Aus Sandra werde nichts, meinten ihre Lehrer schon in der Grundschule, als sie auf dem Schulweg ganze Unterrichtsstunden verbummelte. Später, als Jugendliche, blieb sie gleich ganz zu Hause. Es folgten blaue Briefe, Klassenkonferenzen, Schulverweise. Drei Mal flog sie von der Schule. Dass Sandra Schürmann sich in dem starren Frontalunterricht jahrelang gelangweilt hatte, sich nicht gefordert und verstanden fühlte, das bemerkten ihre Lehrer nicht. Sandra Schürmanns Potenziale, ihre Kreativität und ihr soziales Engagement, blieben verborgen und ungenutzt.
Das Gefühl, als "Problemfall" abgestempelt zu werden, Schürmann hat es bis heute nicht vergessen. Es ist wohl genau diese Erfahrung, die sie in ihrem Beruf erfolgreich macht. Mit ihrem Sozialunternehmen, der "Projektfabrik", füllt Schürmann die Lücke, die sie selbst zu Schulzeiten zu spüren bekam. Die 41-Jährige kümmert sich um Jugendliche, die zwischen Schulbank und Berufsleben stecken geblieben sind, junge Langzeitarbeitslose, die sich mit ihren Problemen nicht verstanden fühlen. Für diese "Schwervermittelbaren" unter 25 Jahren bietet Sandra Schürmann das Theaterprojekt "Jobact" an. Unter Anleitung eines Theaterpädagogen schreiben junge Hartz-IV-Empfänger ein Theaterstück, bauen Bühnenbilder, nähen Kostüme, entwerfen und drucken Plakate und treten schließlich vor großem Publikum auf. "Viele der Jugendlichen haben ihr Leben lang keine Anerkennung und keinen Applaus bekommen", sagt Schürmann. Ein Bewerbungstrainer begleitet die Jugendlichen, hilft ihnen, ihre Stärken zu entdecken, und unterstützt sie bei der Bewerbung um Praktika und Ausbildungsplätze. "So lernen sie, dass sie selbst etwas auf die Beine stellen können", sagt Schürmann.
Seit sechs Jahren gibt es die "Projektfabrik" inzwischen, mehr als 2.000 Hartz-IV -Jugendliche, die zuvor an der Schule, ihrer Ausbildung, den Eltern und nicht selten an sich selbst gescheitert sind, haben an den Projekten teilgenommen. Rund 850 von ihnen schafften es danach direkt in den ersten Arbeitsmarkt , weitere 480 holten ihren Schulabschluss nach oder ließen sich überbetrieblich ausbilden. Eine Erfolgsquote von 66 Prozent. Herkömmliche Vermittlungsmaßnahmen der Behörden bringen laut Bundesarbeitsministerium nur jeden dritten Jugendlichen in dauerhafte Arbeit. Diese Erfolgsbilanz ist auch der Chefin des Ministeriums, Ursula von der Leyen, nicht entgangen. Im vergangenen Dezember verlieh sie Sandra Schürmann das Bundesverdienstkreuz. Die Sozialunternehmerin durchbreche mit ihrem Theaterprojekt den fatalen Teufelskreis arbeitsloser Jugendlicher aus Passivität, fehlendem Selbstbewusstsein und sozialer Isolation, lobte die Ministerin.
Die Großbank JP Morgan spendete 3,5 Millionen Dollar für das Projekt
Bundesweit stecken Hunderttausende Jugendliche in diesem Teufelskreis fest. Und das in Zeiten, in denen die Wirtschaft boomt, in denen Unternehmen nicht genügend Bewerber für ihre Ausbildungsstellen finden. 168.000 Arbeitslose unter 25 Jahren beziehen laut Arbeitsagentur derzeit Hartz IV, noch einmal so viele hingen in einem "verschulten Übergangssystem" fest, wie der Koblenzer Arbeitsmarktexperte Stefan Sell kritisiert. Die Jobcenter schickten die Jugendlichen in praxisferne Fördermaßnahmen, zum Beispiel in Kurse an Berufschulen. "Genau die Jugendlichen, die bereits in der Schulzeit nicht zurechtgekommen sind, werden damit wieder in die Klassenzimmer gesperrt, also in das System, an dem sie bereits gescheitert sind. Das kann nicht funktionieren", sagt der Professor für Volkswirtschaftslehre und Sozialpolitik an der Fachhochschule Koblenz.
Sandra Schürmann kennt dieses Übergangssystem aus eigener Anschauung. Die diplomierte Sozialarbeiterin hat sieben Jahre lang als Arbeitslosenvermittlerin gearbeitet. Statt die Jugendlichen in spröde Fortbildungen zu stecken, organisierte sie Ausflüge in Kletterparks. "Ich wollte, dass die Teenager aus sich rausgehen, wollte ihnen Teamgeist und Freude vermitteln", sagt Schürmann. Doch ihre Vorschläge bewilligten die Vorgesetzen nur widerwillig, jeder Antrag war ein Kampf. Kam es mal zu einer Exkursion, musste sich Schürmann mit demotivierten Vermittler-Kollegen herumschlagen, die das Wochenende lieber frei gehabt hätten. Irgendwann hatte sie genug davon, den Jugendlichen nicht richtig helfen zu können. Sie kündigte, setzte sich an ihren Gartentisch und schrieb ein eigenes Vermittlungskonzept. "Die Jugendlichen müssen sich erstmal selbst finden, bevor sie einen Job finden können", sagt Schürmann.
Kommentare
:-) sehr schön :-)
Wirklich schön und erfrischend mal etwas positives lesen zu können. Und zwar positiv mit Hand und Fuß....keine Spekulationen, keine Prognosen, keine Debatten, einfach mal KEIN GELABER!!
Bitte mehr davon :-)
Wohltätigkeits-Industrie
...in Amerika und Australien ist die Wohltätigkeit eine berühmte Masche. In den Reihen der Millionärsligen sind Wohltätigkeits-"Unternehmer" mit an der Spitze. Und selbst in Deutschland fahren Obdachlosenverwalter Maseratis.
Warum sich die Schürmann als Sozialunternehmerin tituliert, wie sie doch eine e.V. leitet ist mir nicht klar - ebenso warum man keine Geschäftsberichte finden kann. Die Statuten von e.V.s oder gGmbHs sollten hier transparenter werden.
Ich persönlich sehe das als Hexenkreis: Würden die Sozialarbeiter, Spender, Journalisten in Brotfabriken arbeiten, wäre es nicht notwendig faule zur Arbeit zu zwingen.
Ich bin davon überzeugt, dass ein Grundeinkommen möglich ist. Und ein Großteil dieser Wirtschaft nur aus Lofts und Schleifen besteht, die nicht zwingend notwendig sind.
( Wäre die Steuergesetzgebung einfacher, so benötigte man zum Beispiel weniger Steuerberater. Diese wiederum könnten in einer Bäckerei arbeiten könnten und die Steuern sänken... )
Ein BGE ist nicht nur möglich
...sondern anhand sämtlicher Umstände in diesem Land zwingen nötig.
Es ist ökonomischer, weit ökologischer, ein enormer Bürokratieabbau, je nachdem auch eine enorme und dringend notwendige Vereinfachung des Steuersystems, es ist sozial, es ist die klare Folge der Automatisierung und ermöglicht deren Ausbau, was wiederum ökologischer und ökonomischer sein kann.
Vor allem aber ist es exakt das, für was unsere Verfassung und die Menschenrechte stehen, die beide sowohl Zwangdarbeit wie Lohnsklaverei verbieten.
Solche Leute dürfen Maseratis fahren
Meinen Respekt! Solche Leute dürfen im übrigen für Ihren Erfolg gerne Maserati oder Porsche fahren, ebenso wie der erfolgreiche Chef der Treberhilfe in Berlin. Es ist nicht einzusehen, warum Sozialarbeiter immer einen auf selbstlosen, altruistischen Öko mit Strickpulli machen sollen. Sollen doch andere mit dem Fahrrad zur Arbeit. Sozialarbeiter wie Frau Schürmann leisten wenigstens was. Und dazu darf Sie gern in einer schicken Villa sitzen. Im Gegensatz zu so manchen Pappenheimern, hat sie sich das nämlich verdient.
Diese Maserati-Bonzen ....
...werden nur leider mit Steuergeldern und absetzungsfähigen, steuerfreien Pauschalen finanziert.
Das ist somit eine antidemokratische Entmündigung und Diebstahl gegenüber den Bürgern. Wenn diese Charityvereine (die vermutlich am Wochenende alle Jungeninternate besuchen) von dem mir enteigneter Arbeitsleistung einen auf großen Matz machen, finde ich das weniger erbaulich.
Müsste ich weniger Steuern zahlen, könnte ich vielleicht weniger arbeiten und selbst Obdachlose kamerawirksam füttern. Oder noch besser: Müsste ich weniger Steuern zahlen, dann bräuchte ich nicht soviel arbeiten. Dann könnte mein Arbeitsplatz in zwei geteilt werden und für debile Jugendliche wäre ein Job vorhanden - ganz ohne Studium, Promotion, Auslandserfahrung, drei Fremdsprachen, flexibel und max. 18 Jahre alt.
Verstehen Sie ihre Abartigkeit? Sie denunzieren andere Menschen als Neider und Pappenheimer und bejubeln irgendwelche Presse-Aufbläser, die sich nur deswegen aufplüstern können, weil ich steuern zahle.
Nochmal: Ich bin der Coolere von uns beiden - ich will keine Wellfare-Feeling, ich will Gerechtigkeit.
Grundeinkommen für alle. Und parasitäre Berufe wie Steuerberater, Moderator, Lottozahlenvorleser, Consulter und Sozialkapitalisten abschaffen.
Freiheit fürs Hirn
Sehr geehrte Freiheit für Preußen,
Sie haben ja Recht, echt kühles Hemd das Sie da anhaben.
Man bräuchte das Alles nicht, auch nicht die von Ihnen benannten Schmarotzer-Berufe, die Banker, Rechtsanwälte u.ä. packe ich zu den von Ihnen genannten Pappenheimern noch mit zu. Und trotzdem: lieber eine Frau Schürmann in der Villa und der Banker aufm Fahrrad, als Andersrum.
Im übrigen: sie träumen von Utopien, das gefällt mir.
Grundeinkommen für alle gibts übrigens (fast) schon: nennt sich Hartz4, und wer in diesem System ordentlich einen auf blöd macht, kann sich gern zu Hause die Eier kraulen ohne auch nur einen Furz zu tun, naja, ab und zu ein paar Formulare ausfüllen und beim Arzt ein bißchen husten.
Wenn Sie schon auf irgendwelchen Charity-Heinis rumhacken wollen, nehmen Sie sich doch die Ladys von Herrn Burda und all die an erfolgreiche Männer angeschlossenen Frauen aus der Bunten vor. Frau Guttenberg wäre da so ganz ihr Fall.
Die von Ihnen so geschmähte Frau Schürmann erspart Ihnen derzeit eine Menge Steuergeld, weil sie ein paar Jungen hilft, im Bewerbungsgespräch den Mund aufzumachen, und manche kriegen sogar einen Job. Da Sie aber so auf Grundeinkommen stehen, rufen sie doch mal an und empfehlen der Dame die ganzen Jungen weiter auf Ihre preußischen Freiheits-Kosten zu Hause rumgammeln zu lassen.
Relationen.
Natürlich... Burda... und wissen Sie dass der Großteil der Industrie aus "Stiftungen" besteht? Wussten Sie, dass Sie nicht bei einem Discounter einkaufen, sondern bei einer "Stiftung"?
Aber mit welchem Recht differenzieren Sie zwischen großem Monster und liebenswerter Tanzprinzessin? Solange die "Projektfabrik e.V." nicht 100% transparent ist, solange gibt es für mir keine Kuscheltränen.
Und wo wir bei den Kosten sind: 8.000 Euro pro tanzender Flitzpiepe. Laut Eigenwerbung finden 40% eine Ausbildung - nehmen wir an, dass ein Teil davon tatsächlich die Grundintelligenz besitzt ohne Tanzschritte sich Vorzustellen. Ich würde die Merhwertquote so auf - na ich bin großzügig - 20% tippen. Sind die Kosten pro Erfolgsstory 40.000 Euro. Bei einem Jahreslohn von 21.000 Euro - mehr dürfte für die Supermarktregalauffülltänzer und Dachdeckerakrobaten nicht drin sein werden wir bereits nach 20 Arbeitsjahren Gewinn machen - rechnen wir die Zinslasten jedoch ein: nie.
Abgesehen davon, dass es überhaupt keine freien Arbeitsplätze für solche Traumtänzer gibt. Den Arbeitsplatz, den die Flatterpiepen belegen, verliert irgendein Anderer (der als Arbeitsloser dann vermutlich einen doppelten Tanzkurs besucht, um den vorigen Traumtänzer im Dance-Battle zu bedienen).
Wissen Sie was das Problem beim Grundeinkommen ist?
Dass es eben jene Subjekte wie Schürman gibt, die oberflächlich simulieren, "es sei doch alles in Ordnung" - kein Wandel notwendig.