Die Energiewende hat paradoxe Folgen. Zum Beispiel, dass Kohle wieder wichtig wird, wenn Atomkraftwerke abgeschaltet werden, und der Anteil der Erneuerbaren steigt – allen Klimaschutz -Beteuerungen zum Trotz. Solange Gaskraftwerke teuer sind und Wind und Sonne ihren Strom noch nicht ausreichend stabil liefern, bleibt Deutschland auf Kohle angewiesen .
Der fossile Brennstoff schadet mit seinem CO2-Ausstoß aber nicht nur dem Klima. Einerseits kann Kohle wirtschaftliches Wachstum bringen. Andererseits zerstört ihr Abbau die Umwelt. Welche Perspektive überwiegt, hängt auch davon ab, wo die Kohle gefördert wird. Die in Deutschland verbrauchte Steinkohle kommt inzwischen zu mehr als 70 Prozent aus dem Ausland. Wenn im Jahr 2018 die Kohlesubventionen auslaufen, werden es bald 100 Prozent sein. Neben den USA und Russland ist Kolumbien Deutschlands wichtigster Lieferant – und um die kolumbianische Kohle ist ein heftiger Streit entbrannt.
Aus deutscher Sicht ist der Rohstoff ein Stück Energiesicherheit. Kolumbiens Regierung verbindet mit ihr die Hoffnung auf Wohlstand; das Land ist der zehntgrößte Kohleproduzent der Welt. Fast die komplette Ausbeute wird exportiert, vor allem nach Europa . Künftig soll der Bergbau die Wirtschaft noch weiter vorantreiben. Laut Umwelt- und Menschenrechtsorganisationen aber hat die Kohleförderung schwere ökologische und soziale Schäden zur Folge. Kolumbianische Kohle, die in Deutschland verfeuert werde, sei »blutbefleckt«, sagt Stefan Ofteringer, Menschenrechtsexperte von Misereor.
Ofteringer kennt die Kohleregion im Nordosten Kolumbiens gut. Die Tagebaue erstrecken sich dort über enorme Flächen. Allein das Gelände des größten Bergbaubetriebs namens El Cerrejón, ein Gemeinschaftsunternehmen der Multis BHP Billiton, Xstrata und Anglo American, ist 69.000 Hektar groß. Den Gruben von El Cerrejón und anderer Konzerne mussten bereits etliche Dörfer weichen. Als Nächstes ist die Umleitung eines Flusses geplant. El Cerrejón betont, Umsiedlungen fänden ausschließlich in strenger Übereinstimmung mit internationalen Sozialstandards statt, und man halte sich an alle gesetzlichen Vorgaben. Dennoch berichten Menschenrechtsorganisationen von gewaltsamen Vertreibungen, manche unter Beteiligung der Sicherheitsbehörden oder von Paramilitärs. Eine adäquate Entschädigung gebe es in der Regel nicht, sagt Ofteringer. Selbst den Familien, die entschädigt würden, sei nach der Umsiedlung die Möglichkeit genommen, ihre gewohnte Lebensweise wieder aufzunehmen.
Überdies mache der Kohlestaub aus den Minen Arbeiter und Nachbarn krank, berichten Aktivisten. Streiks würden in manchen Fällen gewaltsam beendet, so etwa von Prodeco, einer Tochter des Schweizer Rohstoffmultis Glencore. Ein weiterer großer Steinkohleförderer in Kolumbien, das US-Unternehmen Drummond, soll vor elf Jahren an der Ermordung von Gewerkschaftern beteiligt gewesen sein. Weil er außerdem paramilitärische Gruppen finanziert haben soll, läuft in den USA ein Gerichtsverfahren gegen den Konzern. El Cerrejón gebe sich immerhin Mühe, sagt Oliver Krischer, Abgeordneter der Grünen im Bundestag. Die anderen Firmen begegneten der Kritik dagegen mit formalen Argumenten, etwa indem sie erklärten, sich an die staatlich vorgegebenen Regeln zu halten.
Im ehemaligen Bürgerkriegsland Kolumbien reicht das aber wohl nicht aus. Bis heute haben Regierung und Guerilla keinen Frieden geschlossen ; Schätzungen der Vereinten Nationen zufolge sind vier bis fünf Millionen Menschen auf der Flucht, das entspricht etwa zehn Prozent der Bevölkerung. Auch die starken wirtschaftlichen Interessen, die mit dem Bergbau verbunden sind, würden in vielen Fällen mit Gewalt durchgesetzt, sagt Menschenrechtsexperte Ofteringer. »Wenn Sie auf Landkarten vergleichen, wo Ressourcen lagern und wo Menschen vertrieben wurden, sehen Sie: Beides fällt zusammen.«
Kommentare
Da können eigentlich nur die überrascht sein,
die sich von Verteufelung der Kernkraft anstecken ließen. Für die Zukunft der grünen Klientel müssen wir das Risiko der Opfer durch Biospritproduktion und aus Kohlekraftwerken schon eingehen.
Kernkraft ist entgegen aller Prpaganda die sicherste und sauberste Form der Energieerzeugung. Und wer meint durch fehlende Kernkraftwerke die Radioaktivität zu vermeiden, der irrt.
http://www.leifiphysik.de...
Aussagekräftige Überschrift
Und er Müll?
Ach ist ja egal, man lebt dann ja nicht mehr, wenn das zum Problem wird.
Und der menschenverachtende Uranabbau?
Die Gesundheit von 80.000 Menschen ist bedroht
http://www.spiegel.de/wis...
Der französische Staatskonzern Areva schürft seit Jahrzehnten in Niger Uran - und hat dabei offenbar lange die Gesundheitsrisiken für Arbeiter und die Bevölkerung in Minenstädten ignoriert.
Da wäre mind genauso viel zu kritisieren. Übrigens müssen 100% des Urans importiert werden, nicht 70% wie bei Steinkohle.
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"Übrigens müssen 100% des Urans importiert werden, nicht 70% wie bei Steinkohle."
Was aber im Wesentlichen daran liegt, dass der Uranbergbau in Deutschland weitestgehend verboten ist. Lagerstätten haben wir hier schon, wenn auch nicht die ergiebigsten.
Hört sich an wie...
Hört sich an wie ein Bericht von Tagebaugebieten in Deutschland.
und wir sind nicht bereit, 1,7cent mehr für die kWh zu bezahlen
In D liegt ja eigentlich noch genug Steinkohle rum, ist wohl zu teuer. Aber wird ja alles ausgelagert, auch die ganzen Sauereien, bis auf Tier KZ's und Braunkohlebergbau, die sind in D. allgemein akzeptiert. Nähfabriken in Asien - toll billig, Uranabbau(meist radioaktives Eisenerz oder?) aus Australien und Afrika - toll billig, Kohleabbau in Australien, USA, Kolumbien - toll billig, Schiefergas aus USA- toll billig, Öl aus Ölsanden aus Kanada - toll billig.
Und so sauber alles. Schön.
Scheiß teuer und dreckig sind dagegen die erneuerbaren Energien.
Danke Deutschland, für überlegte offene Diskussionen.
Hoffe ihr versteht die Ironie