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Händchenhalten bei den Löwen
Mein Lieblingsort kann ziemlich unheimlich sein. Es ist der Löwenzoo in meiner Heimatstadt
Addis Abeba. Wenn man an einem besonders heißen Tag durch die Anlage spaziert, ist es dort
meistens ganz still, weil weniger Besucher da sind. Und wenn dann auf einmal ein Löwe brüllt,
fährt einem der Schreck in alle Glieder. Der
Löwenzoo
ist ein besonderer Ort
für mich. Erst war ich immer mit meinen Eltern und meinem Bruder dort. Das war aufregend.
Wobei ich die Schlangen, die es dort auch gibt, gehasst habe, weil sie mir Angst machten.
Später bin ich mit Freundinnen hingegangen. Wir sind herumspaziert, haben Kaffee getrunken und
uns gegenseitig fotografiert. Meine Eltern haben das früher auch gemacht. Als sie jung waren,
gingen viele Paare hier spazieren, die noch nicht verheiratet waren. Ich vermisse den
Löwenzoo.
Fantayenesh, 30, aus Addis Abeba (Äthiopien) ist seit einem Jahr in Deutschland und lebt derzeit in einem Kirchenasyl in
Frankfurt
Gebaute Toleranz und das beste Eis Syriens
Die Umajaden-Moschee passt zu meinem Leben: Ich bin Muslim, meine Frau Christin. Und genau
wie in unserer Beziehung verbinden sich die beiden Religionen auch in diesem Bauwerk. Erst war
es eine Kathedrale, in ihrem Inneren baute man einen Schrein, in dem der Kopf Johannes des
Täufers liegen soll. Später haben die Muslime Damaskus erobert und aus der Kirche eine Moschee
gemacht. Aber den Schrein ließen sie stehen. Auf den Kirchturm haben sie ein Minarett
draufgesetzt. Die
Umajaden-Moschee
ist ein Symbol für das tolerante Syrien.
Im Basar nebenan gab es das beste Eis der Stadt. Vor deinen Augen wurde Milcheis frisch in
Holzbottichen gestampft. Und dann in gehackten Pistazien gewendet. Diese Fotos machen mich ein
wenig traurig. Ich musste überstürzt fliehen, nur mit dem, was ich am Leib trug. Was
zurückblieb: alle Fotos aus meiner Kindheit. Ich werde meinem Sohn nie zeigen können, wie ich
als kleiner Junge aussah.
Amjad Jamous, 36, aus Damaskus (Syrien) ist Zahnarzt. Nach fünf Jahren Flucht ist er 2014 in Berlin angekommen
Fixpunkt über den Dächern
Ich bin in Damaskus oft den
Qassioun
hinaufgestiegen, das ist ein 1150 Meter
hoher Berg neben der Stadt. Dort kann man dem Trubel entfliehen. Auf einmal ist die Luft
frisch. Man hört keine Autos mehr hupen, andere Menschen sieht man nur noch als winzige
Ameisen durch die Gassen wuseln. Ich bin auch gerne mit Gästen dort gewesen und hab ihnen all
die berühmten Bauten von oben gezeigt: Moscheen, die Zitadelle, Stadttore und Paläste. Von
hier aus sieht man, dass die Stadt aus unzähligen niedrigen Häusern besteht. In Damaskus ist
es verboten, Hochhäuser zu errichten, nur ein paar Reiche haben Ausnahmegenehmigungen
erhalten. Als Teenager konnte ich vom Gipfel noch bis zum Stadtrand schauen, heute ist kein
Ende mehr in Sicht. Lief ich durch Damaskus, brauchte ich nur zu schauen, wo er ist, und schon
konnte ich mich nicht mehr verlaufen. Hier in Berlin fehlt ein Fixpunkt. Als Flüchtling ist
einem alles fremd, die Sprache, die Kultur. Da wäre es schön, wenn man sich wenigstens
geografisch orientieren könnte.
Diana El Jeiroudi, 38, aus Damaskus (Syrien) ist Dokumentarfilmerin und Filmproduzentin. Sie lebt mit ihrem Mann seit
zwei Jahren in Berlin
Türme, die nach Mango schmecken
Gibt es in Europa 40 Zentimeter hohes Softeis? Ich habe das hier noch nirgendwo gesehen. Aber
im
Mellat-Park
gibt es solche Eistüten. Wir waren früher sehr oft da, meine
Eltern, meine 14 Geschwister und ich. Der Park ist riesig. Es gibt unzählige Blumenbeete und
Spielplätze. Wir haben dann immer ein Zelt aufgebaut und ein Lamm gegrillt. Und wir sind zum
Eisladen gegangen und haben diese Riesendinger gekauft. Es gibt die Geschmacksrichtungen
Vanille, Mango und Schokolade, und kaum einer schafft es, das Eis unfallfrei zu essen. Die
Türme auf der Waffel kippen oft um. Das gibt dann immer ein großes Hallo. Der Park war ein
Stück Heimat für mich, obwohl ich gar nicht aus Teheran komme. Als ich neun war, bin ich mit
meiner Familie aus Afghanistan geflohen, weil dort die Taliban herrschten. Aber als Afghane
hat man im Iran keine Perspektive. Jetzt wohne ich in der Nähe von Frankfurt. Es gibt hier
Grünflächen. Aber die sind kein Vergleich zum Mellat-Park.
Sina Delavaran, 25, aus Teheran (Iran) ist gelernter Schweißer und lebt in Oberursel
Zickzack zum Strand
Mein Lieblingsort in meinem Heimatland? Da gibt es nur eine Antwort: der
Strand von
Massawa. Das ist eine Hafenstadt am Roten Meer, in der es das ganze Jahr über heiß
wie in der Hölle ist: 40 Grad im Durchschnitt. Ich habe mal gehört, Massawa sei die heißeste
Stadt der Welt. Trotzdem ist es am Strand angenehm, man kann ja im Meer schwimmen. Von Asmara,
der Hauptstadt in über 2.000 Meter Höhe, bin ich mit meinen Freunden mehrmals im Jahr die
Zickzackstraße hinunter zum Strand gefahren. Mehr als 100 Kilometer sind das, da kann einem
ganz schummerig werden. Tagsüber haben wir Volleyball gespielt, abends sind wir tanzen
gegangen. Besonders schön war ein Konzert meiner Lieblingssängerin Helen Meles. Sie ist in
Eritrea sehr bekannt und trat in einem Club in Massawa auf, kurz bevor ich nach Europa
gegangen bin.
Tekeste, 39, aus Asmara (Eritrea) kam 2013 nach Deutschland und lebt heute in einer kleinen Wohnung bei Frankfurt
Kommentare
Dann sollten wir uns mal bedanken für den geschaffenen Platz
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Herzlichen Dank auch an all die unbekannten Brandstifter aus Politik und Wirtschaft
[…]
Das ist der Preis der Rendite, wissen die Flüchtlinge schon wer das Spektakel veranstaltet? Bin mal gespannt was passiert wenn sie's merken.
Gekürzt. Bitte äußern Sie sich differenzierter und verzichten Sie auf Unterstellungen. Die Redaktion/ch
Der länger und länger werdende Rattenschwanz des "Kriegs gegen den Terror" windet sich immer weiter nach Europa hinein. Amerika fühlt sich nicht zuständig. Wer die Kriegstreiber und -Profiteure anspricht und das selige Kuscheln der Transatlantiker-Redaktion stört, wird moderiert.
Vielen Deutschen wird ihre Heimat bald auch sehr fehlen.
Also ich habe da mal eine Frage: was genau wird Ihnen denn fehlen?
Die "Leitkultur", die Sie so pflegen? Was bedeutet das denn, Deutscher zu sein? Ist das ein Privileg? Sie hätten ebenso gut in jedem anderen Land geboren werden können, es ist doch keine besondere Leistung, irgendwo geboren zu werden...
Gehen Sie (weiterhin) jeden Sonntag in die Kirche, essen danach einen Schweinebraten mit Knödel und was Sie sonst noch so vermissen werden in Ihrer Heimat, solange Sie noch können...
"Iyad al-Ahmed, 20, aus Daraa (Syrien) hat in Damaskus Elektrotechnik studiert. Er träumt davon, bald in Regensburg weiterzustudieren"
Ich habe gerade meine Hose angezogen. Mit einer Kneifzange....
Der Neoimperialismus und seine Auswirkungen. So lange die Grosse Koalition einen Grossteil der Deutschen vertritt, braucht man sich nicht zu beschweren. Diese Politik wurde gewählt.
"Diese Politik wurde gewählt." – Nicht von mir ...