Die Ära, in der sich Internetkonzerne ihre Regeln selbst gesetzt haben, nähert sich endgültig dem Ende. Die Beschwerde des Softwarekonzerns Microsoft gegen den größten Internet-Suchmaschinen-Konzern bei der amerikanischen Wettbewerbsbehörde FTC ist das jüngste Beispiel dafür. Microsoft behauptet, wie eine Reihe anderer Firmen auch, dass Google seine Suchmaschine so verändere, dass es Google-Spezialdienste bevorzuge und in den Suchergebnissen weit oben, in der Regel auf die erste Seite, einsortiere.
Es ist ein Vorwurf von enormer Tragweite. Die Internetsuche ist immer noch der wichtigste Verteiler von Aufmerksamkeit im Internet. Google hat dabei in den USA einen Marktanteil von 60 Prozent, in Europa oft von mehr als 80 Prozent. Eine Milliarde Menschen, die Hälfte aller Internetnutzer, erschließen sich pro Monat über Google das Internet, und was auf der ersten Seite der Ergebnisliste steht, wird am häufigsten angeklickt, bekommt mehr Nutzer und wird dadurch wiederum in der Bewertung von Google wichtiger . Und wer einmal oben ist, der hat die größten Chancen, Geld zu verdienen.
An dieser Stelle hilft eine Analogie. Mitte der neunziger Jahre haben die deutschen Regulierungsbehörden angefangen, die Stromkonzerne ernsthaft zu kontrollieren. Bald kamen sie an den Punkt, an dem sie konkrete Bedingungen und Preise diktierten, zu denen Wettbewerber ihren Strom in die Netze der Oligopolisten einspeisen durften. Am Ende führte das zu einer rechtlichen Trennung der Netze vom Rest der großen Stromkonzerne.
Auf Google übertragen, heißt das: Wenn die Wettbewerbshüter in den USA – in Brüssel läuft ebenfalls eine Untersuchung – zu dem Schluss kommen sollten, dass Google seine Macht missbraucht und den Wettbewerb entscheidend hemmt, indem es missliebige Konkurrenten weit unten in der Ergebnisliste einsortiert, dann werden die Behörden Mittel und Wege finden, den Suchalgorithmus von Google zu beeinflussen. Bisher tun sie das nicht. Bisher haben sie darauf vertraut, dass es in Googles eigenem Interesse liegt, niemanden zu benachteiligen. Weil andere Suchmaschinen ja nur einen Klick weit entfernt sind.
Aber: Es gibt nicht so viele alternative Suchmaschinen, die vergleichbar gute und schnelle Ergebnisse liefern. Eine davon betreibt Microsoft , trotzdem liegt es quasi im öffentlichen Interesse, dass Google so neutral wie möglich ist.
Der Internetkonzern hat an dieser Stelle stets argumentiert, sein Algorithmus müsse geheim bleiben, damit niemand Google täuschen und sich nach oben schummeln könne. Der Algorithmus ist, wenn man so will, das Coca-Cola-Rezept des Internetkonzerns. Muss er seine Mixtur bald den Wettbewerbshütern offenlegen? Hat Google wirklich manipuliert? Und wird der Algorithmus am Ende zum öffentlich verhandelten Gut? Die Untersuchung kann lange dauern, offiziell hat sie noch gar nicht begonnen, aber die amerikanischen Wettbewerbshüter bereiten sich seit Monaten darauf vor.
Nur zeigt die Erfahrung. Solange über die Beschwerden von Microsoft und anderen nicht entschieden ist, bleibt Google gehemmt. Diese juristische Auseinandersetzung wird Aufmerksamkeit und Arbeitskraft der führenden Manager binden. Außerdem wird sich Google hüten, überfallartig in rechtliche Grauzonen vorzustoßen, wie es das bei der Buchsuche und Fragen der Privatsphäre immer wieder getan hat. Warum? Weil die FTC und die EU-Wettbewerbsbehörde in jedem ihrer Verfahren einen Ermessensspielraum haben und es am Ende darauf ankommt, ob sie die Leute bei Google für faire Partner oder doch für Raubtierkapitalisten halten. Die Zeit der freien Entfaltung ist für den Konzern vorbei.
Kommentare
Es dürfte,
Microsoft wohl eher um die Offenlegung des Algorithmus gehen als um manipulierte Suchergebnisse.
Google ist Welt verbesserer
Google ist der einzige Internet riese der zum wohle aller arbeitet, auch wen manches dafon Kommerziell ist aber die müssen sich ja auch Finanzieren und die preise sind sowieso sehr niedrig.
MICROSOFT möchte am liebsten sogar Gott Kommerziellisieren, und sogar die Buchstaben einzel verkaufen.
ihr tenor stimmt
ich halte google auch für den noch sozialsten/fairsten internetgiganten derzeit. gerade im vergleich zu facebook..
zwei anmerkungen habe ich dennoch:
1.) so viele fehler wie in ihrem kommentar habe ich das letzte mal im forum von bild.de gesehen als es um uli hoeneß ging. ist nicht böse gemeint, aber mit ihrer rechtschreibung bekommen sie ein rechtfertigungsprobem.
2.) gott wurde bereits vor jahrtausenden kommerzialisiert. und das weit effektiver als es auch nur einer der heutigen raubtierkapitalisten schaffen könnte (siehe ablasshandel).
Wenn Google unterdrückt würde, wäre das das Ende des Internets
Wenn ein Staat Google dazu wirklich verpflichten würde, wäre es das Ende eines funktionierenden Internets, wo es zunehmend auf Qualität ankommt und eben nicht auf Geld. Jeder Könner hat heute die Chance, seine Website nach oben zu bringen, und zwar nur durch Qualität.
In den Suchmaschinenergebnissen oben zu stehen - was heißt das denn schon? Es kommt doch darauf an, was man fragt. Und auf die Fragestellung kommt es an, ob man das findet, was man sucht, und eben darauf, ob es ein qualitativ hochwertiges Ranking gibt und nicht ein bezahltes. Das wäre nämlich das Ergebnis einer Beeinflussung durch Behörden: wir wären wieder etwa dort, wo wir vor Google waren, wo Geld, d.h. bezahlte Links über das Ranking entschieden haben. Das kann niemand wollen, wer bei Verstand ist. Es wäre das Ende der Chancengleichheit im Internet.
Sollten die Richter und /oder Politiker so dumm sein, das nicht zu durchschauen, wäre das für die Länder, die auf diesen Zug aufspringen, ein gewaltiger Zivilisationsnachteil: wenn Google USA und Europa verläßt und sich auf andere Länder konzentriert, werden diese Länder wirtschaftlich zurück fallen. Da so ein Rückschritt nicht denkbar ist, handelt es sich bei diesen "Informationen" nur um Wetterleuchten. Ich glaube nicht, daß es irgendeine Substanz hat, es ähnelt "verbietet facebook-Parties", was rechtlich nicht möglich ist, ohne eine ganze Kultur um 100 Jahre zurück zu schicken.
Der blanke Hohn
Das Microsoft irgend jemanden wegen Marktmachtmissbrauch verklagt ist doch der blanke Hohn! An Googles Stelle würde ich da eine Gegenklage erwägen:
Es kann nicht sein, dass ich (durch Kooperationspartner und Chefs) gezwungen bin Geld für Microsoft Office auszugeben, obwohl es mit LibreOffice eine gleichwertige kostenlose Alternative gibt. Dass die Amerikanischen Gerichte Microsoft, mit dem Argument dass der Kunde nicht geschädigt würde, nicht zerschlagen haben ist ein Versagen das dringend Korrigiert werden muss.