Die Armee spielte in der türkischen Politik stets eine bedeutende Rolle. In der 75-jährigen türkischen Demokratie übernahm sie dreimal die Macht und lenkte mehrfach mit Memoranden die Richtung der Politik.
Erdoğan wusste, dass nur laizistische Generäle ihn am Fortkommen hindern können. Als er 2007 seine Macht gefestigt hatte, führte er zusammen mit Staatsanwälten der Gülen-Bewegung eine Säuberung durch und gab ihr den Anstrich einer "Zivilisierungsinitiative", wodurch er sich die Unterstützung des Westens und der Liberalen in der Türkei sicherte. Laizistisch ausgebildete Offiziere wurden der Putschvorbereitung bezichtigt und abgewickelt. Damit war der Weg frei für regierungstreue Kräfte in der Armee, 2015 wurde der aus islamistischen Verbänden hervorgegangene Militär Hulusi Akar an die Spitze der Truppen gesetzt.
Der Putschversuch vom 15. Juli 2016 gab Erdoğan schließlich die Gelegenheit, sämtliche Gegner aus der Armee zu entfernen. Nun waren die Gülenisten dran, die seinerzeit bei der Entfernung der laizistischen Generäle eine Rolle gespielt hatten. 17.000 Personen wurden entlassen, darunter 150 im Generals- oder Admiralsrang.
Nach dieser Säuberung war die Befehlsebene erheblich geschwächt. Es gab plötzlich mehr Flugzeuge als Piloten. Mit vorzeitigen Entlassungen und verkürztem Wehrdienst wurde der Umfang der Armee reduziert. Islamistische Offiziere mit geheimdienstlichen Anmerkungen wie "Frau trägt Kopftuch" oder "regierungstreu" wurden durch Beförderung in entscheidende Positionen gehievt.
Die jüngsten Säuberungen erfolgten nach Erdoğans Niederlage bei den Kommunalwahlen. Der Präsident brauchte dringend einen Triumph, um die Schlappe vergessen zu machen. Er plante eine Operation gegen die Kurden in Syrien, stieß aber auf den Widerstand der mit den Kurden verbündeten USA. Nach langen Verhandlungen fand Washington eine Formel, um Ankara an einem Abenteuer östlich des Euphrats zu hindern: Man gründete gemeinsame Einsatzkräfte und übertrug Generalmajor Ahmet Çorbacı das Kommando.
Am Morgen des 19. August geschah, was befürchtet worden war: Bei Idlib wurde ein türkischer Militärkonvoi attackiert. Drei Zivilisten starben in einem Zivilfahrzeug. Kurz darauf wurde bekannt, dass eine russische Su-22 den Angriff geflogen hatte und es sich bei den Getöteten um Aktivisten der Fajlak al-Scham handelte, des bewaffneten Arms der Muslimbrüder in Syrien. Russland warf der türkischen Regierung Unterstützung der Terroristen vor.
Als die Spannungen mit Moskau sich verschärften, vereinbarte Erdoğan ein Treffen mit Putin. Noch vor dem Abflug aber wurde er vom Rücktritt Çorbacıs überrascht. Mit ihm dankten vier weitere Generale ab, die an der Grenze Einsätze leiteten. Gerüchten zufolge hatten sie sich gegen die jüngste Säuberung in der Armee, unwürdige Ernennungen und den allgemeinen Zustand der Streitkräfte gestellt.
In letzter Zeit spielte Erdoğan ein gefährliches Spiel, indem er Moskau gegen Washington und Washington gegen Moskau ausspielte. Jetzt hat er beide vergrätzt. Während er außenpolitisch mit dem Feuer spielt, muss er nun auch im Inneren Feuer löschen. Ob ihm das mit Kommandeuren gelingt, deren "Frauen Kopftuch tragen", ist fraglich.
Aus dem Türkischen von Sabine Adatepe
Kommentare
Ein türkischer "Beobachtungsposten" wurde heute erstmalig direkt (und anscheinend ganz gezielt) beschossen.
"Pro-Assad forces have targeted Turkish observation point near Shar Maghar"
Mit entsprechendem Video:
https://syria.liveuamap.com/…
Der Besuch Erdogans in Moskau hat wohl nicht so viel gebracht.
"In letzter Zeit spielte Erdoğan ein gefährliches Spiel, indem er Moskau gegen Washington und Washington gegen Moskau ausspielte"
Putin ist nicht dumm, er hat das Spiel Erdogans mitbekommen. Es wird noch schlimmer für Erdogan kommen. Er wird fallen gelassen wie eine heiße Kartoffel.
Und von der These, dass die Türkei die zweitgrößte Armee in der Nato hat, kann man sich getrost verabschieden.
Ob ihm das mit Kommandeuren gelingt, deren "Frauen Kopftuch tragen", ist fraglich.
Das ist sowohl Islam als auch Frauenfeindlich und die typische atheistische Dündar bzw CHP Sprache.
Warum soll eine Frau mit Kopftuch oder ein Mann dessen Frau ein Kopftuch trägt nicht zu den selben Dingen Fähig sein.
Genau diese Einstellung / Ausgrenzung hat die CHP jahrzehntelang in der Türkei betrieben und hat die AKP bzw. Erdogan erst möglich gemacht.
Bräuchte es solche Zusatzbemerkungen, wenn man lediglich die Fähigkeiten des Kandidaten betrachtet?
Die Anführungszeichen deuten auf ein Zitat hin, welches von Erdogan wahrscheinlich genauso formuliert wurde.
Es ist ein Zitat, von Dündar selbst, dass er es aus Geheimdienstberichten des türkischen Geheimdienst übernommen hat. Wobei der Geheimdienst diese Anmerkung zu kemalistischen Zeiten eher als negatives Attribut für die Loyalität einer Generals gewertet hat. Bei der Stasi würde stehen, Ehefrau liest das evangelische Kirchenblatt und Merkel, bzw. AKK befördert dann bevorzugt solcherart diskreditierte Ehemänner.
Dündar sollte diese Anspielung trotzdem unterlassen. Denn für Erdogans Beförderungskriterien kann man weder die Ehefrauen noch die Ehemänner verantwortlich machen. Dem liegt nämlich die gleiche Denkungsart zu Grunde, als ob man sagen würde, als typischer Südländer denkt auch Dündar, der Ehemann ist für die Einstellung und das Auftreten der Ehefrau verantwortlich. Nicht das ich das wirklich denken würde....
“Ob ihm das mit Kommandeuren gelingt, deren "Frauen Kopftuch tragen", ist fraglich.”
Hat die Zeit nicht das Recht oder verspürt man in der Redaktion nicht den Wunsch hier mal mäßigend einzugreifen?
Das ist nicht mal subtil islamophob, es ist rassistisch antimuslimisch und frauenfeindlich.
Dieser anti-islamische Muslim Can Dündar auch. Dieser Türkische Rassist. Oder doch eher: Die unfreiwillig komische Selbstentlarvung eines Überkorrekten. Merke: Es gibt nun mal Moslems, die mögen keine Islamisten. Ob die sich Ihre Nachhilfe gefallen lassen müssen?
"In letzter Zeit spielte Erdoğan ein gefährliches Spiel, indem er Moskau gegen Washington und Washington gegen Moskau ausspielte. Jetzt hat er beide vergrätzt. Während er außenpolitisch mit dem Feuer spielt, muss er nun auch im Inneren Feuer löschen. Ob ihm das mit Kommandeuren gelingt, deren "Frauen Kopftuch tragen", ist fraglich."
Der in der Türkei grassierende Militarismus ist doch eher als Problem zu verstehen.
Ob denn nun Kommandeure (ganz unabhängig von der Kopfbedeckung ihrer Ehefrauen) die Problemlöser sein können, wage ich zu bezweifeln.
Ich habe diesen Kommentar an der falschen Stelle gepostet, aber die Redaktion um Löschung gebeten.
"Hat die Zeit nicht das Recht oder verspürt man in der Redaktion nicht den Wunsch hier mal mäßigend einzugreifen?
Das ist nicht mal subtil islamophob, es ist rassistisch antimuslimisch und frauenfeindlich."
Sogar ich, der sofort auf die Barrikaden geht, wenn ich irgendwie Islamophobie oder Rassismus rieche (wofür in diesem Forum zugegebenermaßen sehr viel Gelegenheit ist), habe das Bild verstanden, das Hr Dündar hier verwendet. Ob es besonders geschickt war, genau DIESES Bild zu verwenden, oder ob nicht vielleicht ein anderes besser gewesen wäre, sei mal dahingestellt.
Was weiß Herr Dündar von den deutschen Befindlichkeiten? Er hätte in seinem Kampf laizistischer Moslems für die Demokratie und gegen National-Islamisten Unterstützung verdient. Stattdessen : Political Correctness und Oberlehrertum.
Was ist der genaue Unterschied zwischen "subtil islamophob" und "rassistisch antimuslimisch"?
Ich könnte ja noch verstehen, dass Sie denken Dündar sei "antimuslimisch", aber wo nehmen Sie das "frauenfeindlich" her?
Klar .... also "muslimisch" deutet hin auf eine Rasse die seit 1400 Jahren aus ältere Rassen hervorgegangen ist .... Hört doch bitte mal auf mit diesem Schwachsinn.
"Er hätte in seinem Kampf laizistischer Moslems für die Demokratie und gegen National-Islamisten Unterstützung verdient."
Danke für den Witz!
Die türkischen Laizisten wie dieser Dündar sind mehrheitlich die übelsten Faschisten auf diesem Planeten.
Dagegen ist Nordkorea ein religionsfreundlicher Ponyhof.
Glücklicherweise wird die Religionsfreiheit in der Türkei vor diesen Menschenrechtsfeinden nun robust verteidigt:
https://nex24.news/2019/08/kirchenbau-in-der-tuerkei-christlicher-bischof-dankt-erdogan/
Nein, das ist im Zusammenhang mit dem Text eine berechtigte Aussage.
Ich fürchte, dass Sie die Anspielung nicht verstanden haben.
Anders ausgedrückt: In diesem Kontext verstehe ich diesen Satz komplett anders (als Rückwärtsbezug) und so hat es auch wenig Sinn auf Ihre Einlassung zu antworten.
Es ist jedenfalls nichts, was der Autor in Bezug auf das Kopftuch ausdrückte, sondern vielmehr eine Anspielung auf die zugrunde liegende Auswahl geeigneter Kommandeure.
Will sagen: Nach meinem Verständnis steht die Frage im Raum, ob das Verheiratet sein mit einer Kopftuchträgerin als Qualifikationsmerkmal ausreichend ist und wie weit man mit derart Qualifizierten kommen mag.
Es geht ganz sicher nicht darum, dass man kein guter Kommandeur sein könne, wenn die Angeheiratete ein Kopftuch trägt....
Aber gut....Ihre Meinung sei Ihnen gegönnt...
Wenn es, was die Typographie mit den Anführungszeichen nahelegt, ein Zitat ist, müsste dann nicht Ihr Kommentar als "rein polemischer Sophismus ohne erkennbaren Sinngehalt" gelöscht werden?
Um mal den Artikel zu zitieren:
>> "Islamistische Offiziere mit geheimdienstlichen Anmerkungen wie "Frau trägt Kopftuch" oder "regierungstreu" wurden durch Beförderung in entscheidende Positionen gehievt."
Wenn Sie also nicht davon ausgehen, daß Herr Dündar persönlich die geheimdienstlichen Anmerkungen des türkischen Militärs schreibt, bleiben nur zwei Alternativen.
1. Ihr Kommentar ist vollkommener Blödsinn.
2. Sie haben den Artikel nicht richtig gelesen oder er überfordert sie sprachlich heillos
Sie haben ganz offensichtlich Schwierigkeiten mit den Begriffen "Religionsfreiheit" und "Faschismus"!
Die Verteidigung von "Religionsfreiheit in der Türkei vor Menschenrechtsfeinden" an der Sanierung von Kirchen, Klöstern und der Rückgabe geraubter Kirchengüter an Religionsgemeinschaften festzumachen, ist starker Tobak - verändert aber die Realität nicht wesentlich!
Beim Schulfach „Religiöse Kultur und Sittenlehre” handelt es sich keineswegs um einen Unterricht über Religion und Ethik, sondern schlicht um sunnitischen Religionsunterricht. Da das Fach Pflichtfach ist, müssen alle Schüler, auch die Angehörigen islamischer Minderheitengruppen wie der Aleviten, Caferi, Jeziden und Rahai an diesem Unterricht teilnehmen.
Auch wenn sich die Lage religiöser Minderheiten in der Türkei mit Beginn der AKP-Herrschaft leicht verbessert hat, ist laut Menschenrechtsorganisationen und vielen Betroffenen selbst die Religionsfreiheit in der Türkei jedoch nach wie vor weit davon entfernt, ihrem Namen gerecht zu werden.
Was das betrifft, kann die "moderne Türkei" dem Osmanischen Reich nicht das Wasser reichen.
Das Kopftuch der Tante oder der Großmutter war in den späten neunziger Jahren ausreichend um aus der Armee entfernt zu werden.
Dieses vorgetragene Misstrauen gegen Religiosität ( oder profaner: Kultur ) ist die Grundlage auf der Dündar Ihnen jetzt den Bären aufbindet im türkischen Militär würde eher nach der religiös-moralischen Verlässlichkeit der Ehefrau befördert. Umgekehrt wird ein Schuh draus: der Beweis eines absolut sauberen Leumunds im Sinne des Laizismus in der Güte des (proto-)faschistischen Kemalismus war über bestimmte Strecken die Vorraussetzung für eine Karriere im Militär, wie auch in der - nicht weniger militärisch gedachten - staatlichen Bürokratie oder dem Bildungs-, bzw Erziehungsektor.
Das es jetzt nicht mehr so gehandhabt wird von Dündar und anderen dahingehend verkehrt die Religiosität oder das religionskonforme Verhalten der Ehefrau wäre eine Zugangsvorraussetzung.
Das Kopftuch der Tante oder der Großmutter war in den späten neunziger Jahren ausreichend um aus der Armee entfernt zu werden.
Dieses vorgetragene Misstrauen gegen Religiosität ( oder profaner: Kultur ) ist die Grundlage auf der Dündar Ihnen jetzt den Bären aufbindet im türkischen Militär würde eher nach der religiös-moralischen Verlässlichkeit der Ehefrau befördert. Umgekehrt wird ein Schuh draus: der Beweis eines absolut sauberen Leumunds im Sinne des Laizismus in der Güte des (proto-)faschistischen Kemalismus war über bestimmte Strecken die Vorraussetzung für eine Karriere im Militär, wie auch in der - nicht weniger militärisch gedachten - staatlichen Bürokratie oder dem Bildungs-, bzw Erziehungsektor.
Das es jetzt nicht mehr so gehandhabt wird von Dündar und anderen dahingehend verkehrt die Religiosität oder das religionskonforme Verhalten der Ehefrau wäre eine Zugangsvorraussetzung.
" Das Kopftuch der Tante oder der Großmutter war in den späten neunziger Jahren ausreichend um aus der Armee entfernt zu werden. "
Sie wiederholen diese Behauptung in verschiedenen Beiträgen. Haben Sie vielleicht eine - deutschsprachige - Quelle? Danke.
Wissen Sie, ob Herr Dündar sich selber als Muslim begreift und bezeichnen würde? Ich weiß es nicht, und es ist mir in dem Zusammenhang auch egal, ob er ein Kemal listig war oder ein AfD – Islam hasse ist. Seine Äußerung ist auf jeden Fall diskriminierend und islamfeindlich, selbst wenn er 1000 mal ethnischer Türke sein sollte. Außerdem lässt er elegant unter den Tisch fallen, dass es jahrzehntelang umgekehrt war, dass dort ein an der religionorientierter Lebenswandel den selbst Ausschluss von Führungspositionen bedeutete.
Deutschsprachige Quellen dafür wird schwierig zu finden sein, zumal wenn man auch noch verlangt, dass sie nicht AKP – nah sein dürfen. Denn die Deutschen fanden das ja jahrzehntelang durfte, dass die praktizierenden Muslime vom radikalen türkischen Laizismus marginalisiert und unterdrückt worden. Deshalb haben sie das nicht als problematisch aufgespießt.
Worin unterscheiden sich denn Ihrer Ansicht nach der Beweis eines absolut sauberen Leumunds im Sinne des Laizismus in der Güte des (proto-)faschistischen Kemalismus und der Beweis eines absolut sauberen Leumunds im Sinne des Islamismus in der Güte des (proto-)faschistischen Erdoğanismus bzgl. einer Karriere im Militär, der staatlichen Bürokratie oder dem Bildungs- (?) und Erziehungssektor?
Selbst wenn seine Bemerkung "islamfeindlich" wäre - tatsächlich ist sie islamistenfeindlich - , seit wann darf man Religionen nicht mehr ablehnen? Das ist ein völlig legitimer Standpunkt. Man darf Luther ablehnen, den Katholizismus verabscheuen, - und selbstverständlich auch den Islam. Alles davon ist im Rahmen der Freiheit des Menschen. Man muß es nicht tun. Aber man darf es.
Und? Wenn man zw. säkularen Nationalisten - zu denen Sie Can Dündar mal eben rechnen - und National-Islamisten wählen muß, dann sind die Nationalisten die bessere Wahl für den Westen. Keine gute, aber eine bessere. Erdogan ist tatsächlich sogar viele Jahre vom Westen unterstützt worden, weil man in ihm den islamischen Demokraten sehen wollte. Nur ist er das nicht. Er ist eine Führerfigur, wie es sie in der Dritten Welt eben immer wieder gibt. Das Problem, dass die Türken keinen gemeinsamen demokratischen Konsens finden können, sondern in Gruppen zerfallen, die sich spinnefeind sind, das sollte nicht das Problem des Westens sein. Umso mehr, als die Türkei mit einem Erdogan, der Verwaltung, Gerichte und Wirtschaft konsequent von Fachleuten reinigt, nicht sehr erfolgreich sein wird.
Natürlich darf man Religionen ablehnen. Und religiöse Menschen dürfen Religions Feinde ablehnen. Beziehungsweise für ihre Bekehrung beten…
Wenn Sie Ahnung von der Türkei hätten, dann wüssten Sie, dass Erdoğan in seinen ersten Jahren auch tatsächlich die Islam demokratische Lichtgestalt gespielt hat, die der Westen in ihm sah. Es ist sein Verdienst, das Land aus der kemalistischen Erstarrung und Korruption geführt zu haben. Dass er dann allerdings die Kemalistische Führungsschicht durch seine eigene ersetzte, war der Schritt in den negativen Grenznutzen für das Land, wo er jetzt ganz tief drin steckt. Natürlich muss er jetzt weg, und wird das wenn Gott will auch bald sein. Aber wer leugnet, dass er sich in den ersten Regierungsjahren große Verdienste um die Modernisierung des Landes erworben hat, der zeigt dabei eigentlich nur, wie wenig Ahnung er von der Türkei hat.
Es geht hier eigentlich darum, daß Dündar ein Stilmittel der kemalistischen Republikbewahrer - nämlich: die paranoide Durchleuchtung der Verwandtschaft von Militärangehörigen zum Lackmustest für die richtige Gesinnung zu machen - rhetorisch zu einer gegenteiligen Aussage verkehrt, als wäre man erst unter Erdogan darauf gekommen die Verwandtschaft bei der Beurteilung von leitenden Dienstgraden zum Kriterium zu machen.
Ihre Frage ( deren Hauptmotivation ich in der Ihnen Lust bereitenden Verwendung der Worthülse - (proto-)faschistischen Erdoğanismus - vermute) gleitet meiner Meinung nach ins Leere, denn wenn der Leumund nach der Güte des (proto-)faschistischen Kemalismus darin besteht ABSOLUT keine religiöse Verwandtschaft zu haben, also bis in die Ahnenreihe frei von Verdacht zu sein, so ist doch in der Umkehrung eben die Enthaltung bei religiösen Fragen kein Ausschlusskriterium, wie selbst der Dündar-Text belegt.
So totalitär und autoritär wie der Kemalismus in seiner Wurzel ist, Erdogan und die AKP wird man nicht dahin umgewertet bekommen. denn zum Faschismus gehört immer sehr viel Ideologie, bei Erdogan gibt es ein bißchen, aber lange nicht genug für diese Diagnose.
wer die türkischen säkularen Nationalisten für die bessere Wahl hält - hält der auch die DDR für das bessere Deutschland ?
In der Tat ist die "Enthaltung bei religiösen Fragen kein Ausschlusskriterium", wie uns ein Bild der Ehefrau des aktuellen Verteidigungsministers und ehemaligen Generalstabschefs zeigt.
Dündar spricht doch lediglich davon, dass sich bestimmte geheimdienstliche Anmerkungen in Personalunterlagen von Offizieren offensichtlich karrierefördernd ausgewirkt haben - während sie früher wohl eher für das Gegenteil sorgten.
Die Psychologie nennt das, glaube ich, Gruppenzwang.
Was Sie da alles hineininterpretieren!?
Ihr hanebüchener Unsinn vom „(proto-)faschistischen Kemalismus“ verlangt nach einer Entgegnung:
Tatsächlich wurde in der Türkei Anfang der 1930er Jahre eine intensive Debatte über die "Verwandtschaft“ des Kemalismus mit dem italienischen Faschismus geführt, und zwar zu einer Zeit, in der die Kemalisten damit begannen, eine Ideologie zu erarbeiten, der man eine gewisse Kohärenz unterstellen durfte und die 1931 in das Programm der CHP und 1937 in die Verfassung übernommen wurde (6 Pfeile).
Die Kemalisten wollten nationalistische, laizistische, gebildete, europäisch orientierte moderne citoyens, Bürgerinnen und Bürger, die europäische Hüte statt des Fes tragen, in lateinischer Schrift statt Arabisch lesen und schreiben, ins Theater oder den Klub statt in die Moschee gehen sollten.
Die Türkei ist dabei nicht den Weg in die totalitäre Diktatur in Form faschistischer Herrschaft gegangen, sondern blieb mit allen offenkundigen Abstrichen (sic!) auf dem Weg der Republik und der Grundlagen (!) eines demokratischen Systems.
Mit Ihrer Behauptung wiederholen Sie lediglich die in den späten 1960er erhobenen Vorwürfe aus dem linken politischen Lager, die den Kemalismus als Faschismus attackierten. Mein Beitrag # 4.18 sollte Sie darauf hinweisen, dass es sich dabei um einen gänzlich unhistorischen, analysefreien und polemischen Faschismusbegriff handelte, der vom Kemalismus ohne weiteres auf den „Erdoğanismus“ übertragen werden kann, auch wenn letzterer ersteren zu überwinden sucht.
Wir haben in Deutschland Religionsfreiheit. Aber das heißt nicht, dass jeder Mensch gut über Religionen denken oder reden muss. Das gleiche gilt übrigens auch für Parteien. Sie müssen nicht gut über AfD oder Linke reden, nur weil das erlaubte Parteien sind. Eine Partei die ein Parteiprogramm wie den Koran hätte, würde augenblicklich verboten werden. Mit Religionen ist man etwas toleranter, weil man ihnen in Deutschland nicht mehr zutraut ihre Religion anderen Menschen auf zu oktroyieren. Der Islam ist, trotz aller Religionsfreiheit, mein Feind, genauso wie katholische Fundamentalisten, die ich unchristliche Faschisten nennen würde.
"Die Kemalisten wollten nationalistische, laizistische, gebildete, europäisch orientierte moderne citoyens, Bürgerinnen und Bürger, die europäische Hüte statt des Fes tragen, in lateinischer Schrift statt Arabisch lesen und schreiben, ins Theater oder den Klub statt in die Moschee gehen sollten."
Sie spulen das so runter als wäre diese Programmierung so unangreifbar gut und richtig, daß man Sie nicht hinterfragen müsste.
Danach sagen Sie, daß die Türkei nicht den Weg in eine totalitäre Diktatur gegangen ist, dabei thematisieren Sie gar nicht die bittere Ironie, daß wenn die Kemalisten sich für eine bestimmte Zeitdurchgesetzt haben, das dieser Erfolg den Preis einer unglaublich großen Kulturrevolution gekostet hat. Mit dem Verweis auf den Erfolg würden Sie zugeben müssen, daß es bei der Durchsetzung nicht auf die Grundlagen unserer Demokratievorstellungen angekommen ist, und das man es deswegen nicht loben kann: es bliebe
"mit allen offenkundigen Abstrichen (sic!) auf dem Weg der Republik und der Grundlagen (!) eines demokratischen Systems."
Denn diese Behauptung wäre - um mit ihren Worten zu sprechen - hanebüchen.
BTW.: ich nenne den Kemalismus lieber proto-faschistisch als faschistisch, weil er die Kriterien eben nicht erfüllt. Aber wenn man hier schon das Ultraböse zu Recht herausdifferenziert hat, dann passt es bei Erdogan noch weitaus weniger.
"Außerdem lässt er elegant unter den Tisch fallen, dass es jahrzehntelang umgekehrt war, dass dort ein an der religionorientierter Lebenswandel den selbst Ausschluss von Führungspositionen bedeutete."
Eigentlich wie in Deutschland. Hier kann eine Frau mit Kopftuch auch keine führungsposition im Staatsdienst bekleiden, ja nicht einmal als Nachrichtensprecherin.
"Eine Partei die ein Parteiprogramm wie den Koran hätte, würde augenblicklich verboten werden."
Im Gegenteil. Wahrscheinlich hätte diese Partei einen riesigen Zulauf, ähnlich wie wir es jetzt in Tunesien gesehen haben.
Da sehr viele, (vielleicht sogar die meisten) Wähler*innen aber voreingenommen sind, würde dieses Parteiprogramm wahrscheinlich von vorneherein abgelehnt, sobald bekannt würde, dass das Parteiprogramm der Koran ist.