Die zur Schau getragene Uneitelkeit ist oft eine radikale Form der Eitelkeit. So auch beim Zwiebelkuchen. Auf dem Tisch gibt er sich bescheiden, doch bei der Zubereitung weiß er sich die Aufmerksamkeit seiner Umgebung mit subtilen Mitteln zu sichern: Es fängt harmlos an, man kippt Mehl in eine Schüssel, in die Mitte macht man eine Mulde. Dort hinein schüttet man die lauwarme Milch, in der man Hefe aufgelöst hat. Die Schüssel stellt man abgedeckt an einen warmen Ort, damit der Vorteig gehen kann, und da gibt es schon das erste Problem: Viel Spaß bei der Suche nach einem warmen Ort in Ihrer schön gleichmäßig temperierten modernen Etagenwohnung.
Nach 30 Minuten wird die Butter in der restlichen Milch geschmolzen und lauwarm mit Salz in die Schüssel gegeben. Mit den Knethaken des Handrührers zum Teig verkneten. Dieser geht wieder an einem warmen Ort, diesmal eine Stunde. Sie stellen erneut die Uhr und ahnen jetzt, dass heute nicht viel mehr als der Zwiebelkuchen in Ihren Gedanken Platz finden wird. Sie wiegen die Zwiebeln ab und stellen fest, dass 1,2 Kilo Zwiebeln sehr viel ist. Sie schneiden sie in feine Streifen. Alles an Ihnen riecht nach Zwiebel. Sie fragen sich, ob Sie den Geruch jemals wieder loswerden, ob Sie je wieder jemand wird küssen wollen. Die Tränen laufen Ihnen die Wangen hinunter.
Mit verquollenen Augen würfeln Sie den Speck, braten ihn in einer großen Pfanne bei mittlerer Hitze aus. Zwiebeln dazugeben, glasig dünsten. Sie verrühren saure Sahne und Eier in einer Schüssel, salzen, pfeffern, würzen mit Muskat. Schließen Frieden. Die Sahne-Eier-Mischung zu den abgekühlten Zwiebeln geben. Den Hefeteig auf einem mit Backpapier ausgelegtem Blech ausrollen, den Belag darauf verteilen. Während der Zwiebelkuchen im Ofen 20 bis 25 Minuten lang bei 180 Grad backt, beten Sie zu Gott, dass Sie beim Hefeteig nichts falsch gemacht haben und er nicht in sich zusammenfällt oder schmierig wird und alles umsonst war.
Zwiebelkuchen
(Zutaten für ein Blech):
Für den Hefeteig:
500 g Mehl
300 ml Milch
½ Würfel frische Hefe (21 g)
60 g Butter
½ EL Salz
Für den Belag:
1,2 kg rote oder weiße Zwiebeln
300 g geräucherter Speck
300 g saure
Sahne
4 Eier
Salz, Pfeffer
Muskatnuss
Kommentare
Tipp:
Ofen anmachen auf fünfzig Grad, zehn Minuten anlassen und dann den Ofen wieder ausmachen, etwas warten- dann hat man einen warmen Ort, wo der Teig gut aufgeht. Wahlweise Heizung anmachen und die Schüssel mit dem Teig aufs Fensterbrett stellen.
Ich mache in den Hefeteig für Zwiebelkuchen immer noch ein wenig Thymian rein, -schmeckt gut; anstatt Butter kann man auch Schmalz für den Hefeteig nehmen, wenn man es noch etwas herzhafter will. In die Eiermasse mache ich keinen Muskat, dafür aber gemahlenen Kümmel.
Wenn man das ganze etwas herzhafter haben will, kann man auch zur Hälfte Zwiebeln und zur Hälfte Lauch für den Kuchenbelag nehmen, dafür muss man den Lauch aber zuerst in die Pfanne tun und etwas länger braten als die Zwiebeln.
Beim Wort "Zwiebelkuchen " muss ich immer an meinen Opa denken. Der wurde früher von meiner Mutter immer dazu verdonnert, die Zwieben zu schälen und zu schneiden, denn er war resistent gegen die ätherischen Öle, geweint hat er nie dabei. Seit er tot ist, gibt es leider nicht mehr so oft Zwiebelkuchen bei uns zu Hause :-(.
Warmer Ort
Die Hefe liebt einen Ort mit kuscheligen 26-30 Grad. Ab 40 Grad geht dann der Hefe das Licht aus.
Für mich hat sich ein Vorteig in einer kleinen Glasschüssel bewährt.
Hier löse ich die Hefe mit einem Teil der 26-30 Grad warmen Flüssigkeit (ca 125 ml) plus eine gute Prise ZUCKER auf. Nur gut genährte Hefe vermehrt sich gerne. Sichtbar an einer Schaumschicht obenauf nach ca einer 1/4 Std.
Zum Warmhalten nehme ich eine mittelgroßen Topf, erwärme ein kleines Körnerkissen leicht Handwarm in der Mikrowelle und stelle die Schüssel obenauf. (Vielleicht noch ein Handtuch um den Topf legen)
Dann verknete ich die Hefe mit gesiebtem Mehl (kann die Hefe leichter vermampfen) und dem restlichen warmen Wasser (o.ä.) zu einem geschmeidigen Teig, der nicht an den Händen klebt.
Die Schüssel wird mit Folie abgedeckt und dann in einen passenden Topf mit einem großen oder zwei kleinen, warmen Körnerkissen darin, gestellt. Das ganze noch z.B. mit einem Handtuch umwickelt, damit es kuschelig bleibt.
Hefe mag auch nicht so gerne Salz und Fett, daher so spät wie es geht mit an den Teig geben.
Statt Speck nehme ich Räuchertofu und raspel den wie einen Apfel.
Der Zwiebelgeruch an den Händen geht mit roher, geschälter, Kartoffel fast ganz weg.
Viel Erfolg
Mürbteig statt Hefeteig!
Und ein Problem ist gelöst.
Schmeckt mir persönlich auch besser, aber das ist natürlich Geschmacksache...
Gegen tränende Augen hilft eine Taucherbrille - zumindest beim Zwiebelschneider, das restliche Küchenpersonal hat dann halt Tränen vor Lachen in den Augen...
Tränen!
Gehen Sie zum Zwiebelschneiden, falls vorhanden, auf den Balkon.
Kinderarbeit
Ich löse das Problem anders: Mein Sohn, 13 Jahrw alt, liebt Zwiebelkuchen, er schält und schneidet mit seiner Schwimmbrille geradezu stoisch 4 große Gemüsezwiebeln und freut sich dann auf den leckeren Kuchen. Er ist übrigens für heute abend auch wieder vorgesehen :-)