Stellen als Unternehmensberater sind begehrt. Doch der Einstieg ist schwer. Worauf Absolventen achten sollten
Bei der Jobsuche
In Deutschland gibt es mehr als 15.000 Beratungsfirmen – Tendenz steigend. Als Hochschulabgänger lohnt es sich, nicht nur Bewerbungen an McKinsey, Roland Berger oder BCG zu schicken. Die großen Namen der Branche versprechen zwar internationale Aufträge, ein hohes Gehalt und gute Chancen auf einen Anschlussvertrag in einem Konzern. Bei kleinen und mittelgroßen Beratungen ist der Einstieg aber leichter.
Auch die Firmenkultur ist dort meist eine andere: Während es bei den Großen sehr harschen Wettbewerb gibt und die Hierarchien streng sind, geht es bei den Kleinen manchmal sogar familiär zu. Oft bekommt man auch schneller ein eigenes Projekt. Kleinere Beratungen sind in der Regel nicht international tätig. Wer nicht jede Woche in einem anderen Hotel schlafen möchte, könnte hier besser aufgehoben sein.
Wie eine Beratung tickt, erfährt man am besten bei Recruiting-Events und Workshops. Dabei geht es etwa für ein Wochenende nach Stockholm, um eine Fallstudie aus dem Medizinsektor zu bearbeiten, oder nach München, um Geschäftsideen zu mobilen Fitnessanwendungen zu entwickeln. So lernt man Berater kennen und bekommt durch Vorträge und Rollenspiele ein Bild davon, wie deren Arbeit konkret aussieht.
Im Lebenslauf
Besonders die großen Beratungen werden mit Bewerbungen bombardiert. Bevor sie Absolventen einladen, sieben die Personalverantwortlichen nach strengen Kriterien aus. "Die Qualität der Bewerbungen ist enorm hoch, trotzdem schafft es nur ein kleiner Prozentsatz durch diesen sogenannten Paper Screen", sagt Christine Rupp, Partnerin und Recruiting-Verantwortliche bei Strategy&. Exzellente akademische Leistungen seien wichtig: Ein Abitur mit Einser-Schnitt sei ein Muss, und auch der Uni-Abschluss sollte zu den besten fünf bis zehn Prozent gehören.
Das Studienfach ist zweitrangig: In der Beratung ist alles erlaubt – ob Germanistik, Stadtplanung oder BWL. "Heute hat nur noch knapp die Hälfte der Berater eine wirtschaftswissenschaftliche Ausbildung", sagt Kai Haake vom Bundesverband Deutscher Unternehmensberater. Gefragt seien technische und naturwissenschaftliche Fächer.
Ob Bachelor, Master oder Doktor – das ist nicht entscheidend. "Bei kleinen und mittelgroßen Beratungen ist es durchaus möglich, direkt nach dem Bachelor einzusteigen", sagt Haake. Weiterbilden kann man sich auch im Beruf: Beratungen wie McKinsey geben etwa bis zu 10 Prozent ihrer Gewinne aus, um ihre Mitarbeiter weiterzubilden. Bachelorabsolventen, müssen meist den Master nachholen, um in der Hierarchie aufzusteigen. Auslandserfahrung und sehr gute Englischkenntnisse sind überall Pflicht. Besonders gerne sehen die Personaler Auslandssemester oder Praktika in internationalen Unternehmen. Am besten zwei bis drei, entweder in der Industrie oder schon bei einer Beratung. An vielen Universitäten gibt es studentische Unternehmensberatungen. Auch dort kann man erste Projekterfahrung sammeln.
Kommentare
Einser Abi ist definitiv nicht nötig. Hab mich bei BCG, McK, Roland Berger mit 1,9er Abi und 1.05 Uni beworben und wurde bei allen eingeladen.
Hab mich letztlich dagegen entschieden. Kenn zu viele die nach 2 Jahren da ziemlich fertig aussahen und nach einem Jahr Diss/MBA dann wieder normal.
Aber Sie haben doch ein 1er Abi, wenn auch knapp :)
Versteh ich nicht, dass ein Top-Abi (und ein Top-Studium) nötig sein sollen.
Ein Unternehmensberater hat seine Kompetenzen noch ruckzuck erworben.
Er muss zum Unternehmer gehen und ihm sagen: Sie kommen mit 10% (oder 15%) "weniger Leuten" aus. Die werden "freigesetzt". Und die Abläufe "verschlankt".
Drei (vier) Vokabeln - alles paletti:
"Weniger Leute", "freigesetzt" (alt.: "abgebaut"), "verschlankt".
That's all.
Naja, dass ist grober Unsinn. Manchmal muss verschlankt werden, manchmal macht es aber auch Sinn zu expandieren, eben weil die Fixkosten hoch sind, z.B. bei 5 ANs 50% ausmachen, bei 10 aber eben nur 25%. Ganz zu schweigen von weichen Faktoren, z.B. wie ist der Chef angesehen, wie hoch ist der Personaldurchsatz pro Jahr etc. Ein guter Unternehmensberater kennt zudem seine Branche und die Eigenheiten, ein Werbeagentur tickt definitiv anders als ein Taxiunternehmen etc. Also bitte nicht solchen Dummfug verzapfen da macht man sich nur lächerlich.
Moralische Aspekte sind bei der Wahl des Berufes, gerade bei dieser Branche nicht erwähnenswert? Aha. :-D
Die Karriere-Abteilung der Zeit ist fest in FDP-Wähler-Hand mit neoklassischer Attitüde, oder? Wer sich für weichere Werte interessiert kann ja zu ze.tt ;-)
So etwas Ähnliches dachte ich mir auch. Verstehe nicht warum hauptsächlich Turbo Kapitalisten Jobs angepriesen werden, Unternehmensberater, Investmentbanker, usw. Und dann kommen die immer mit ihrem falschen Elitenverständnis.
Ich bin als Projektingenieur tätig, und kann aus Erfahrung sagen dass Teams mit durchschnittlich begabten Menschen, mit einem durchschnittlichen Lebenslauf, die besten Ergebnisse abliefern. Denn diese kümmern sich um ihre Arbeit und haben nicht den Fokus auf dem nächsten Karrieresprung. Es sind schon unzählige Projekte gescheitert weil ach so hochbegabte Elitestudenten nur versuchen einem optimalen Lebenslauf zu erreichen, statt ihre Arbeit gewissenhaft zu erledigen.
Fast alle genannten Anforderungen zielen auf eines hinaus: Fleiß.
Wer ein 1,x Abi hat, ist nicht zwangsweise clever. Ich unterstelle, dass die mehrzahl der einser Abiturienten fleißig ist und gut auswendiglernen kann und nur ein verschwindend kleiner Teil das Ergebnis tatsächlich verdient hat.
Man muss sich dazu auch die Arbeitsweise der großen Beratungen anschauen:
Die erste Zeit wird man mit Aufgaben überschüttet, die ausser Fleiß keine großen fachlichen Ansprüche haben. Man ist natürlich sofort Experte und beim Kunden, damit man schön fakturiert.
Ich bin selbst Berater, allerdings in einem kleinen Unternehmen. Zu den großen würde ich nicht wollen. Ich würde es allerdings auch nicht schaffen. Ich habe ein 1,0 Studium, 3 Jahre auslandserfahrung aber ein 2,9 Abi. Warum? Weil mir die Schulzeit zu doof war und mich nicht interessiert hat.
Wer jetzt noch meint, meine Fähigkeiten anhand meines Abiturs bewerten zu können, der zeigt mir persönlich eine geistige Einschränkung und ist somit aus meiner Auswahl an Arbeitgebern ohnehin raus.
Fleiß allein reicht für ein 1,x-Abitur in der Regel allerdings nicht aus, etwas Grips, um das Auswendiggelernte auch tatsächlich korrekt anzuwenden, muss schon vorhanden sein. Ich empfinde es als schade, dass ein sehr gutes Abitur - meist dann noch von schwächeren Abiturienten - entwertet wird, als sei es quasi ein Kinderspiel gewesen.
Selbstverständlich darf das Abitur, welches "nur" ein Schulabschluss ist, nicht überbewertet werden und die großen Beratungen scheinen zu den sehr wenigen AG zu gehören, welche diese Note tatsächlich noch ernsthaft interessiert. Eine Großkanzlei beispielsweise, die ähnliche Gehaltssphären für Berufseinsteiger bietet, interessiert die Abiturnote quasi niemanden mehr, wenn beide Examina mit Prädikat bestanden wurden.