Draußen vor der Tür glimmt ein Joint in der Dunkelheit, drinnen vertickt jemand Tabletten ("You need MDMA?") – die Party in dem Technoclub in Wien kann langsam losgehen. Vor einer mit einer Zeltplane abgehangenen Ecke stehen sechs oder sieben Leute und warten, ein Junge mit Pudelmütze und ein Mädchen mit Pickeln auf der Stirn. Sie reden über schlechte Trips und darüber, was sie sich heute noch einwerfen wollen. Alle zehn, zwölf Minuten öffnet sich die Plane einen Spalt breit, jemand huscht heraus, und der Nächste darf durch, zum kleinen Tisch, auf dem eine Waage, ein Laptop und kleine Plastikröhrchen mit Ecstasy und Speed stehen.
Der Mann hinter dem Tisch stellt Fragen, ein Typ mit kurzen Haaren, schwarzem T-Shirt und tätowierten Unterarmen. "Schluckste oder ziehste?" Die Antworten gibt er in ein Formular in seinem Laptop ein. Substanz: Kokain. Konsumart: nasal. Ein paar Milligramm von dem mitgebrachten Koks behält er da, dankt für die Auskunft und händigt zum Schniefen noch einen der kurzen Schläuche aus, die auf dem Tisch liegen, keimfrei und mit nasensanft abgerundeten Ecken. Dann kommt der Nächste in der Schlange dran.
Der Mann hinter der Zeltplane ist kein Dealer, sondern Mitarbeiter eines Forschungsprojektes. Wer mit Koks oder Tabletten in den Club kommt, kann in der Drogenecke eine Probe davon abgeben. Sie wird in einem Labor anonym und kostenlos untersucht und das Resultat noch heute Nacht im Club ausgehängt. Dann erfährt man, ob die Droge gestreckt oder verunreinigt ist. Das Verfahren heißt Drug-Checking. So geht Drogenprävention in Österreich.
Wenn heute über Drogen gesprochen wird, herrschen oft noch die alten Vorstellungen von Perspektivlosigkeit, Beschaffungskriminalität und traurigen Existenzen am Rande der Gesellschaft. Dabei ist die Zahl der Drogentoten in Deutschland so niedrig wie seit 1988 nicht mehr: Im vergangenen Jahr starben 944 Menschen. In Europa ist der Konsum von Heroin in mehreren Ländern rückläufig, der von Crack selten. Das zeigt ein Bericht der Europäischen Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht. Gleichzeitig nehmen viele Leute Tabletten – nicht weil sie süchtig sind, sondern weil sie Spaß haben wollen, ab und zu, in einer Nacht wie heute.
85 Millionen Menschen in der Europäischen Union haben schon mal illegale Drogen genommen, das ist ein Viertel aller Erwachsenen. Und noch nie waren so viele neue Substanzen im Umlauf wie heute. Mehr als 70 bisher unbekannte Drogen sind allein im Jahr 2012 auf den Markt gekommen.
"Die Drogenpolitik muss sich dem veränderten Markt anpassen", fordert Cecilia Malmström, die zuständige Politikerin in der Europäischen Kommission. Aber was bedeutet das genau? Um Antworten zu finden, schauen Politiker in Deutschland in den letzten Monaten unter anderem nach Österreich. Einige mit Hoffnung. Andere mit Grauen.
Es ist kurz vor Mitternacht in Wien. Während im Club bunte Lichter durch die Dunkelheit flackern und die Leute aufdrehen, ragt das Universitätsklinikum düster in den Nachthimmel. Nur im Erdgeschoss brennt noch Licht, in der Toxikologie. Bei jedem Schritt quietscht der Flur, ansonsten ist es hier still. An den Wänden kleben medizinische Plakate und an jeder Tür hängt mindestens ein Warn- und Verbotsschild. "Unbefugten ist der Zutritt verboten", steht da, oder "Achtung, Radioaktivität". Im Labor Nummer 5.10.04 arbeitet das Chemikerteam von CheckIt! So heißt das Projekt der Wiener Drogentester, das von der städtischen Suchthilfe gemeinsam mit dem Institut für Medizinische und Chemische Labordiagnostik betrieben wird. Etwa alle halbe Stunde kommt die Praktikantin herein, mit den neuesten Proben aus dem Club: Ecstasy, Speed und Kokain.
Zuerst ist heute Nacht das Koks dran. Das weiße Pulver wird in Alkohol gelöst und kommt in eine Zentrifuge, in der sich die festen Teile ablagern. Anschließend geben die Chemiker die Flüssigkeit in eine Maschine, die den kleinen Laborraum beherrscht: ein offenes Gestell von der Größe eines Kühlschranks, in dem Displays und Leuchtdioden blinken, Computer und Massenspektrometer verschaltet sind. Hier wird die Koksprobe mit Licht bestrahlt, durch ein Vakuum geschossen und zerschlagen. Es ist eine Art chemischer Hindernislauf, der offenbart, welche Wirkstoffe in welcher Konzentration die Droge enthält – damit die Leute im Club wissen, was sie da schniefen und schlucken.
Kommentare
So geht Drogenpolitik!
In Schland natürlich undenkbar!
So lange die CDU regiert sind illegale Drogen, die Linke und der Teufel das ein und dasselbe!
Mit denen wird nicht verhandelt!
Dann lieber zum Oktoberfest zusaufen, und wenn man in der richtigen Partei ist darf man sogar im Suff jemand totfahren ohne daß die Karriere leidet...
Liberalismus ist mehr als Porno,Drogen und ein bisschen Demo
lustig,wie sich die Zeit wieder mal als Vertretter des neuen Liberalismus aufspielt.
Dazu gehört eben weit mehr als die obigen Dinge.
Immer ein paar politisch korrekt-progressive Artikel raushauen und gleichzeitig den Superstaat beschwören ist alles,aber nicht liberal
Solange....
wir es in der Politik mit solch ausgewiesenen Experten wie Frau Dr. M. wohnhaft in B. zu tun haben....
"...,dass auch der Konsum von geringen Mengen (Hanf) sehr, sehr hohe Abhängigkeiten schaffen kann. Bei Alkohol und Zigaretten ist ein vernünftiger, begrenzter Umfang nicht sofort so suchtgefährdend wie das bei Cannabis nach unserer Auffassung ist...."
http://www.youtube.com/watch…
Natürlich basiert diese Erkenntnis auf "Auffassung" und "Meinung" - nicht auf gesicherte Wissenschaftliche Ergebnissen- das wäre ja noch schöner!
Frei nach dem Motto:
"Bitte verwirren sie meine von falschen Vorurteilen geprägte Politik nicht mit richtigen Fakten"
PS
https://www.openpetition.de/…
Es wäre sicher auch zu viel verlangt Fakten zu berücksichtigen- von einer Physikerin...
Als ehemaliger Kiffer und Säufer ...
... kann ich nur feststellen, was Angela Merkel da von sich gibt, ist einfach nur dummes Zeug.
Es ist viel schwieriger von Alkohol wegzukommen als vom Kiffen. Ich habe zwar einige wenige Menschen getroffen, die es tatsächlich geschafft haben sich stumpf zu kiffen, aber noch nie jemanden der von Gras so kaputt war, wie der durchschnittliche 08/15 Alkoholiker. Und man muss förmlich vor der Gesellschaft fliehen und sich zumindest teilweise verkriechen, wenn man als Mensch mit Suchtneigung vom Alkohol wegkommen will.
Antwort
Weil heir Politziste auch keine B noten für Morde vergeben.
Verbotene Substancen testen un dann beinKauf beraten ist hier wohl desshal illegal weil in den Satz verbotene Substancen unf kaufen drinn vorkommt.
Wenn man legle Substancen testen würde, wäre es hier auch legal nur keinen Zeitungartikel wert.
Leider nein
Drugchecking wird meines Wissens nur in Wien angeboten und auch dort nur alle 1-2 Monate auf irgendwelchen relativ unbekannten Festivals und nicht in clubs oder bei checkit selbst (siehe checkyourdrugs.at: 24.8, 27.9, 31.1). Der Prozentsatz an Konsumenten, die ihre Substanzen testen lassen dürfte dadurch relativ klein sein.
Das ganze kann also eher als Maßnahme zur Analyse des Drogenmarktes als Maßnahme zur Schadensminimierung verstanden werden.
Auch stellen die neuen psychoaktiven Substanzen ein eher geringes Problem dar, da
1. sie in der Regel hochrein sind
2. der Handel in Österreich verboten ist und sie somit selten vorkommen.
Korrelation
"2. der Handel....verboten ist und sie somit selten vorkommen."
Das ist mir neu- das die Häufigkeit und der legale Status von Substanzen wirklich entscheidend korrelieren.
Das würde doch bedeuten das Verbote in dieser Thematik funktionieren...
was aber (q.e.d. in den letzten Jahrzehnten) falsch ist.