Es ist der ehrgeizigste Comic der Welt, und er entsteht in Berlin: Jens Harder zeichnet die Geschichte der Menschheit vom Urknall bis zur Gegenwart. Für den ersten Band »Alpha«, der 14 Milliarden Jahre abbildet und mit dem Erscheinen des Menschen im Holozän endet, brauchte der Künstler fünf Jahre. Jetzt arbeitet er an »Beta« und ist gerade am Beginn der Religion angekommen.
DIE ZEIT: Herr Harder, wer war zuerst da: die Menschen oder die Götter?
Jens Harder: Ganz klar die Menschen. Unsere Spezies ist mehrere Millionen Jahre alt. Götter dagegen gibt es erst seit mageren 10.000 Jahren. So alt sind jedenfalls die Kultstätten, die vermuten lassen, dass da einem Gott gehuldigt wurde. Als Atheist wundere ich mich immer wieder, dass wir etwas so Jenseitiges erfunden haben.
ZEIT: Dass die religiösen Zeugnisse historisch relativ jung sind, heißt doch aber nicht, dass Götter nicht schon vorher existierten.
Harder: Wenn es einen Schöpfergott gäbe, dann würde mir nicht einleuchten, dass er so lange gewartet haben sollte, bis er sich den Menschen zeigt. Unsere Vorfahren hätten in der Höhle von Lascaux ja schon mal eine Anbetungsszene in den Fels ritzen können. Haben sie aber nicht. Man sieht nur Tiere. Die waren als Beute das Zentrum allen menschlichen Strebens.
ZEIT: Wie sieht der Anfang des Glaubens aus?
Harder: Ich beginne mit dem Staunen des Homo erectus über gewaltige Naturphänomene. Ein frühes erlösendes Moment war sicher der Sonnenaufgang. Erste Glaubenszeugnisse zu benennen ist auch deshalb schwierig, weil die Übergänge zwischen der Verehrung bloßer Tierwesen und der Anbetung von Göttern mit Tierattributen fließend sind. Deshalb bewege ich mich als Erzähler nicht in einer klaren chronologischen Abfolge.
ZEIT: Wir sehen auf derselben Comic-Seite den ägyptischen Sonnengott und Maya-Priester.
Harder: Dazu habe ich noch moderne Besucher eines Sonnenwendfestes in Stonehenge kombiniert, das Freimaurersymbol von der Dollarnote und ein frühchristliches Mosaik mit Heiligenschein. Ich bündele Phänomene.
ZEIT: Man könnte auch sagen, Sie nehmen es mit der Religion nicht sehr genau. Dabei sind Sie doch sonst als akribischer Rechercheur bekannt.
Harder: Ich habe natürlich auch viel zu Gottheiten recherchiert, mich zum Beispiel mit dem frühneuzeitlichen Kultort Çatalhöyük in Anatolien befasst, wo das Bild einer voluminösen Urgöttin gefunden wurde. Ich habe mir Tontafeln aus Mesopotamien angesehen und Wandmosaiken aus Pompeji, benutze aber auch profane Darstellungen, etwa auf Tarotkarten. Religion ist für mich nur eine Spielart jenes Denkens, das eine Gruppe Menschen zum gemeinsamen Handeln bewegen soll.
ZEIT: Haben Sie einen Lieblingsgott?
Harder: Formal gefällt mir besonders der liegende Maya-Gott Chac Mool, eben weil er liegt und nicht thront oder mit großer Geste etwas verkündet oder sonst irgendwie herrscht. Aber egal wie die Lage ist, ich möchte mich nicht vom Wohlwollen einer übergeordneten Macht abhängig machen.
Kommentare
übergeordnete Mächte.
"Aber egal wie die Lage ist, ich möchte mich nicht vom Wohlwollen einer übergeordneten Macht abhängig machen."
Wenn er je das Opfer einer großen Katastrophe wird (Meteoriten-Einschlag, Erdbeben, oder gar stupide Autounfälle) wird auch er gelernt haben, dass man Pech und Zufall weder ein Schnippchen schlagen noch vermeiden kann.
Und das soll ein Beweis sein?
"....Unsere Vorfahren hätten in der Höhle von Lascaux ja schon mal eine Anbetungsszene in den Fels ritzen können. Haben sie aber nicht. Man sieht nur Tiere."
Also haben unsere Vorfahren in Lascaux auch keine Kinder gezeugt, sich nicht geküßt, gelacht, gegessen, gewint, gestritten? Schließlich wurde all das ja auch nicht aufgemalt.
Die Germanen hatten ursprünglich auch keine Tempel, und es sind nur wenige, dabei noch sehr primitive Götterbilder (und noch nicht einmal, ob es Götter waren, weiß man!) erhalten. Trotzdem wissen wir, daß sie eine Religion hatten. Sie verehrten die Gottheiten im Wald. Die Römer verehrten ursprünglich sogenannte Numina, körper- und namenlose, abstrakte Gottheiten....und der Gott des Judentums und des Islam wird überhaupt nie dargestellt! Es ist durchaus auch plausibel, daß die Menschen der Urzeit sich, gerade weil sie den Kräften der Natur so unmittelbar ausgesetzt waren, gar keine Gedanken über deren Personifikation oder Darstellung machten - Regen, Wind, Kälte, Feuer, Fruchtbarkeit und Sturm waren ja sozusagen gegenwärtige Gottheiten.
die monotheistischen
Glaubenslehren, also in der Hauptsache das Judentum und deren Abspaltungen, wie Islam, Christentum,etc haben eigentlich nur zwei Aufgaben zu erfüllen. Die erste ist eine Legitimation zu schaffen, den Planeten wirtschaftlich skrupellos auszubeuten zu dürfen->
"Gott schuf also den Menschen als sein Abbild; als Abbild Gottes schuf er ihn. Als Mann und Frau schuf er sie.
Gott segnete sie und Gott sprach zu ihnen: Seid fruchtbar und vermehrt euch, bevölkert die Erde, unterwerft sie euch und herrscht über die Fische des Meeres, über die Vögel des Himmels und über alle Tiere, die sich auf dem Land regen. (Vgl. auch Gen 9,2 EU)"
Die Rechnung bekommen unsere Kinder zu spüren---oder auch nicht, wird sich zeigen----
Die zweite, wohl damals entscheidendere, Aufgabe bestand darin so viele Menschen wie möglich unter einem Glauben zu vereinen und somit eine Art globalisierten Gottesstaat mit einem Führer, der oft vorgab mit Gott sprechen zu können. Siehe Eroberungszüge der islamischen Kriegsherren.
Der Grund? Macht für Einzelne----
Es mag sein, dass die Religion in ihrer Entstehungsphase ein gutes System war den Zusammenhalt in einer Gruppe zu stärken. Aber alles was über die Naturreligionen hinausgeht ist, also EINEN abstrakten Gott der uns nach seinem Bilde schuf z.B., an Überheblichkeit und Eitel mit nichts zu überbieten--- "Wir sind gottesgleich und dürfen damit alles. Und die Führer dieser Religionen dürften mit den Gläubigen alles machen was sie wollten, z.B: im Mittelalter
Sehr simples Modell
. die monotheistischen
Glaubenslehren, also in der Hauptsache das Judentum und deren Abspaltungen, wie Islam, Christentum,etc haben eigentlich nur zwei Aufgaben zu erfüllen. Die erste ist eine Legitimation zu schaffen, den Planeten wirtschaftlich skrupellos auszubeuten zu dürfen->
Geben Sie Ureinwohnern am Amazonas Motorsägen und finden Sie heraus, wie schnell die Polytheisten den Regenwald abholzen...und: das mittelmeer war früher auch von wäldern umstanden. Bis die polytheistischen Römer kamen, um alles abzusägen, um Schiffe für ihr Imperium zu bauen (womit sich auch Ihr zweiter Punkt (böser, aggressiver Monotheismus) erledigt oder doch sehr relativiert hätte.
Haben Sie einen Lieblingsgott?
Dank an die zeit für den Mut, eine so freie und (von frühkindlichen Manipulationen) unbelastete Frage zu stellen!