Die
Schweiz
ist ein souveräner Staat mit einer eigenen Rechtsordnung. Dies ist ein banaler Satz. Man muss ihn aber offenbar für ein paar sozialdemokratische Politiker leider nochmals notieren. Diese empfinden den Umstand, dass die Berner Bundesanwaltschaft
Haftbefehle gegen drei Steuerfahnder
aus
Nordrhein-Westfalen
ausgestellt hat, im Stile der Empörungsbewirtschaftung
»als einen ungeheuerlichen Vorgang«
und »einen unfreundlichen Akt«. Ein SPD-Mann schlägt die Beamten gar für das Bundesverdienstkreuz vor.
Das ist ein bisschen viel (Wahlkampf-)Getöse – angesichts der Tatsache, dass eine deutsche Steuerbehörde einen Mitarbeiter der Großbank Credit Suisse angestiftet haben soll, Unterlagen von vermögenden deutschen Kunden in der
Schweiz
zu besorgen. Er kopierte in der heimischen Filiale massenweise geheime Unterlagen und reichte sie an seine Auftraggeber in
NRW
weiter. So etwas nennt man Wirtschaftsspionage. Die muss nach Artikel 273 des Schweizer Strafgesetzbuches verfolgt werden. Und so geschieht es – seit zwei Jahren. Der Bankmitarbeiter wurde schon verurteilt.
Beim Timing aber ist den Schweizern, die sonst für ihr gutes Zeitmanagement weltberühmt sind, ein grober Schnitzer passiert. Die Haftbefehle wurden just in der Abschlussphase eines neuen Steuerabkommens zwischen Deutschland und der Schweiz publik. So konnten sie von den sozialdemokratischen Wahlkämpfern instrumentalisiert werden. Der Preis allerdings ist hoch: Sollte das Abkommen scheitern, müsste der deutsche Fiskus auf geschätzte zehn Milliarden Euro Steuereinnahmen verzichten, die ihm durch die geplante Abgeltungsteuer jährlich zufließen würden.
Viel schwerer aber wöge ein Scheitern für die Schweiz. Das Land, das sich ein halbes Jahrhundert lang am Geschäftsmodell der Steuerhinterziehung reichgestoßen hat, versucht seit ein paar Jahren mittels einer sogenannten Weißgeld-Strategie, das schwarze Geld der Steuerflüchtlinge loszuwerden. Das Abkommen mit Deutschland, dem wichtigsten Handelspartner der Eidgenossenschaft, ist der entscheidende Baustein auf dem Weg zu mehr Anständigkeit.
Man muss das Abkommen nicht mögen , schließlich schützt es die Anonymität der deutschen Steuersünder weiterhin. Aber es tut auch vieles dafür, sie aus der Schweiz zu vertreiben. Die geplanten Steuersätze sind nämlich höher als in Deutschland selbst. Warum sollte ein Deutscher sein Geld noch in die Schweiz bringen, wenn er dem dortigen Staat mehr davon geben muss, als wenn er es zu Hause versteuert?
Deutschland könnte der Schweiz also helfen, ihr schlechtes Image loszuwerden. Dafür bekäme es viel Geld und wohl auch mehr Steuerehrlichkeit. Diese Art der Nachbarschaftshilfe müsste eigentlich im Interesse beider Parteien sein. Weil sie vernünftig ist.
Kommentare
Sinnloser Streit
Ich bin aus der Schweiz und empfinde den ganzen Streit extrem überflüssig und unnötig schädlich für die gegenseitige Wahrnehmung beider Staaten.
Die Schuldzuweisungen sind diffus, teilweise falsch und einfach nur unnütz.
Ich kann verstehen dass der deutsche Staat seinen Steuersündern nachgeht. Was ich nicht verstehe ist dass er um das zu erreichen die eigenen Gesetzte bricht, aber das geht mich nichts an und stört mich auch nicht.
Ich kann verstehen dass der schweizer Staat Verbrecher sucht und diese bestrafen will (es ist unsere Rechtsordnung nicht vergessen).
Ich finds komplett in Ordnung wenn der deutsche Staat Mitarbeiter von Banken / Unternehmen für die Beihilfe zum Steuerhinterziehen bestraft (Ob nun UBS, CS wie auch immer). Gesetz ist Gesetz, schweizer Banken haben das Gesetz von den jeweiligen Ländern zu respektieren, punkt.
Im Moment machen beide Staaten was sie müssen und was von Ihnen erwartet wird, wieso diese unnötigen Seitenhiebe? Ich finds traurig was teilweise (von beiden Seiten) geschrieben und gemacht wird. Eigentlich handeln beide Staaten meist nach eigenen Gesetzten, nur kommen sie sich dabei ins Gehege. Das wäre aber noch lange kein Grund es so ausarten zu lassen.
Und wenn Deutschland das Abkommen nicht will und lieber jeden einzeln bestrafen will ok. Jedem das was er will.
Sie haben
... meine 100%-ige Zustimmung.
(hier aussagekräftige Überschrift denken)
Danke für diesen nüchternen und bodenständigen Artikel, der genau das aussagt, was es jenseits allen dummen und emotionalen BILD-Geplappers in dieser Sache zu sagen gibt. Viel mehr ist es nämlich nicht.
Also da kann ich Ihnen nicht beipflichten....
....wenn Sie das Geschäftsmodell so pauschal verurteilen.
Ich bin völlig bei Ihnen, wenn Sie Probleme anführen mit dem schweizer Bankgeheimnis. Sie sind gravierend. Andererseits gibt es sehr viele Staaten, die mit ausgewählten Bürgern nicht zimperlich umgehen. Da ist es schon wertvoll, ein Land zu finden, wo man sein Vermögen schützen kann.
Wer will aber sagen, welches Land der Schurke ist und welcher nicht? Das kann man aus eigener Warte immer tun und das hat seine Berechtigung. Absolutheitsanspruch hat es nicht. Auch dieses Land hat in der Vergangenheit Zeiten gestaltet, in denen einige seiner Bürger froh waren, dass es das Bankgeheimnis gab. Selbst später gab es Dinge hier, die man sehr anzweifeln muss. Das Niveau der Besteuerung wurde vom Verfassungsgericht als Verfassungswidrig beurteilt. Das Geld bekam man nicht zurück. Eine kleine Sache, ja. Aber durchaus eine Erinnerung.
Also, ich bin nicht der Meinung, dass eine Offenlegung der Konten ein unbedingter Vorteil oder Fortschritt sein muss. Im Gegenteil. Es hat doch Zeiten gegeben, in denen das für viele Menschen schlecht gewesen wäre. Und solche Zeiten sind für manche Menschen in der Welt jetzt. Und es ist nicht auszuschließen, wenn man den hiesigen Umgang mit Recht und Gesetz ehrlich betrachten will, dass es für die Menschen hier irgendwann wieder relevant sein könnte.
Ein Hurra für alle Pharisäer und Neidgeplagten
die jetzt so gegen das Abkommen polemisieren. Fakt ist, auch in Deutschland gibt es den strafrechtlich relevanten Begriff der Hehlerei. Auch staatliche betriebene Hehlerei ist Hehlerei, auch ein Kunstgriff auf vermeintliches Recht dass der Staat nicht Hehler sein könne, weil im Steuern ja vorenthalten wurden ist falsch. Ich kann auch nicht in das Haus meines Schuldners einbrechen lassen um dort die Schulden einzutreiben. Das die Schweiz jahrzehntelang mit deutschem Steuermissmanagement glänzende Geschäfte gemacht hat ist eine andere Sache.
Und so hat, selten genug, die derzeitige Regierung eine pragmatische Lösung gefunden, die allen dienen würde. Der Kommentator hat hier vollkommen recht. Aber: All die Neidgeplagten und Pharisäer (vorzugsweise von der linken politischen Seite) sind hier natürlich dagegen. Wohl weniger aus Gründen der Steuerehrlichkeit und Gerechtigkeit, sondern wegen Neid und Missgunst. Ginge es um Steuergerechtigkeit hätten diese Leute schon längst für eine tiefgreifende Reform des deutschen Steuerrechts sein müssen. (mit niedrigeren Steuersätzen und und einem weitgehenden Verzicht auf Ausnahmetatbestände und Steuersubventionen). Aber darüber lässt sich nicht so trefflich agitieren.
Wahlkampfgetöse auf Nebenkriegsschauplätzen
Die Schweiz ist ein souveräner Staat und natürlich wird sie jeden strafrechtlich verfolgen, der ihre Staatsbürger zu etwas anstiftet, was nach schweizer Recht eine Straftat ist.
Völlig normal, völlig uninteressant.
Die interessante Frage ist, warum wir nicht mal die Konditionen bekommen, die die USA mit der Schweiz ausgehandelt haben. Verglichen mit dem, was die USA erreicht haben, ist das geplante Steuerabkommen mit der Schweiz ein Witz. Im Übrigen, wieso ein bilaterales Abkommen? Sollte sich nicht die gesamte EU, die ja das gleiche Problem hat wie Deutschland, um eine Regelung bemühen? Die Verhandlungsposition dürfte es nicht schwächen, wenn die Schweiz sich allen 27 gegenüber sieht.
Herr Schäuble ist weder dumm, noch ungeschickt im Verhandeln. Ob er Angst hat, daß die Geldkoffer ausbleiben?