Beinahe hätte die historische Dürre mit mehreren trockenen Wintern in Folge das Land ausgedörrt. Die Spiegel des Grundwassers und des Sees Genezareth, Israels wichtigster Wasserquelle, sanken bedrohlich. Vom Jordan, einst ein mächtiger Strom, gelangte nur noch ein klägliches Rinnsal ins Tote Meer. Alarmiert gründete die Regierung eine Wasserbehörde und rief die Bürger zum Wassersparen auf. Das war im Jahr 2007.
Heute, kein Jahrzehnt später, produziert das Land einen Wasserüberschuss. Und das mitten in einer Region, die unvermindert unter "Wasserstress" leidet. So heißt es bei der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD), wenn eine Region unter chronischem Wassermangel leidet. 40 Prozent der Weltbevölkerung sollen bis zum Jahr 2050 davon betroffen sein, und der Nahe Osten gilt als besonders gefährdet.
Wie sich Israel aus diesem Stress befreit hat? Mit Technologie. Massiv wurde in den vergangenen Jahren der Bau von Meerwasserentsalzungsanlagen an der Mittelmeerküste vorangetrieben. Vor Kurzem ging südlich von Tel Aviv "Sorek" in Betrieb, die weltweit größte Anlage ihrer Art. Umkehrosmose heißt das Verfahren, bei dem Meerwasser unter hohem Druck durch Kunststoffmembranen gepresst wird. Gereinigt und vom Salz befreit, deckt das Wasser aus sechs dieser Anlagen bereits die Hälfte des israelischen Trinkwasserbedarfs.
Zwar gelten Entsalzungsanlagen zu Recht als Energiefresser. Doch die Israelis rühmen sich effizienterer Technik. Energiesparend ist diese allerdings noch lange nicht. Denn zur Wassererfolgsgeschichte gehört auch die Erschließung eines Erdgasfeldes. Dieses liegt nahe Haifa, heißt Leviathan, hat Israel zum Gasexporteur gemacht – und Energie billig.
Weil der Bau der Süßwasserfabriken und der -leitungen finanziert werden muss, ist Wasser für Verbraucher und Bauern teurer geworden. Konsumenten beschweren sich seit Jahren über die steigenden Wasserpreise, und die Bauern sind unzufrieden, weil sie zu Kunden wider Willen gemacht wurden: Da die Anlagen schon mehr Wasser entsalzen, als für die privaten Haushalte nötig ist, wurden die Landwirte dazu verpflichtet, ihre Datteln, Kiwis und Tomaten damit zu tränken. Früher nutzten sie billigeres Klärwasser.
"Die Überkapazität kommt daher, dass man die Anlagen nicht flexibel runterfahren kann", sagt die Geowissenschaftlerin Christine Bismuth vom Helmholtz-Zentrum Potsdam, die zur israelischen Wasserpolitik geforscht hat. "Aber ökologisch und ökonomisch ist es natürlich widersinnig, Felder mit Wasser aus den Anlagen zu bewässern."
Das Paradoxe dabei: Dank moderner Technologie bereitet Israel in seinen Kläranlagen auch einen größeren Anteil Abwasser auf als jedes andere Land. An der weltweiten Spitze liegt es auch noch in einem weiteren Bereich, der Pflanzenbewässerung. Beim hocheffizienten Tröpfchensystem versorgen Schläuche mit winzigen Löchern zielgenau Feldfrüchte. Messgeräte überprüfen die Feuchtigkeit im Boden und bemerken jedes Leck. Die Technik wird mittlerweile in die ganze Welt exportiert. Selbst der Traum des Staatsgründers David Ben Gurion, "die Wüste zum Blühen zu bringen", lässt sich damit womöglich erfüllen. Zumindest bestellen heute Bauern im Negev ihre Felder zwischen Rotem und Totem Meer.
"Israels Technologien können ein Vorbild für Länder wie Spanien oder Kalifornien sein, die ebenfalls viel Landwirtschaft betreiben und unter Dürre leiden", sagt Wasserforscherin Bismuth. Und da die Bevölkerung stetig wächst, will Israel in Zukunft weitere Anlagen bauen. Doch viel Platz gibt es nicht mehr an der kurzen Mittelmeerküste zwischen dem Gazastreifen und dem Libanon. Deshalb denkt man bereits über den nächsten Schritt nach: Offshore-Anlagen in Gestalt mobiler Entsalzungsschiffe.
Kommentare
Es freut mich dass endlich genug Wasser zur Verfügung steht. Aber als alter Skeptiker würde mich interessieren, wer hinter den ganzen Investitionen steckt bzw. davon profitiert? Ausschließlich der Staat? Oder Nestlé? Oder...?
Hutcheson Water International (Whampoa zugeörig) ist mit 49% beteiligt.
Wenn die Investitionen wieder rein sind, dann rollt der Rubel (Schekel).
Wo sich Geld verdienen lässt, da wird es auch getan.
Eine jener positiven Nachrichten, die leicht in den täglichen Schlagzeilen untergeht.
Den Klimawandel werde wir kaum rückgängig machen können (zumindest nicht in diesem Jahrhundert), umso wichtiger die Versorgung mit Trinkwasser in den Regionen der Welt, die dicht besiedelt sind und gleichzeitig Wasser ein knappes Gut ist.
Selbstverständlich birgt diese Technologie der Meerwasserentsalzung auch ein erhebliches Potential in anderen Gebieten auf dem Globus, alleine auf dem Staatsgebiet von Israel leben ja auch Menschen, deren Wasserversorgung eher prekär ist. Konkret im Westjordanland oder im Gazastreifen. Leider ist das politische Klima dort soweit von Konfrontation bestimmt, dass ein fairer Interessenausgleich diesbezüglich eher als ferne Utopie erscheint.
Soweit ich weiß, hat man in Israel für die Meerwasserentsalzung die Technologie der Umkehrosmose perfektioniert. Auch dafür wird Energie benötigt, allerdings (im Gegensatz zur Destillation) nicht in Form von Wärme. Somit ließe sich eine solche Anlage auch aus Solarzellen speisen. Ideal für eine Region mit einem derart sonnigen Klima - also auch für viele Nachbarstaaten Israels. Dies ist dann keine technologische, sondern mehr eine politische Herausforderung.
Meerwasserentsalzungsanlagen sind gerade an relativ geschlossenen Meeren auch nicht die Lösung. Die Salzlauge wird in der Regel wieder ins Meer geleitet. Am persischen Golf wird durch die Emirate, Saudi-Arabien und andere Länder auch in riesiger Menge Trinkwasser durch Entsalzungsanlagen gewonnen und die Lauge zurück ins Meer geleitet. Ein Anstieg der Salzkonzentration ist bereits jetzt nachweisbar. Man geht davon aus, dass in den nächsten Jahren der Salzgehalt des Meeres signifikant weiter steigt und Flora und Fauna im Meer stark schädigt - nicht nur punktuell da, wo die Lauge zurück ins Meer geleitet wird sondern überall.
Wenn in Israel also in gigantischer Menge Wasser entsalzen wird, das man eigentlich gar nicht in der Menge braucht, dann schafft das langfristig eventuell mehr Probleme, als es löst.
Eine Meerwasserentsalzungsanlage aus Solarzellen mit Energie zu speisen, macht wenig Sinn. Dann müsste man die Anlage für die Hälfte des Tages immer still legen und an bewölkten Tagen nur mit halber Kapazität laufen lassen. Wärme lässt sich Solar generell viel einfacher gewinnen als Strom aus Photovoltaik und Wärme ist einfach und billig speicherbar.
Tja, dann brauchen theoretisch die Israelis den Palästinensern ihr Wasser nicht mehr zu rauben, so wie sie es seit Jahrzehnten tun.
Jedoch wird es weiter wie bisher zu der Besatzungspolitik gehören, die Palästinaser nicht an ihr Wasser zu lassen, damit die Palästinenser sich in ihrer von Israel Völkerrecht brechend ausgebeuteten Heimat nicht wirtschaftlich entwickeln können.
www.btselem.org/water/res...
(Das Problem des israelischen Wasserentzuges an den genuinen Einwohnern, damit will man anscheinend die Leser hier stören, auch wenn es hier ums Wasser geht.)
Genuine Einwohner, irre komisch. Kant lebte in Königsberg und das nennt man heute Kaliningrad, warum? Weil man Kriege verlieren kann und der Sieger die Grenzen so zieht, dass er sich demnächst dann sicher fühlt. Israel hat einen Krieg (unfreiwillig) geführt, 6 Tage lang, und gegen Ägypten Irak Syrien Jordanien gleichzeitig gewonnen, das israelische "Kanzleramt"wurde aus ostjerusalem beschossen, sowas merkt man sich eben. Danach hat es die Grenzen so bestimmt, wie sie sich heute verzeichnen lassen. Das kann man fies finden, aber dann heult man eben auch Königsberg hinterher, oder Straßburg, oder dem Reich oder was weiß ich.