Wie hart sind die zuletzt beschlossenen Sanktionen?
Nicht sehr hart. Die EU und die USA haben sich auf drei Eskalationsstufen verständigt. Alle bisher beschlossenen Maßnahmen entsprechen den Stufen eins und zwei: Sie treffen ausgewählte Politiker, Wirtschaftsführer und Unternehmen und richten sich nicht – wie in Stufe drei – gegen die russische Volkswirtschaft insgesamt.
Derzeit stehen 30 Personen und 19 Firmen auf der Sanktionsliste der Amerikaner. Die EU bannt 61 Personen und zwei Unternehmen. Bei den Betroffenen handelt es sich um Mitglieder des inneren Zirkels um Wladimir Putin wie den Oligarchen Gennadi Timtschenko oder um Separatistenführer wie den selbst ernannten Bürgermeister von Slowjansk, Wjatscheslaw Ponomarjow. Die wichtigsten Unternehmen sind die Banken Rossija und SMP sowie die in Luxemburg ansässige Investmentgesellschaft Volga.
In der Regel werden die Vermögen der Sanktionierten eingefroren, zudem dürfen sie nicht mehr in die Vereinigten Staaten beziehungsweise nach Europa einreisen. Die USA verbieten zudem jegliche Geschäfte von amerikanischen Bürgern mit den Unternehmen und Personen auf der Liste.
Was könnte der Westen tun, um den Druck zu erhöhen?
In der Theorie: Eine ganze Menge. Ein großer Teil der internationalen Finanztransaktionen wird beispielsweise über amerikanische und europäische Banken und Börsen abgewickelt. Wenn westliche Finanzinstitute keine Geschäfte mehr mit russischen Banken tätigen dürften, wäre Russland finanziell isoliert. Und wenn erst das Geld nicht mehr flösse, würde auch der Warenhandel ziemlich schnell ins Stocken kommen.
Eine zentrale Rolle spielt dabei das in Brüssel ansässige Finanzdienstleistungsunternehmen Swift, über dessen Computersystem Banken in mehr als 200 Staaten und Regionen untereinander Zahlungsdaten austauschen. Der Zugang iranischer Banken zu diesem System wurde im Jahr 2012 blockiert, seither gelangt Geld nur noch auf Schleichwegen in das Land – was maßgeblich dazu beigetragen hat, dass die iranische Wirtschaft erheblich geschwächt wurde. Hart getroffen würde die russische Wirtschaft auch, wenn der Westen dem Land die Ausfuhr von Öl- und Gas verbieten würde. Energie ist der wichtigste Exportartikel Russlands. Im Jahr 2012 erlöste das Land durch Energieexporte 358 Milliarden Dollar. Das entspricht 80 Prozent des jährlichen Staatshaushalts.
In der Praxis aber sind derlei weitreichende Finanz- und Handelssanktionen derzeit eher unwahrscheinlich, weil sie auch für den Westen mit erheblichen Kosten verbunden wären. Ein Energieembargo etwa träfe die Staaten Mittel- und Osteuropas hart, die einen großen Teil ihrer Gaslieferungen aus Russland beziehen. Die südeuropäischen Staaten sind weniger stark von russischem Gas abhängig, sie fürchten aber, dass eine Eskalation des Konflikts ihre krisengeschwächten Volkswirtschaften wieder in die Rezession zurückfallen ließe. Großbritannien will die Londoner City schützen, die am russischen Geld gut verdient, und ist deshalb bei Finanzsanktionen zögerlich. Die Amerikaner wiederum plädieren für Härte, weil sie wirtschaftlich kaum mit Russland verflochten sind. Diese Interessensgegensätze erschweren eine gemeinsame Position.
Als wahrscheinlichstes Szenario gilt deshalb, dass im Fall einer anhaltenden Eskalation des Konflikts in der Ukraine zunächst weitere Personen und Unternehmen auf die schwarze Liste gesetzt werden. Die dritte Sanktionsstufe würde gezündet, wenn Russland nach Einschätzung des Westens die Präsidentschaftswahlen in der Ukraine verhinderte. Aber auch dann würde der Westen die Schrauben wohl nur allmählich anziehen. Im Gespräch ist, westlichen Firmen die Ausfuhr von Hochtechnologiegeräten für die Energieförderung zu untersagen, die Russland für die Modernisierung seiner Ölindustrie benötigt. Auch Förderkredite internationaler Finanzinstitutionen wie der Osteuropabank könnten gestrichen werden.
Kommentare
Sanktionen
scheinen mir sowas von Mittelalter zu sein. Irgendwie dringt da doch ein ganz primitives, mechanistisches Verständnis von Politik durch: "Wenn ich bei A drücke, dann passiert bei B das". Das ist echt rückständig.
Die internationale Gemeinschaft ist auch nocht im Mittelalter
Da passen Sanktionen doch ganz gut! Ansonsten würden sie sich nicht gegenseitig Gebiete wegnehmen, Verträge brechen, mit Aufmärschen ihre Macht demonstrieren und alle mit der bombe drohen.
Vergleichen Sie die internationale Gemeinschaft mit ein paar Halbstarken im Sandkasten und Sie werden vieles besser verstehen: Leider kann man da auch nicht auf Vernunft hoffen, wenn einem die Schaufel weggenommen wird sondern man muss etwas an der Sandburg des Gegners graben - nicht so viel, dass er gleich mit der Schaufel kommt, aber soviel, dass er Angst hat sie stürzt zusammen.
Diese Sanktiönchen muten doch eher
einem Sturm im Wasserglas oder Zwergenaufstand an.
Die Amis und die EU haben mit ihrer naiven "Alles oder Nichts" Strategie Putin alle Karten in die Hand gespielt.
Von wegen, Stufe drei tut wirklich weh.
Die Stufe drei ...
tut letztendlich richtig weh, aber eher der EU als Russland.
Russland wird sich im "Rest der Welt" nach neuen Partnern umsehen und es werden sich genug finden. Die EU zahlt die Zeche, die USA werden daraus Profit schöpfen.
Ähnlich wie der neue "Runde Tisch" an dem die Betroffenen der Ost-Ukraine nicht teilnehmen dürfen, sind auch diese Sanktionen ein Blendwerk.
Entfernt. Bitte formulieren Sie Ihre Kritik sachlich und respektvoll. Danke, die Redaktion/dd
Note 6 ist korrekt!
Mit keiner Silbe werden mögliche Folgen für uns beleuchtet. Der Schreiber setzt immer voraus, daß Russland nicht reagiert. Warum ist die Studie der EU dazu geheim?
Doch nicht, weil Russland sich etwas abschreiben könnte. Wir sollen möglichst NICHT erfahren, wie hart es uns trifft.
Für Herrn Schieritz ein (denkbares) Szenarium. Denkbar deshalb, weil schon einmal angekündigt!
Russland sperrt (im Verein mit Iran) die Strasse von Hormus und (im Zusammenwirken mit Ägypten) den Suezkanal. Herr Schieritz, und dabei muß KEIN Schuß fallen! Die Reedereien haben schon vorsorglich angekündigt, daß sie bei bloßer Gefährdung für die Schifffahrt der Verkehr einstellen würden. Ist Ihnen das entgangen? Beleuchten Sie doch einmal dieses Szenarium. Eventuell wäre noch eine 5+ möglich.
Sanktionen sind nicht mehr wie warme Luft......
könnte mich nicht erinnern , das Sanktionen jemals was bewirkt hätten , sie schaden mehr als sie nutzen......Ham wer schwer aufn Putz gehauen und warme Luft produziert mehr ist es nicht..........
Ausbau der EU zur Verteidigungsunion
Die Ukraine-Krise hat gezeigt, dass im Ernstfall Europa n i c h t s ohne die NATO zustande bringt.
Die osteuropäischen Mitgliedsstaaten verlassen sich - dies ist überdeutlich geworden - nicht auf die EU, sondern auf die NATO.
Europa hat nichts, aber wirklich nichts Vergleichbares anzubieten.
Wenn es darauf ankommt, muss Europa den Staffelstab an die USA abgeben, weil es bis heute geglaubt hat, Konflikte wären heute ohne militärisches Drohpotenzial zu "managen".
Ein großer Fehler.
Was Europa benötigt, ist eine gemeinsame Verteidigungsperspektive. Bereits im Vertrag von Lissabon heißt es in Artikel 42 Absatz 3 Unterabsatz 2 EUV:
"Die Mitgliedstaaten verpflichten sich, ihre militärischen Fähigkeiten schrittweise zu verbessern." (Erster Satz.)
Es ist höchste Zeit, diese Verpflichtung ernst zu nehmen. Freiheit und Wohlstand gibt es nicht zum Nulltarif.