Der Rechtspopulismus tobt auch an den Unis. Die reagieren mal souverän, mal hilflos.
Immer montags, wenn die "Leipziger gegen die Islamisierung des Abendlandes" (Legida) aufmarschieren, kann man sich die Universität der Stadt wie eine Festung vorstellen. Es gibt Demos, Plakataktionen, Poetry-Slams; und der Hochschulchor schmetterte den Rechtspopulisten schon das Kirchenlied Sonne der Gerechtigkeit entgegen. Die Uni hat sich so klar wie kaum eine andere Leipziger Institution wider die Wut der Straße positioniert.
Doch neuerdings fragt man sich innerhalb dieser Festung, ob nicht auch hier Pegida-Geist weht. Der Grund sind Äußerungen wie diese: "Es ist natürlich, sich zu wehren, wenn die eigene Kultur untergeht. Die 'Angst des weißen Mannes' sollte wehrhaft werden!" Oder: "Wenn man Illegale nicht mehr ausweisen kann, ohne dass Gutmenschen sich inszenieren, ist das die Besetzung der EU durch Roma und 'Flüchtlinge'." Und: "Es gibt keinen friedfertigen Islam. Das Grundkonzept dieser 'Religion' ist kriegerische Ausbreitung." Die Sätze wurden bei Twitter veröffentlicht. Geschrieben hat sie Thomas Rauscher, Jura-Professor.
Als Ende Januar ein Student bei Facebook empört auf die Tweets hinwies, brach eine Debatte los. Rauschers Äußerungen seien inakzeptabel, "wegen der gegen Muslime bzw. Geflüchtete hetzenden Inhalte", kritisierte der Studierendenrat der Uni. Und die Leitung der Hochschule erklärte: "Wir stellen uns entschieden gegen intolerantes und fremdenfeindliches Gedankengut." Wenn "einzelne Universitätsangehörige" dies anders sähen, sei das "sehr bedauerlich. Solange sie sich als Privatperson äußern, werden wir aber damit leben müssen." Das Thema beschäftigt Uni-Gremien, ist Futter für Mensa-Gespräche, es nährt Debatten im Internet. Hashtag: #adieurauscher.
Wie Pegida-affin darf mein Professor sein? Diese Frage müssen sich Deutschlands Hochschulen stellen. Der Rechtspopulismus ist nicht mehr nur als Studienobjekt, sondern auch als Weltanschauung angekommen. Ist das normal oder alarmierend?
Anruf bei Ulrich Battis, emeritierter Professor für Verwaltungsrecht an der Humboldt-Universität Berlin. Battis sitzt gerade an der 5. Auflage seines Standardwerks Bundesbeamtengesetz, Paragraf 7, "Gewährleistung der Verfassungstreue". Müssen Unis über Äußerungen wie die des Leipziger Professors einfach hinwegsehen, Herr Battis?
Die Uni-Leitung könne sich in solchen Fällen nur distanzieren, es sei denn, ein Professor überschreite eine strafrechtliche Grenze und betreibe Volksverhetzung, sagt Battis. Entscheidend sei, ob ein Professor sich als Privatperson äußere. "Anders verhält es sich, wenn er solche Sprüche in der Vorlesung zum Besten gibt, es sozusagen eine amtliche Äußerung im Dienst wäre." Dann würde er seinen Lehrstuhl missbrauchen, die Uni-Leitung könnte ihn einbestellen und abmahnen. Professoren, sagt Battis, genießen eine größere Meinungsfreiheit als andere Beamte wie etwa Lehrer, das beruhe auf der Freiheit von Forschung und Lehre. Das Privileg gelte aber nur, solange die Äußerungen das eigene Fachgebiet betreffen.
Das Ganze ist aber weit mehr als eine Rechtsfrage. Es geht an den Kern der Universität: Sie muss die Forschungs- und Meinungsfreiheit verteidigen. Einerseits. Andererseits darf sie kein Hort für Ressentiments und Menschenverachtung werden.
In Leipzig ist Professor Rauscher, nach anfänglichem Zögern, zum Gespräch bereit. Seit 1997 ist er Direktor des Instituts für ausländisches und europäisches Privat- und Verfahrensrecht. Sein Büro liegt im Zentrum, zwischen einem Dönerladen und einem Fitnessstudio für Frauen. Der 61-Jährige, ein hagerer Herr in Nadelstreifenhemd mit Krawatte, steuert in seiner Freizeit mit einer US-Berufspilotenlizenz Kleinflugzeuge. Er tritt höflich auf; nicht wie einer, der schnell in die Luft geht. Dabei ist das geschehen, zigmal bei Twitter. Da schrieb er etwa: "(…) Unser Land verkommt. Banlieue-Horden aus dem Maghreb!" Oder im Januar 2015: "Islamterror in Dresden. JE SUIS PEGIDA!"
Islamterror in Dresden.
— Thomas Rauscher (@Rauscher_RO) 18. Januar 2015
JE SUIS PEGIDA!
Rauscher begann zu twittern, als er 2013 für den Bundestag kandidierte; da war er noch FDP-Mitglied. Er selbst sagt von sich, gesellschaftspolitisch stehe er der CSU nahe, wirtschaftspolitisch immer noch der FDP. Zu Pegida sagt er: "Wenn ich mich als Versteher bezeichne, wird mir das gewiss wieder falsch ausgelegt."
Er sehe eine "Meinungskontrolle" in Deutschland, sagt Rauscher. "Die erinnert mich an die Inquisition." Ernsthaft? "Ich nehme an manchen fachnahen Diskussionen nicht teil, weil man mir einen Strick daraus drehen könnte." Rauscher lehrt auch Familienrecht. Es gebe Studierende, denen missfalle, was er dort vertrete: dass Männer diskriminiert würden, wie der Professor sagt. "Ich fühle mich als nicht homosexueller weißer Mann über 50 in Deutschland als misstrauisch beäugte Spezies. Und in einer ähnlichen Rolle, wie früher Farbige in den USA sie hatten."
Rauscher, laut Kollegen ein "glänzender Jurist", ist auch ein blendender Rhetoriker. Wer ihn fragt, wieso er den Islam für gefährlich halte, dem legt er ein Buch über islamisches Recht auf den Tisch, das er geschrieben hat. Autorität statt Argumente?
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Pikanterweise ist er Ausländerbeauftragter seiner Fakultät- 1
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Kommentare
"Darf ein Professor so was twittern?" --> Ja, das darf er. Meinungsfreiheit gilt nämlich auch für Professoren und Rechtspopulisten.
Wobei die grundsätzliche Frage ist, ob inhaltsleere Parolen und Zugehörigkeitsbekenntnisse eine Meinung darstellen oder nicht.
Ganz einfach- nein!
Ach ja, und warum nicht ? Weil Ihnen dessen Meinung nicht gefällt?
Ist Ihnen klar, dass Sie sich damit vom Grundgesetz meilenweit entfernen, und damit zu einem Verfassungsfeind werden ?
Puh, Verfassungsfeind, ja? Gut, dass das alles so einfach und einwandfrei ist.
Fragt Euch einfach mal, ob ein Professor, "refugees welcome" twittern darf. Wenn ja, ist die Antwort auch in diesem Falle ja.
Sonst ist das Meinungsfreiheit à la Kim-Jong-Un.
Und mehr Rechte für Homosexuelle? Mehr Barrierefreiheit für Behinderte? Und mehr Toleranz für Fremde?
Ist das ihrer Meinung nach auch gleichzusetzen mit den Sprüche besagter Professoren? Seit wann ist mehr Freiheit und mehr Toleranz etwas negatives? Und sich dagegen auszusprechen, Meinungsfreiheit a la Kim Jong Un?
Muss ich erst aufrufen, Sie wegen was-weiß-ich zu diskriminieren, damit sie kapieren, dass die von Ihnen definierte Meinungsfreiheit nicht die gleiche Seite der Medallie und damit genauso wünschenswert oder erforderlich ist?
Es gibt keine wünschenswerte oder nicht wünschenswerte Meinungsfreiheit. Beide sind untrennbar miteinander verbunden und das aufspalten zu wollen, ist ein Widerspruch in sich.
+++ Ist das ihrer Meinung nach auch gleichzusetzen mit den Sprüche besagter Professoren? +++
Moralisch, nein. Rechtlich, ja.
Meinungsfreiheit gilt nicht nur für "gute" oder "argumentativ starke" Meinungen, sondern eben für alles, was nicht strafrechtlich relevant ist. Zumindest solange es privat erfolgt.
Die Meinung zu bewerten und seine Schlüsse bezüglich der Person zu ziehen obliegt dem Hörer. Nur sollte man im Gegenzug nicht von Repressalien reden, wenn für den Posten des Integrationsbeauftragten in Folge jemand anders gewählt wird.
exakt das.
Zu besetzten Häusern habe ich auch schon von Professoren oder Unimitarbeitern Tweets gelesen, da hat auch keiner was gesagt.
Würde was über die AFD getwittert werden, gäbe es gleich geschrei
Barrierefreiheit ist etwas grundsätzlich positives.
Der Zuzug von Menschen nicht.
Etwas überspitzt gesagt.
Würde ein Professor twittern
"20 Million refugees welcome" dann würde ich das nicht als positives Ereignis sehen, Sie etwa ?
sondern dann wäre der Punkt erreicht, wo jeder weiß, das unser Sozialsystem, und all unserer Einbezahlten Beiträge bald verpulvert werden.
"Barrierefreiheit ist etwas grundsätzlich positives.
Der Zuzug von Menschen nicht."
Nun, dann hoffe ich bei allem Respekt, dass sie diese Geisteshaltung bei Ihrem nächsten Umzug um die Ohren geschlagen bekommen. :)
Denn anche Menschen lernen wohl nur dann, wenn Sie Benachteiligung am eigenen Leib erfahren. Und bevor sie mir jetzt mit der das-Abendland-geht-unter Argumentation kommen - es geht mir hier um eine direkte, menschenfeindliche Ablehnung aus nichtigen, teils egoistischen Gründen. Nicht um eine Mehrbelastung der Staatskasse im Promillebereich.
Hass und Volksverhetzung sind keine Meinung. Niemand darf gegen eine ganze Religion wie das Judentum oder den Islam hetzen. Der Islam gehörte schon zu Deutschland als Leipzig noch in "der Zone" war
Der Islam wird niemals zu Deutschland gehören! Religionen haben in einer aufgeklärten Gesellschaft nichts verloren! Religionen braucht nur, wer selbst keinen Glauben hat.
Wenn man sagt, dass der Islam eine totalitäre und kriegerische Ideologie ist, ist das keine Hetze, sondern eine auf den Koran zu stützende Tatsachenfeststellung.
"Wenn man sagt, dass der Islam eine totalitäre und kriegerische Ideologie ist, ist das keine Hetze, sondern eine auf den Koran zu stützende Tatsachenfeststellung."
Sehen Sie, genau das ist das Problem. Das ist eben keine Tatsachenfeststellung. Eine Tatsachenfeststellung wäre "auch der politische Islam, inklusive der totalitären und kriegerischen Interpretation, bezieht seine Rechtfertigung aus dem Koran".
Verstehen Sie den Unterschied? Ich fürchte nicht.
"Verstehen Sie den Unterschied? Ich fürchte nicht."
Ihre Furcht ist unbegründet.
Jedoch ist Ihre Diffferenzierung wohlwollend gegenübedem Islam, aber ungerechtfertigt.
Die kriegerischen Aussagen im (Koran (z. B. der Schwertvers, Tötet die Ungläubigen, wo immer ihr sie findet, Sure 9,2) stammen alle aus Mohammeds Spätzeit in Medina, und nach allgemeinen Verständnis abrogieren die späten Verse im Koran die friedlicheren aus der Zeit Mohammeds in Mekka.
Dann müsste ja jeder Muslim schwertschwingend durch die Gegend rennen. Mich hat mein Döner-Verkäufer jedoch noch nie mit dem Dönermesser bedroht. Wartet er nur auf den richtigen Moment? Dass er so gerne Raki trinkt, ist dann auch nur ein perfider Trick, um mich einzulullen? Jetzt fürchte ich mich auch!
Ich habe von dem Islam an sich als Religon oder besser als Ideologie gesprochen und nicht von dem einzelnen Menschen, der von sich sagt, er sei ein Muslim.
Verstehen Sie den Unterschied? Ich fürchte nicht.
Ausserdem legt Mohammed seinen Gläubigen die TaqiyyaansHerz. Jeder Muslim ist gehalten, die Ungläubigen über seine wahren Ab- und Ansichten zu täuschen, wenn es Allah und dem Islam dient.
Genau, das ist das Problem. Sie verurteilen den Islam und damit jeden einzelnen Muslim. Und das nur auf Grund ihrer persönlichen Koranauslegung. Dabei nehmen viele bekennende Muslime nicht alles wörtlich was geschrieben steht, sondern leben ihren Glauben eher liberal.
Im Grunde machen sie den gleichen Fehler wie die Fundamentalisten. Sie suchen sich alles aus was zur Rechtfertigung von Gewalt nützlich ist und ignorieren den Rest.
Fundamentalismus ist übrigens eine christliche Erfindung aus Irland. Die Nächstenliebe im Neuen Testament war zu"weich" für den Bürgerkrieg. Das Fundament also das Alte Testament hat dagegen Kriegstaugliche Zitate zu bieten: "Auge um Auge..." Das Zitat stammt übrigens aus einer Zeit als es noch üblich war an der Familie von Mördern Blutsrache zu nehmen. «Auge um Auge» bedeutet also eine "angemessene" Strafe für Verbrecher und die Schonung unschuldiger Verwandter.
Sie begreifen einfach den logischen Fehler nicht, den Sie machen.
Jeder, der sich als Muslim sieht, glaubt persönlich an den Islam.
Damit gilt Ihre Aussage über den Islam auch für jeden Muslim.
Da der Islam keine übergeordnete Autorität hat, gibt es "den Islam" aber nicht.
Daher ist jede pauschalisierende Aussage über "den Islam" a priori inhaltlich falsch.
Anders ist das z.B. bei der katholischen Kirche. Diese hat offizielle Positionen, d.h. dort kann man sagen "Das katholische Christentum ist...".
Fangen Sie doch einfach mal an, sich mit dem Begriff "Differenzierung" anzufreunden. Ich weiß, es ist anstrengend, aber Sie werden mit einem deutlich tiefergehenden Weltbild belohnt.
entspricht eine freie Meinungsäußerung dem Grundgesetz?
Angenommen, er dürfe es nicht und tut es trotzdem. Was passiert dann? Soll er seinen Beruf nicht mehr ausüben dürfen?
Schauen wir ins Archiv der Zeit:
Berufsverbote: ein Stückchen Faschismus
http://www.zeit.de/1973/35/b…
Wenn er es nicht darf und sein Beruf eine gewisse Seriösität oder auch Neutralität erfordert dann wird man sich mit disziplinarischen Maßnahmen auseinandersetzen müssen oder nicht?
Deutschland leistet sich eine Bundestagspräsidentin namens Claudia Roth, die auf Demos hinter dem Transparent "Deutschland, Du mieses Stück Sch...e" marschiert, dann sollte ein pegidafreundlicher Professor auch zu ertragen sein.
https://www.bayernkurier.de/…
Seltsam eine Frau Roth war noch nie Bundestgaspräsidentin?
Lügen Sie etwa?