ZEIT ONLINE: Frau Breugst, die Autorin Mathilde Ramadier hat in fünf Jahren für zwölf Berliner Start-ups gearbeitet – und ihre Bilanz ist vernichtend. Das typische Start-up scheint demnach auf von Gratis-Obst und Tischtennisplatte versüßte Ausbeutung zu setzen. Wie typisch sind diese Erfahrungen?
Nicola Breugst: Die Frage ist gar nicht so leicht zu beantworten. Studien zeigen, dass Mitarbeiter in Start-ups durchschnittlich mindestens so zufrieden sind wie Mitarbeiter in etablierten Unternehmen. Aber was steckt hinter so einem Mittelwert? Es ist zum Beispiel möglich, dass es einerseits sehr miese und andererseits sehr gute Jobs in Start-ups gibt. Eine andere mögliche Interpretation wäre, dass die Jobs in etablierten Unternehmen auch nicht besonders angenehm sind, also einfach alle Menschen im Schnitt eher unzufrieden sind mit ihrer Arbeit. Es ist ja nun mal so: Wir verkaufen gegen Geld unsere Arbeitskraft.
"Es gibt in Start-ups oft eine gewisse Diskrepanz zwischen dem, was kommuniziert wird, und dem tatsächlichen Arbeitsalltag. Das produziert mitunter Enttäuschungen."
ZEIT ONLINE: Wie wird die Zufriedenheit bei der Arbeit erforscht?
Breugst: Die meisten Studien basieren darauf, dass man Mitarbeiter einen Fragebogen ausfüllen lässt: Auf einer Skala von 1 bis 5, wie zufrieden sind Sie mit Ihren Arbeitsbedingungen, Ihrer Arbeitszeit, den Gestaltungsfreiräumen und so weiter. Daneben gibt es ethnografische Untersuchungen, um die Arbeitskultur zu erfassen. Sie kennen doch bestimmt die Studien von Wissenschaftlern, die unter Affen leben? Im Prinzip das Gleiche wird in Unternehmen gemacht. Die Wissenschaftler verbringen einige Zeit in einer Firma, übernehmen reguläre Aufgaben, nehmen an Meetings teil, verbringen die Pausen mit dem Team und erleben so den Arbeitsalltag und das Klima intensiv mit.
ZEIT ONLINE: Wie unterscheidet sich die Arbeitskultur in Start-ups von der Arbeitskultur in anderen Unternehmen?
Breugst: In Start-ups wird ganz bewusst ein anderer Lifestyle gepflegt; es wird versucht, einen Hype um die Firma zu kreieren: Wir sind anders, wir sind jung, hip und cool! Wir arbeiten im T-Shirt, haben eine Tischtennisplatte und immer ein gekühltes Getränk für euch. Gleichzeitig unterscheiden sich die eigentlichen Tätigkeiten aber gar nicht so sehr von denen in anderen Unternehmen.
ZEIT ONLINE: Am Ende muss man trotzdem arbeiten.
Breugst: Ja, und das kann eben stupide sein, es fallen Routineaufgaben an. Oder wie es ein Gründer mal ausgedrückt hat: Auch in Start-ups muss jemand die Toilette putzen. Es gibt in Start-ups oft eine gewisse Diskrepanz zwischen dem, was kommuniziert wird, und dem tatsächlichen Arbeitsalltag. Das produziert mitunter Enttäuschungen.
Kommentare
»Man muss den Gründern aber zugutehalten: Sie wollen nicht bewusst schlechte Arbeitsbedingungen schaffen, das will niemand. Man will, dass Leute gute Arbeit leisten, und weiß, dass sie dafür zufrieden sein müssen. «
Mir scheint, die Autorin glaubt noch an den Weihnachtsmann. Es herrscht häufig eher das Denken, dass das – gern auch sehr niedrige – Gehalt genug zu sein habe und sonst eben Druck und Entlassung probate Motivationsmittel seien.
Hi,
Ich bin auch selbstständig, ohne Mitarbeiter aber mit einigen Freelancern. Das Problem ist meiner Meinung nach, dass man als Dienstleister immer zwischen den Fronten steht. Ich bezahle Freenlancern, die am Anfang ihrer Karriere stehen oder die ich noch nicht gut kenne, oder über die ich keine Nachweise verfüge, anfangs auch nicht so viel, weil das Risiko besteht, dass der Freelancer den Auftrag versiebt und ich nachher auf den Kosten für Nachbesserungen sitzen bleibe. Sobald sich der Freelancer ein paar Mal bewährt hat und ich darauf vertrauen kann, dass er keinen Mist baut, zahle ich auch gerne etwas mehr. Aber das Leben in der freien Wirtschaft ist nun mal hart und auf Ausbeutung angelegt. Dafür kann aber der Selbstständige auch nichts. Der gibt den Druck von oben halt auch nur an seine Mitarbeiter weiter.
Der Mitarbeiter hat sich dafür auch nicht um den ganzen Dreck zu kümmern: nicht-zahlende Kunden, zu viele oder zu wenige Aufträge, Nachtschichten, Finanzamt, Aquise usw. Im Zweifelsfall kann der Mitarbeiter einfach abspringen und dem Unternehmen den Stinkefinger zeigen.
Ich verstehe allerdings, dass Arbeitnehmer die Bedingungen als ungerecht empfinden. Aber wenn man Sicherheit will, sollte man lieber bei großen Unternehmen anfangen, und sei es nur in der Produktion. Viel Geld UND viel Freizeit ist meist schwer zu erreichen, machen wir uns nichts vor.
Mal ein paar Tips
Es nicht die Firma, der Chef ist die Firma
Kann der Chef mir die Aufgabe klar beschreiben?
Ist der Aufwand (Zeit und Kosten) klar für die Aufgabe vorgegeben?
Lässt der Chef mich arbeiten?
Wenn Probleme auftauchen an wen kann ich mich wenden und werde ich unterstützt?
Werde ich gemäß meiner Leistung bezahlt?
später:
Sind die vorgegebenen Ziele realistisch gewesen und werden diese Ziele im Zeit- und Kostenrahmen tatsächlich erreicht?
...
Da gefühlt 90% der Mitarbeiter einer Firma nicht wissen was sie machen sollen, ist meist schon bei Frage 1 exit.
... aber irgendwo muss der Berufsanfänger ja arbeiten...
aber:
Wie Du einen Beruf beginnst, so gehst Du in Rente ...
Startups zu behandeln wie einen Dax Konzern macht keinen Sinn. Wer da arbeiten möchte muss zuerst das Business Modell checken. Wenn ihr/ihm das nicht zusagt - ab in den öffentlichen Dienst. Ausnahmen sind sehr gut bezahlte Stellen für dringend benötigte Experten . Das gibt es auch. Aber nur für "Experten". Man merkt es am Gehalt. Wer geringes Gehalt akzeptiert braucht als Ausgleich eine Beteiligung . Natürlich nur wenn das Unternehmen eine Chance auf Erfolg hat. Beteiligung wiederum gibt es nur für Leute die auch etwas hinbekommen und schnell sind. Man kann sich aus dem Studium ausrechnen ob man eher gemütlich oder schnell ist.
"Gewöhnliche" Tätigkeiten, z.B das Toilettenputzen werden selten eine Beteiligung bekommen. Das muss jede/r selbst einpreisen - wenn der Basislohn mau ist muss die Beteiligung es bringen. Das kann sie nur wenn der Laden wächst, also das Business Modell stimmt. Riskant ist ein Startup immer. Es muss zur Person passen. Im Durchschnitt verdient ein Gymnasiallehrer mehr als ein IT-Experte (bundesweit). Öffentlicher Dienst/Beamte ist also in der Regel lohnender. Noch dicker sind die Unterschiede bei der Rente 70/42. Nur ist das Beamtendasein langweilig und man hat wenig zu melden. Es kommt auf die persönlichen Vorlieben an was besser ist.
"Wer da arbeiten möchte muss zuerst das Business Modell checken. Wenn ihr/ihm das nicht zusagt - ab in den öffentlichen Dienst”
Das ist ein wenig sehr schwarz/weiß gedacht, oder?
Die Inhalt der Studie die angeblich besagt, dass Männer von Investoren bevorzugt werden ist nicht korrekt referenziert im Artikel. Die Studie gesagt nämlich das "physical attractive males" bevorzugt werden.