten technische Schwierigkeiten mit sich bringt, die den streitenden Parteien am Kabinettstisch kaum bewusst gewesen sein dürften, als sie ihre Entscheidung für die großzügige Fristverlängerung trafen. Dass die Menge des in den Kernkraftwerken anfallenden hochradioaktiven Mülls um ein Viertel beziehungsweise rund 4200 Tonnen steigen dürfte – das war wohl einkalkuliert. Aber das ist nicht alles. Infolge der Laufzeitverlängerung kommt auf Gorleben noch erheblich mehr zusätzlicher Atommüll zu.
Und als sei das nicht genug, hat das Bundesamt für Strahlenschutz soeben eine erhebliche Menge Atommüll entdeckt, für den es bislang kein Entsorgungskonzept gibt. Mangels Alternativen wird er wohl in Gorleben untergebracht werden müssen.
Kommentare
Feststellung
Die Bedenken der Umweltschützer, die Sorgen der Bevölkerung und die hier eindrucksvoll geschilderten Unwägbarkeiten haben hinter den Interessen der Energieindustrie und der verantwortungsvollen Tätigkeit (??)der Regierung zurückzutreten.
BASTA !!!
Wo kommen wir denn hin..................!!
Wie ich hier schon öfters vermerkte, wird sich das alles noch furchtbar rächen.
Als gelernter Bundesrepublikaner kommt mir langsam die Angst, was hierzulande so alles abgehen kann.
Plötzlich tauchen 1000 m3 Atommüll zusätzlich auf
Immer wieder erstaunlich wie in der Atomindustrie geschlampt wird. Wer weiß, möglicherweise tauchen die nächsten 100 m3 Atommüll bei Terroristen auf.
Anscheinend hat die Atomindustrie es nicht nötig ihren Atommüll zu erfassen.
Wer bezahlt das denn alles?
Eine Frage beschäftigt mich bei der Diskussion über AKW Laufzeiten Verlängerung und Endlager Problematik: wer kommt für die Kosten der Atommüllentsorgung und Endlagerung eigentlich auf?
Wir, die Bürger kommen für die Kosten auf.
Die Gewinne schöpfen die Energieriesen ab um bestochene Politiker, Ministerialbeamte und Lobbyisten in und um die Regierungszentrale.
Der Stuttgart 21 Protest ist erst der Anfang.
Gestern in Berlin hat man schon gemerkt, dass aus Stuttgart eine neue Protestkultur überschwappt.
http://www.youtube.com/wa...
http://www.youtube.com/wa...
http://www.spiegel.de/vid...
WESSEN LAND? UNSER LAND!
WESSEN GELD? UNSER GELD!
WESSEN ZUKUNFT? UNSERE ZUKUNFT!
WIR SIND VIELE, WIR SIND LAUT, WEIL MAN UNS DIE ZUKUNFT KLAUT!
Zukunftstechnologie heiß weg vom Öl etc. , weg vom Atomkraft! Diese Regierung verhindert den Weg Deutschlands in die Zukunft.
Schluss jetzt!
Keiner weiß was mit dem Atommüll geschehen soll
und doch werden die Laufzeiten der Kernkraftwerke verlängert. Wir stecken gerade in der größten Erdölkatastrophe aller Zeiten, die Unternehmen planen aber schon die nächsten waghalsigen Bohrungen nach Öl... In was für einer verkehrten Welt leben wir eigentlich?