Menschen und andere Säugetiere werden relativ selten Eltern und versuchen, möglichst viele ihrer Nachkommen "durchzubringen". Insekten dagegen setzen auf Masse: Sie produzieren Eier im Überfluss, und die Natur hat dabei schon eingerechnet, dass der allergrößte Teil davon nicht überlebt. Die Bevölkerungsexplosion würde sonst zur Katastrophe führen.
Die folgende Rechnung ist also eine völlig hypothetische: Wir nehmen an, dass sich jedes gelegte Fliegenei zu einer Larve und schließlich zu einer erwachsenen Fliege entwickelt, die ihrerseits Nachkommen zeugt. Ein Fliegenweibchen legt in seinem dreiwöchigen Leben etwa 1.000 Eier. Aus jedem zweiten davon wächst wieder ein Weibchen. Wir schätzen konservativ, dass es in einem Sommer acht Generationen von Fliegen gibt (möglich sind mehr, weil sich die Lebenszeiten von Eltern und Nachkommen überschneiden). Unter diesen Voraussetzungen entstehen bis zum Saisonende über 15 Trillionen Fliegen – das ist eine 20-stellige Zahl.
Unter der Annahme, dass in einen Kubikzentimeter fünf Fliegen passen, verteilen wir diese Menge nun auf die gesamte Fläche Deutschlands. Mit dem Ergebnis, dass das Land tatsächlich fast neun Meter hoch mit Fliegen bedeckt wäre!
Die wackeligste Annahme in dieser Rechnung ist die Zahl der Generationen. Gäbe es nur eine mehr, dann würde der Fliegenteppich 500-mal so dick – und das Land wäre von einer mehrere Kilometer hohen Schicht bedeckt.
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Kommentare
Dann wollen wir
doch mal die Spinnen loben, die uns dieses Schreckensszenario ersparen ;-).
Und..
Und den Fröschen, den Fledermäusen, einigen Reptillien und nicht zu vergessen meiner Katze, die jagt auch gerne Fliegen :)
Aber was soll man sagen, das ist eben die Überlebensmethode vieler Insekten.
Masse statt Klasse.
15 Trillionen?
Ach du gute Güte!
Mir reichen schon die zwei-drei Generationen, die jedes Jahr von den Schaf- und Pferdeweiden kommend unsere Küche zur Shrimp-Farm umfunktionieren...
Ich muß meine Abwehrmaßnahmen verbessern!
Das Problem mit dem exponentiellen Wachstum
Tja, die Natur weiß, dass exponentielles Wachstum auf dauer nicht funktioniert. Deshalb wird das Wachstum direkt begrenzt. In der Wirtschaft sind solche Erkenntnisse noch nicht angekommen. Dort Wachsen Schulden und Forderungen dank Zinseszins ins unermessliche. Genau wie bei den Fliegen erhöhen sich Schuldenberge in einer Generation von einigen Metern auf mehrere Kilometer.
die Natur "weiß" überhaupt nichts...
... es hat sich eben alles irgendwie so eingerenkt, wie es jetzt ist. Genau wie in der Wirtschaft auch. Ob das Ergebnis dann als "gut" oder als "schlecht zu bewerten ist, hängt ja auch von der Perspektive ab. Ich denke nicht, dass die Trillionen ungeborener Fliegen den gegenwärtigen Naturzustand befürworteten, wenn man sie früge. Ebensowenig wie ein Verlierer des anderen Systems, also ein Vermögensloser, die herrschenden Wirtschaftsverhältnisse befürwortet. Dass hier in einer der beiden Welten eine Art höherer Erkenntnis stattgefunden hat ist wohl etwas weit gegriffen.