Welche Sanktionen gibt es nun, und wie wirksam sind sie?
In den vergangenen Monaten haben die USA und die EU zunächst ihre diplomatischen Kontakte zu Russland reduziert (Phase 1) und in einem zweiten Schritt vor allem Einzelpersonen im russischen Machtapparat mit Einreiseverboten belegt sowie deren Konten im Ausland eingefroren (Phase 2). Das Ziel: Druck auf Russland, damit dessen Regierung nicht länger Separatisten im Osten der Ukraine mit Waffen und Soldaten unterstützt und so das Land destabilisiert.
Phase 3 der Sanktionen ist bislang eine diplomatische Drohkulisse. Sie sieht vor, dass Unternehmen aus Europa und den USA keine Geschäfte mehr mit bestimmten Industriesektoren in Russland machen dürfen. Die US-Regierung ist einen Schritt weitergegangen und hat kürzlich mehrere russische Konzerne auf die Sanktionsliste gesetzt. Nach dem Abschuss der Malaysian-Airlines-Maschine im Osten der Ukraine am Donnerstag vergangener Woche hat sich nun auch die Stimmung in der EU gewandelt, weil die EU ebenso wie die USA davon ausgeht, dass russische und von Moskau unterstützte Separatisten für den Tod der 298 Menschen an Bord verantwortlich sind. Die europäischen Außenminister verhängten am Dienstag neue Einreiseverbote und Kontensperrungen gegen mehrere Vertreter des Landes. Außerdem baten sie die EU-Kommission, schärfere Wirtschaftssanktionen vorzubereiten, sollte Moskau nicht aufhören, die Ukraine zu destabilisieren. Derartige Strafmaßnahmen könnten auf den Waffen-, Energie- und Finanzsektor abzielen.
Für die russische Wirtschaft sind die Sanktionen heute schon schmerzhaft. Die betroffenen Unternehmen – darunter der Ölgigant Rosneft – sind faktisch vom internationalen Kapitalmarkt abgeschnitten. Dabei benötigen die Firmen dringend Devisen, um ihre Auslandsschulden zu bedienen. Außerdem war die russische Wirtschaft schon vor der Krise in keiner guten Verfassung, weil der Rückgang der Ölpreise die Einnahmen des Landes schrumpfen ließ, das außer Öl und Gas auf dem Weltmarkt nicht viel zu bieten hat. "Russland wird der Verlierer eines Konflikts sein, den es selbst mit angezettelt hat", sagt Holger Schmieding, Chefvolkswirt der Berenberg Bank.
Ob die Sanktionen ihr Ziel erreichen, ist fraglich. In einer Stellungnahme sagte Russlands Präsident Wladimir Putin am Dienstag: "Wir werden aufgefordert, Einfluss auf die Kämpfer im Südosten auszuüben, wir werden alles in unserer Macht Stehende tun." Tatsächlich weist viel darauf hin, dass Russland die Kämpfer sogar aktiv unterstützt, was die Regierung aber bestreitet. Es ist also möglich, dass Putins Regierung die wirtschaftlichen Schäden infolge der Sanktionen in Kauf nimmt und die Destabilisierung der Ukraine weiterhin betreibt.
Verändern sich nun die Machtverhältnisse in der Weltwirtschaft?
In der Weltwirtschaft sucht Russland Verbündete, vor allem unter anderen aufstrebenden Wirtschaftsmächten. Zusammen mit Brasilien, Indien, China und Südafrika (die Gruppe ist auch bekannt unter dem Akronym Brics) bemüht sich das Land darum, größeren Einfluss auf das nach dem Zweiten Weltkrieg entstandene Weltfinanzsystem zu gewinnen. Bei ihrem sechsten Jahresgipfel im brasilianischen Fortaleza beschlossen die Staats- und Regierungschefs der Brics-Staaten vergangene Woche etwa, mit der New Development Bank eine eigene Entwicklungsbank einzurichten sowie einen gemeinsamen Währungsfonds aufzulegen. Beide sollen Gegengewichte werden zur Weltbank und zum Internationalen Währungsfonds (IWF), die von Europäern und Amerikanern dominiert werden.
Ökonomisch betrachtet, versprechen die beiden Vorhaben vergleichsweise wenig Macht zu entfalten: Die Brics-Bank soll zunächst 50 Milliarden Dollar zur Verfügung haben, vor allem um Infrastrukturprojekte zu finanzieren, der Währungsfonds 100 Milliarden Dollar, um in Finanzkrisen zu helfen. Verglichen mit den Mitteln von Weltbank und IWF sind das geringe Beträge. Hinzu kommt, dass die Brics-Staaten politisch oftmals wenig gemeinsam haben – bis auf den Wunsch nach mehr Einfluss: Brasilien, Indien und Südafrika sind Demokratien, China ist eine Diktatur und Russland ein autoritärer Staat. Für ein gemeinsames politisches Ziel, das einen Kalten Wirtschaftskrieg begründen könnte, reicht das nicht, zumal die Brics-Staaten tief in die Weltwirtschaft eingebunden sind und den Westen brauchen, um ihren Wohlstand zu mehren. Es ist deshalb zweifelhaft, dass sie sich wirtschaftlich aktiv gegen Staaten stellen, die Russland sanktionieren. Gleichwohl werden sie die Sanktionen des Westens wohl auch nicht aktiv unterstützen. China profitiert sogar von der Krise und der neuen russischen Zwangslage: Putin gestand dem Land Preisnachlässe bei Gaslieferungen zu, zu denen er sich vorher viele Jahre lang nicht durchringen wollte.
Machen die Kriege den jüngsten Wirtschaftsaufschwung kaputt?
Mit den jüngsten Ereignissen wächst die Gefahr, dass die Weltwirtschaft Schaden nimmt. Die Angst vor einer Eskalation des Konflikts hat schon zu Kursverlusten an den Börsen geführt. Ökonomen fürchten, dass Unternehmen größere Investitionen zurückstellen. Zum Problem könnte das werden, weil die Weltwirtschaft ohnehin eine Schwächephase durchlebt. Der IWF geht bereits davon aus, dass die weltweite Wirtschaftsleistung weniger stark zulegen wird als noch im Frühjahr vermutet.
Kommentare
Welche Kälte?
Wenn uns die Russen den Gashahn abdrehn, könnte es für manchen uns -nicht nur in Deutschland- ein ziemlich direktes kaltes Vergnügen werden. Aber dann hoffe ich, dass es auch für unsere Politiker etwas kühl wird.
Das Merkel Hoch wird die Herzen der braven Bürger erwärmen
"Aber dann hoffe ich, dass es auch für unsere Politiker etwas kühl wird."
Das wird nicht passieren, jedenfalls nicht in nächster Zeit.
Merkels Umfragewerte sind stabiler denn je, die Bevölkerung orientiert sich nach dem, was sie in den gängigen Mainstream Medien, vor allem auch in Fernsehen und Radio vorgesetzt bekommt. Das ist wenig differenziert und immer darauf angelegt die Schuld einseitig den Russen in die Schuhe zu schieben.
Merkel Ist in der Hinsicht programmiert durch ihre DDR Vergangenheit, ebenso wie Gauck und sie schreit ja sogar aus dem Urlaub laut nach schnellen und härteten Sanktionen. Sie weiß, dass die Öffentlichkeit und die Medien hinter ihr stehen. Die würden das bestimmt nicht so durchziehen, wenn ihnen die Demographen ihr ein anderes Stimmungsbild aus der Bevölkerung zurück melden würden. Nein, Nein, das ist eine konzertierte Aktion des Westens. Und es wird noch viel schlimmer werden, davon bin ich überzeugt.
Ist dies nun eine neue Methode...
eine Redaktion auf Linie zu halten.
Es häufen sich Artikel, für die kein Redakteur mehr allein verantwortlich sein will, oder sein kann, wie immer man es sieht.
Jedenfalls eine interessante Entwicklung - nicht nur hier in der Zeit.
Und diese brilliante Logik: Wir kaufen den Russen keine Energie mehr ab, dann haben sie kein Geld mehr, um die Energievorräte in der Arktis zu erschließen und sie an uns zu verkaufen, dann verdienen sie kein Geld mehr...
Eine Journalistische, oder sollte man sagen im Corpsgeist erzeugte Glanzleistung menschlicher und vor allem wirtschaftlicher Logik. Deshalb wohl auch die Bildung eines Triumvirats, allein hätte diesen Unsinn wohl keiner der Beteiligten durch die Redaktion bringen können....
Bitte äußern Sie sich nur, wenn Sie etwas zum Thema beitragen möchten. Die Redaktion/dj
Putin hat Geduld
und unsere Politiker sind nicht in der Lage weiter als 3 Monate voraus zu denken. Wenn die Russen endgültig an die Wand gedrückt sind, wird sie nichts davon abhalten, den Gashahn für den Westen zuzudrehen.
Dann werde unsere Politiker wieder tönen, ja so war das doch nicht gemeint, kennen wir ja alle inzwischen.
"Putin hat Geduld"
Putin, der nur durch einen Trick immer noch an der Macht ist, und längst abdanken sollte, wird laut ihrer Prognose also noch sehr lange an der Macht bleiben? Also doch Zar Putin?
Ja weil er Rückhalt im Volk hat
genau wie Queen Angela.
Unverständliche Begeisterung für einen Versager-Despoten
Ich finde diese Bewunderung dieses, mit Verlaub, dämlichen Autokraten mehr als befremdlich. Was hat er denn groß erreicht? Das Land zehrt wirtschaftlich inzwischen fast ausschließlich von seinen natürlichen Ressourcen und politisch von seiner Vergangenheit. Unter Putin hat das Land keinerlei Schritte dahingehend unternommen, die Gelder aus den Öl- und Gaseinnahmen in eine funktionierende, wettbewerbsfähige Industrie oder eine gute Ausbildung der Jugend zu investieren. Ganz im Gegenteil. Ein Großteil geht in ein völlig korruptes System, das einzig den Zweck zuverlässig erfüllt, die anachronistischen, mafiösen Machtstrukturen des Landes aufrechtzuerhalten. Wenn die Preise für Öl und Gas einmal sinken, wird es in Russland selbst am Nötigsten fehlen. Auf die Idee Russland ein Vetorecht im Weltsicherheitsrat zu geben, käme heute auch kaum noch jemand. Junge Menschen, die die Gelegenheit haben, verlassen Putins Reich, um ihre Fähigkeiten in freiere und modernere Gesellschaften einzubringen. Außenpolitisch hat Putin sein Land durch absolut unzeitgemäße Agressionen gegen kleinere Nachbarn in die Isolation getrieben. Ich glaube eine schlechtere Bilanz kann man nach so einer langen Regierungszeit kaum haben. Daran ändert mittelfristig auch das Strohfeuer des nationalistischen Massenwahns nichts, das er entfacht hat.
Da haben Sie voll recht!
Meistens reicht die "strategische Voraussicht" unserer Politiker gerade so bis zur nächsten Popularitätsumfrage.
Überlegen wir mal
Was immer vergessen wird:Das Kapital des "BRICS IMF" ist immerhin halb so gross wie das des IMF. Aber irgendwann werde sich die BRICS und ihre Anhänger aus dem IMF zurückziehen und ihr Kapital da abziehen, Und dann?
Einfach mal ein Gedankenspiel:
Nächste Woche macht Russland eine Pressekonferenz:
WIr sind nicht bereit,die Jugend in Europa,also auch unsere,in einem Krieg wegen Öl und Gas zu "verheizen". Aufgrund der Sanktionen,die ein Rechtsbruch sind (nicht von der UNO),fühlen wir uns nicht mehr verpflichtet,Europa mit Gas und Öl zu versorgen.Wir sind sicher,dass eure amerikanischen Freunde euch versorgen,sobald wir per 1.1.2015 die Gasllieferungen einstellen.
Russland wird in den nächsten 2 Jahren Pipelines in die Türkei;Indien und China bauen und in Betrieb nehmen.Also hätten sie etwa mit Einnahmeausfällen von geschätzten 200 Milliarden zu rechnen.Dies können sie aber locker aus ihren nationalen Fonds überbrücken.Und as Öl und Gas ist immer noch im Boden.
Vor der ganzen Welt stehen sie da als moralischer Sieger. Kein Krieg für Öl,nicht wie der Westen!
Für die EU ist es unmöglich,in den nächsten 8 bis 10 Jahren die Ersatzinfrastruktur aufzubauen,
Kann das das kranke Europa aushalten? Wohl eher nicht.
Europa wird Schaden nehmen
es muss nämlich die Ukraine vor dem Staatsbankrott retten. Dagegen ist GR ein kleiner Fisch.