Der Bildungsbürger freut sich so sehr über den falschen Genitiv-Apostroph, den er in Siggi’s Friseursalon entdeckt, dass man glauben könnte, er sei für ihn dort reingeschmuggelt worden, damit er seine Bildung fühlen kann. Bis die Regel Anfang des 20. Jahrhunderts aufgestellt wurde, war der Apostroph noch landesweit üblich, etwa in Linde’s Eismaschinen Aktiengesellschaft von 1879, das waren die Erfinder des Kühlschranks.
Heute wird oft angenommen, der ostdeutsche Kleingewerbetreibende tue sich mit dem richtigen Genitiv besonders schwer, die Karte sieht aber die Norddeutschen vorn, die (auch in der korrekten Schreibweise) eher zum Genitiv neigen. Die Daten sind allerdings schon ein bisschen älter. Neuere waren nicht aufzutreiben, die Gelben Seiten schrieben, sie wollten niemanden "bloßstellen". Dabei war bloßstellen nicht das Ziel, im Gegenteil, es soll hiermit ein warmer Mantel des Verständis’ um Andrea aus Andrea’s Getränkeshop gelegt werden, die ohne Apostroph leicht mit einem Andreas zu verwechseln wäre.
Kommentare
Keine Verwechslungsgefahr
"Dabei war bloßstellen nicht das Ziel, im Gegenteil, es soll hiermit ein warmer Mantel des Verständis’ um Andrea aus Andrea’s Getränkeshop gelegt werden, die ohne Apostroph leicht mit einem Andreas zu verwechseln wäre."
Andreas Getränkeshop gehört Andrea. Ein Apostroph nach einem s zeigt an, dass dieses s kein Genitiv-s ist, sondern zum Namen gehört. Andreas' Getränkeshop gehört Andreas. Deshalb bedarf es keines warmen Mantels des Verständnisses für fortgesetzten Genitivizid.
Daten von 1995?
Wenn ich das richtig gesehen habe, basiert die Auswertung auf den Telefonbüchern von 1995. Das heißt: Die Daten sind 19 Jahre alt!
Heute sähe die Karte ganz sicher anders aus; 1. haben die ostdeutschen Bundesländer auch in Sachen Deppen-Apostroph gut aufgeholt und 2. ist der Deppen-Apostroph jetzt noch viel verbreiteter als vor 19 Jahren, denn in den Schulen wird nicht mehr auf Rechtschreibung geachtet (außer vielleicht in Bayern und Sachsen) und die "Sozialen Medien" zeigen einem ja jeden tag, dass es völlig egal ist, wie man schreibt.
LKW's, H'm, Fish Product's usw. usf.
Alte Regel oder neuer Anglizismus?
Ein Teil der Andrea's Getränkeshop-Fälle mag ja noch auf die Zeit vor der Einführung beschriebener Regel zurückgehen. Ein wesentlich größerer Teil ist jedoch auf eine Übernahme aus dem Englisch, einer wesentlich 'cooleren' Sprache, zurückzuführen. Wir Deutschen mit unseren zumindest im nordwesteuropäischen Vergleich eher mittelmäßigen Englischfähigkeiten sind ja Weltmeister darin, Regeln der englischen Sprache auf unsere anzuwenden - das Gerundium (Als du gestern angerufen hast, war ich am Arbeiten.) wäre auch so ein Fall. Wie unreflektiert diese Übernahme abläuft, erkennt man daran, wie häufig man mittlerweile auch das Plural-s mit Apostroph abgegrenzt sieht. Wer mehr als eine CD hat, besitzt meist mehrere CD's und es gibt tatsächlich Fälle von Menschen, die vorgeben, mehrere Auto's zu besitzen.
Andrea's Getränkemarkt trägt diesen Namen deshalb wahrscheinlich nicht, weil eine gewisse Andrea 1897 ihr Geschäft eröffnet hat, sondern weil Andrea schlicht nachlässig mit ihrer Muttersprache umgeht und sich wenig um die grammatischen Regeln eben dieser schert.
Genitiv-Apostroph vs Deppen-Apostroph
Der Genitiv-Apostroph ist doch harmlos.
Schmerzen bereitet das mit Apostroph abgetrennte Plural-s.
Das Übelste, was ich mal in einem Kaufhaus sah, waren jedoch angebotene Matratze'n.