Wir leben in stürmischen Zeiten. Da müssen wir uns an jemandem festhalten. Manchmal ist der, nach dessen Hand wir greifen, ziemlich unappetitlich, mitunter geradezu abstoßend. Doch wir packen zu, weil wir glauben, keine Alternative zu haben. Es gibt in der politischen Sprache eine Wortschöpfung für solch sinistre Freunde. Man nennt sie Stabilitätsanker. Das klingt fest, das klingt sicher, das hilft gegen die Angst. Dieser jemand, der uns unheimlich ist und uns trotzdem schützen soll, dieser jemand ist zurzeit Saudi-Arabien.
Die eklatante Missachtung der Menschenrechte daheim und eine militante-extremistische Missionierung in fernen Ländern ist typisch für Saudi-Arabien – eigentlich Grund genug, Abstand zu halten. Das Gegenteil geschieht gerade. Die saudische Monarchie bekommt alles, wonach sie verlangt. Zum Beispiel 270 hochmoderne Kampfpanzer aus deutscher Produktion . Die Bundesregierung hat eine Voranfrage zum Kauf aus Saudi-Arabien positiv beantwortet. Sie verweigert darüber jede öffentliche Debatte.
Innenpolitisch ist das ein Skandal, und außenpolitisch ist es eine desaströse Entscheidung, denn sie stützt sich auf ein Prinzip, das vor allem in der Golfregion noch nie funktioniert hat: Der Feind meines Feindes ist mein Freund.
Im Kalten Krieg hat das Wettrüsten funktioniert
Saudi-Arabien rüstet auf, um den Konkurrenten Iran und dessen Ehrgeiz, die ordnungspolitische Macht der Region zu werden, etwas entgegenzusetzen. Aus dem Westen kommen Rüstungsgüter ungehindert und in Massen. Das ist zunächst einmal ein lukratives Geschäft, aber auch Teil einer Strategie der Eindämmung, welche der Westen gegenüber Iran verfolgt. Containment ist nicht unbedingt schlechte Politik.
Im Kalten Krieg hat sie funktioniert. Der Westen trat der Sowjetunion jahrzehntelang entschlossen entgegen, er übte Druck auf sie aus, er führte Stellvertreterkriege, wo es möglich war, ohne den ganz großen Krieg auszulösen. So lange, bis der »Samen der Selbstzerstörung« aufging, wie es George F. Kennan ausdrückte, Diplomat und Erfinder der Containment-Strategie gegenüber der Sowjetunion. Am Ende fiel die Sowjetunion tatsächlich wie ein Kartenhaus in sich zusammen. Ein historischer Glücksfall, der sich in Iran nicht wiederholen wird.
Die Rivalität zwischen dem Westen und der Sowjetunion war ein Wettbewerb politischer Systeme. Zwischen Saudi-Arabien und Iran geht es aber um die Auseinandersetzung zwischen zwei Glaubensrichtungen. Extremistische Sunniten und Schiiten sind seit Jahrhunderten in einem innerislamischen Religionskrieg verwickelt, der immer wieder aufflammt. Der Kommunismus verschwand, weil das wirtschaftliche System kollabierte und die Menschen sich vom Kommunismus abwandten. Doch weder Sunniten noch Schiiten werden ihren Glauben ablegen wie ein abgetragenes Kleid.
Kommentare
Wie immer ein
guter und besonnener Artikel von Herrn Ladurner, auch wenn ich bzgl. des A7+-Exports widersprechen würde (übliche Gegenargumentation, inkl. "wenn nicht wir, dann eh wer anders").
Das Bsp. mit der Containment-Strategie bzgl. der UdSSR (sowie dem katastrophalen Scheitern der Roll back-Strategie und der Falschheit der Domino-Theorie) gibt übrigens auch Hinweis darauf, wie die Nato sich bzgl. des Iran positionieren könnte.
Eine militärische Intervention wäre hier das Dümmste, was man überhaupt machen könnte.
@ #1 RyuHayabusa
Wie zu erwarten ignoriert auch dieser Beitrag von Ihnen die Realität.
Es geht bei dem wohl kommenden Krieg gegen den Iran eben nicht um irgendwelche Bedrohungen.
Es wird dies ein etwas grösserer Krieg als gegen den Iraq oder Afghanistan werden, denn es geht darum das einzige Mittel anzuwenden, das gegen Wirtschaftskrisen grösseren Ausmasses auch in der Vergangenheit stets geholfen hat, nämlich: einen grossen Krieg zu führen.
Der IAEA Report zum Iran gibt absolut keinen einzigen Nachweis für iranisches Verstösse nach 2009 (was nicht heissen muss, dass sie nicht doch Illegales betreiben). Während man doch heute morgen hier nachlesen kann:
http://www.japantimes.co....
dass zB. Japan ganz klar gegen den Atom Waffen Sperrvertrag verstossen haben muss... aber die sind ja auf unserer Seite, gell?
und wenn der Iran doch mal implodiert
dann können "wir" auch dort Panzer gegen Öl tauschen um die zu starken Saudies zu "Conteinern"
Unterstützenswerte Position
Man kann da nur zustimmen.
Es ist unüberlegt und auch für unsere Sicherheit irrelevant und völlig überflüssig, dass sich Deutschland derartig PRO SAUDIARABIEN positioniert und mit Waffenlieferungen in innerislamische Konflikte sich einzumischen bereit ist. Es gibt wahrlich Notwendigeres für unsere Regierung zu tun. Im Kern geht es bei derartigen Waffenlieferungen um eine Geschäftemacherei, die eine eindeutige Position für eine friedensstiftende Aussenpolitik Deutschlands mittel- und langfristig gefährdet. Deutschland droht in den nächsten Konflikt auf fremden Kontinenten sich zu verstricken.
Nicht Waffenlieferungen
Ich möchte anmerken: es sind nicht "Waffenlieferungen", sondern schlicht und einfach Verkäufe. Ein kaufmännisches Geschäft. Was ist wohl schädlicher: eine Million Autos, die die Umwelt zerstören oder 270 Leos? Wer will das entscheiden? Oder eine Fabrik mit zweifelhaftem Umweltstandard nach Indien zu verkaufen, womit anschließend die Flüsse vergiftet werden? So einfach sollten wir es uns nicht machen. Politik ist schwierig genug, ist wäre eher dafür, überhaupt keine Waffen herzustellen. Dann muß man auch nicht darüber machdenken, wem man sie verkaufen will und wem nicht. Ich könnte das nicht entscheiden. Aber wir als Industrieland haben uns für die Herstellung von Waffen entschieden, bis jetzt. Meine Heimatstadt lebt zur Hauptsache von der Herstellung von Rüstungsmaschinen. Das ist eine Tatsache. U-Boote, Kriegsschiffe, Panzer und ein Haufen Spezialgerätschaften. Das heißt wahrscheinlich auch, daß ich selbst davon lebe, da auf diese Weise Geld in die Stadt kommt, das dann auch irgendwie zu meinen eigenen Kunden und damit auch teilweise zu mir kommt. Auch die Lehrer meiner Kinder leben davon. Auch wenn sie Pazifisten sind. Da kann ich noch so friedlich sein oder dagegen. Aber eines bin ich nicht: bigott. Denn ich weiß, daß derartige Zusammenhänge nicht mit ein paar Denkübungen und etwas Moral zu lösen sind.
hahahahaha...
Der Feind meines Feindes lol Kann nur nicht verstehen wieso der Iran unser Feind sein sollte und Saudi- Arabien nicht?
Ich verstehe das auch...
...nicht ganz, denn bis zur islamischen Revolution war Deutschland dem Iran/Persien immer freundschaftlich verbunden und Menschenrechtsverletzungen unter Reza Pahlavi waren von keinerlei Interesse, ganz im Gegenteil. Beim Besuch des Schah, wurden Gegenemonstranten von "Jubelpersern" mit Holzlatten verprügelt und die Berliner Polizei hat ordentlich mitgemischt und im Verlauf gab es sogar einen toten Studenten.Nach dem Machtantritt Khomeinis,änderte sich alles.Israel fühlt sich seitdem bedroht, und aufgrund unseres besonderen Verhältnisses zu diesem Land,sollten wir über keinerlei Beziehungen zum Iran verfügen, denn das würde unserer Staatsraison gegenüber Israel widersprechen.