Launig ist der Wind: Er weht, wo er will, wann er will, wie er will – nur nicht, wie er soll. Man kann sich auf ihn nicht verlassen. Deshalb messen Investoren lieber doppelt und dreifach nach, ehe sie irgendwo riesige Anlagen aufstellen, um seine Kraft einzufangen. Aber wenigstens ist der Wind praktisch unerschöpflich – oder?
Ein paar Physiker streiten sich über unerhörte Hypothesen. Sie fragen nicht etwa, ob es genug Windräder gibt. Sie fragen, ob all die Windräder den Wind verändern. Ja, ob die Räder gar eine Flaute herbeiführen, indem sie zu viel Wind und damit Energie aus der Atmosphäre holen.
Puh.
Das klingt abenteuerlich, ist physikalisch aber nicht ganz unberechtigt. Denn die Gesamtenergie in der Atmosphäre ist nicht endlos, weshalb auch die Windspargel kein Perpetuum mobile sind. Sie haben Grenzen, prinzipiell zumindest. Die riesigen Rotoren wirken wie gigantische Windfänger. Wandelt man mit ihnen Wind – also Bewegungsenergie – in elektrische Energie um, schwächt das den Wind. Theoretisch. Die entscheidende Frage aber lautet: Wie groß ist dieser Effekt praktisch?
Im kleinen Maßstab haben Windparkbetreiber bereits schlechte Erfahrungen mit dem Phänomen gemacht. Im Schwarzwald beispielsweise stehen einige Anlagen zu dicht beieinander. So nehmen sie sich gegenseitig den Wind aus den Rotoren: Strömt der Wind über die Flügel, wird er im Lee verwirbelt und dadurch gebremst. Die hinteren Turbinen bekommen dann weniger ab als die vorderen. Erst mit der Zeit verstärkt der Umgebungswind den abgeschwächten Luftstrom wieder. Bei einem einzigen Windrad sind die Verluste in der Regel zu vernachlässigen. Die Bremskraft eines ganzen Rotorenparks jedoch könnte sich schon eher in der Atmosphäre bemerkbar machen.
Das Problem betrifft vor allem Windparks vor den Küsten. In Computersimulationen haben Amanda Adams von der University of North Carolina und David Keith von der Harvard University deren Windschatten untersucht. Bei Offshore-Parks ab einer Fläche von 100 Quadratkilometern spüre man den Effekt bereits deutlich, schrieben die beiden Forscher im vergangenen Frühjahr in den Environmental Research Letters. Der Ertrag dieser Parks liege daher nur bei einem Viertel des ursprünglich veranschlagten.
Für Windparkplaner sei es wichtig, dass sich die Anlagen nicht gegenseitig den Wind wegnehmen, sagt Axel Kleidon vom Max-Planck-Institut für Biogeochemie in Jena. Schließlich reiche der Windschatten eines Rotors über dem Meer bis zu 20 Kilometer weit. Windparks können sich also über weite Strecken gegenseitig beeinflussen. Und, eine weitere Frage: Verändern sie auch das Wetter?
Das hat der US-Amerikaner Mark Jacobson von der Stanford University untersucht, mit Ja beantwortet und eindrücklich in der Fachzeitschrift Nature Climate Change demonstriert. Der bekannte Simulationsexperte ließ in einer Computermodellierung Windparks gegen die Naturgewalt schlechthin antreten, gegen Hurrikane: Sandy, Isaac (beide aus dem Jahr 2012) und Katrina (2005) steuerten noch einmal auf die Küste der USA los, allerdings stellte Jacobson den Wirbelstürmen dieses Mal gigantische Windparks in den Weg. Das Ergebnis überraschte: Die virtuellen Hurrikane büßten ihre zerstörerische Kraft ein, als sie über die Turbinen zogen, und wandelten sich zu zahmen Stürmchen. Bei Katrina reduzierten sich die Windgeschwindigkeiten in den Spitzen um fast 150 Kilometer pro Stunde. Die Höhe der Wellen im aufgewühlten Ozean nahm um bis zu 79 Prozent ab. "Die kleinen Turbinen können das Biest zurückschlagen", sagt Co-Autorin Cristina Archer von der University of Delaware.
Funktioniert das wirklich: Rotoren als Sturm- und Wellenschutzschilde? Die nötigen Parks existieren nur in Jacobsons Computerwelt. Und für das Katrina-Szenario musste er mehr als eine halbe Million Rotoren in den Golf von Mexiko pflanzen. Gleichwohl verleiht sein Rechenspiel der grundsätzlicheren Frage Bedeutung: Was könnten all die Windräder mit unserem Wetter anstellen?
Kommentare
Neben dieseen Effekten
Ich bin kein Gegner der Windenergie, aber zunehmend gegen die Industrialisierung. Neben den o.g. Effekten finde ich die Verschandelung der Landschaft (hier in Ostfriesland) grausam. Meine Heimat ist nicht mehr zu erkennen, von See kommend sind alle Landmarken verschwunden.
Man kann zu den Winkraftanlagen stehen wie man will.
Nur einen riesigen Vorteil haben diese. Gibt es eine sinnvolle Alternative zur Stromerzeugung, kann man die Anlagen wieder nahezu Rückstandlos zurück bauen. Anders als bei der Atomkraft wo Berge von lebensgefährlichen Müll zurück bleiben. Braunkohleabbau, wo riesige Landschaften unwiederbringlich Zerstört werden. Steinkohleabbau, wo für alle Ewigkeit die Pumpen laufen müssen, ansonsten ist das Ruhrgebiet eine Wasserfläche.
Windkraftanlagen werden zurück gebaut und man wird sie nie wieder sehen!
Menschenschädlich
"In Deutschland sind die besten Standorte für Windparks an Land längst vergeben. Künftig müssen dort alte Turbinen gegen neue, leistungsstärkere ausgetauscht werden"
Die Frage ob die Windmonster umweltschädlich sind oder nicht ist bereits beantwortet. Es gibt aktuell keine größere Landschaft und Umweltverwüstung als sie durch das Repowering verursacht werden. Auf tausenden von Quadratkilometern stehen 200 m hohe Stahltürme mit Rotoren in Fußballfeldgröße, die den Himmel zerhacken und die Landschaft zudröhnen. Diese Anlagen sind nicht nur umweltschädlich, sondern insbesondere menschenschädlich!
Das lokale Wetter wird bereits beeinflusst durch mehr oder weniger Regen und Trockenheit, da die Monster in Höhenbereichen vordringen, die Gebirgen entsprechen.
Die absurde Behauptung, Windenergie habe ein Zwölftel unseres jährlichen Energiebedarfs beigetragen, entspringt einer völligen technischem Ignoranz. Für fast die gesamte Kapazität an Windstrom müssen Kraftwerke vorgehalten und parallel betrieben werden. Aber was stören die links-grünen Ideologen schon Kleinigkeiten, wie Energiespeicherung und Kosten. Hauptsache in der Landschaft stehen weit sichtbar die Symbole einer ideologischen totalitären Umerziehungspolitik, die die Landschaften in dröhnende Gefängnisse, Umerziehungslagern gleich, verwandeln.
Großartige, brennende Philippika!
Zitat: "Die Frage ob die Windmonster umweltschädlich sind oder nicht ist bereits beantwortet. Es gibt aktuell keine größere Landschaft und Umweltverwüstung als sie durch das Repowering verursacht werden. ... Diese Anlagen sind nicht nur umweltschädlich, sondern insbesondere menschenschädlich!"
Ich bin in einem kleinen Dorf an der Saar aufgewachsen. Am gegenüberliegenden französischen Ufer wurde ein Kohlekraftwerk erbaut. Dafür wurde dort eine so große Fläche der Saaraue aufgefüllt, die jetzt als Überflutungsraum fehlte, dass wir fortan mit schöner Regelmäßigkeit Saar-Hochwasser in Kauf nehmen mussten.
Das Kraftwerk emittierte in seinen niedrigen Schloten einen ungeheueren Dreck, den ich regelmäßig vom Gehweg und Hof meines Elternhauses wegkehren musste. Wäsche-Trocknen im Garten war nicht mehr möglich. Es hatte erheblicher politischer Anstrengungen bedurft, bevor sich der Betreiber herabließ, wenigstens höhere Schornsteine zu bauen, die den Dreck natürlich nur auf eine größere Fläche verteilten.
Das von der Saar entnommene Kühlwasser wurde stark aufgeheizt wieder in die Saar zurückgeleitet mit der Folge, dass der Fischbestand unterhalb der Einleitung stark zurückging und an der Wasserfärbung zu erkennen war, dass auch Verschmutzungen eingeleitet wurden.
Mit Verlaub, nach dieser Erfahrung mit einem Kohlekraftwerk läßt mich Ihre brennende Philippka gegen Windräder einfach nur schmunzeln und vermuten, sie entspringt einer rechts-ideologischen Industriefrömmigkeit.
Eigentlich
zeigt das mal wieder dass Zentralisierung und Monokultivierung (auch von Energiegewinnung bzw. von Windkraftanlagen) nicht sinnvoll ist.
Aber die grossen Energieproduzenten sind gegen Dezentralisierung, da so auch ihr Monopol brechen würde - das, den Preis festzulegen ebens wie das, dann die Gewinne einzufahren.
Falsche Fährte
"Luft strömt von A nach B, weil die Sonne die Erde unterschiedlich erwärmt."
Eben. Wenn also der Wind in unseren Breiten tendenziell abnimmt, würde ich mir mal die Entwicklung der Temperaturdifferenzen ansehen. Die Arktis hat sich viel stärker erwärmt als die äquatornahen Gebiete. Je kleiner die Differenz, desto weniger bzw. langsamer der Wind.