Wie es weitergehen kann
Das Polarisierungsprinzip ist mächtig und verführerisch. Aber es ist sinnlos und langweilig. Denn wo liegt die Herausforderung, wo bleibt die Lust am argumentativen Kräftemessen, am Ausweis rhetorischer Geschicklichkeit, wenn alle Beteiligten ohnehin schon wissen, was sie sagen, wie sie sich verhalten, noch bevor sie den Kommentarbereich betreten?
Eine Debatte kann nur entstehen, wenn auch vermittelnde und abwägende Stimmen gehört werden. Es gibt sie durchaus: Impfbefürworter, die Verständnis für Impfgegner zeigen, so wie skygazer: "Bei aller Liebe zur gesamt-gesellschaftlichen Betrachtung und zum großen Nutzen der Impfungen muss auch klar sein, dass sich das Individuum eben frei entscheiden kann. Und ein ernsthafter Versuch, Impfskeptiker zu überzeugen, liegt in der Auseinandersetzung mit ihren Argumenten. Da kommen aber meistens nur Dummheitsvorwürfe." Es gibt Impfgegner mit Fragen, die den einen banal, den anderen aber diskussionswürdig erscheinen. Es gibt sogar eine Betroffene, die einen Impfschaden erlitten hat, und sagt: "Jedoch lehne ich aufgrund dieser Erfahrung nur für mich Impfungen ab, keineswegs pauschal. Impfungen sind sinnvoll."
Solche Aussagen sind Angebote von Kommentatoren, die sich austauschen und weiterbilden wollen, die Impulse setzen. Aber die Teilhabe an der Diskussion bleibt ihnen größtenteils verwehrt. Dabei könnten gerade die vermittelnden Positionen dazu beitragen, Impfskeptikern die Entscheidungsfindung zu erleichtern und Impfbefürworter über Risiken und Nebenwirkungen aufzuklären. Man müsste nur auf sie reagieren. Einen Versuch wäre es wert – zum Beispiel im Kommentarbereich unter diesem Stück.
Kommentare
Es ist interessant
wie intensiv man ums das Leben diskutieren kann, obwohl man weiß, dass man eh stirbt.
Ähnlich einem Krebskranken, der nächste Woche stirbt, aber einen Plan macht, wo er nächstes Jahr seinen Urlaub macht.
Vermittelnde Debatte?
Eine vermittelnde Debatte zu diesem Thema in einem anonymen Forum zu führen ist ein wirklich hoher Anspruch.
Aus wissenschaftlicher Sicht ist die positive Gesamtbilanz von Impfungen nicht zu bestreiten. Das bedeutet nicht, dass es keine Kritikpunkte gibt und auch die Pharmaindustrie sollte kritisch betrachtet werden (wie z.B. die übereilte Herstellung eines Schweinegrippeimpfstoffes oder Anlegen eines Vorrates an unwirksamen antiviralen Medikamenten).
Die meisten Impfskeptiker ziehen ihre Argumente aber aus diffusen Ängsten, in dem das individuelle Risiko von Nebenwirkungen dramatisch überschätzt wird. Wie könnte man hier in kurzen Sätzen so viel Vertrauen aufbauen, gegenüber einer insgesamt eher wissenschaftsskeptischen Grundeinstellung? Ich weiß es nicht.
Einfach zu lösen
Eltern sollte nach der Geburt ein Dokument zur Unterschrift vorgelegt werden. Wenn diese eine empfohlene Impfung verweigern, werden sämtliche Folgekosten dessen nicht von der Krankenkasse getragen. Also nicht von der Allgemeinheit.
Außerdem wird in Kindergöärten gefragt, ob alle Impfungen vorhanden sind. Sollte dem nicht so sein, sollte die Aufnahme verweigert werden.
Das ist eine Impfpflicht
durch die Hintertür.
Dann sollte man es gleich richtig machen.
Wir haben unsere Kinder damals impfen lassen.
Aber die Skepsis kann ich schon verstehen. So vieles ist uns auch im medizinischen Bereich schon an Unwahrheiten vermittelt worden, als dass ich an die Notwendigkeit der Impfung allein deshalb glauben würde, weil es in der Zeitung steht.
Im übrigen irren die Autoren, wenn sie die Impf-Diskussion als etwas außergewöhnliches sehen.
Fast alle Diskussionen laufen nach diesem Muster ab. Die Kommentare zu Griechenland, Ukraine etc könnte man eigentlich gleich unter jeden Artikel kopieren, da würden wir viel Arbeit sparen.
Interessant aber in der Sache unnötig.
Wahrscheinlich ist das auch so ein typisches Reaktionsmuster von Journalisten in allen möglichen Streitfragen gerne eine "vermittelnde Position" einnehmen zu wollen. Um den Ball mal auf diese Weise zurückzuspielen. :)
In der Sache ist eine neutrale Position hier genauso unnötig wie zwischen Evolutionstheorie und Kreationismus. Dass der Nutzen von Impfungen mögliche Schäden bei weiterm übersteigt ist wissenschaftlich glasklar erwiesen. Die Vertreter der Gegenposition gefährden sich selbst, ihre Kinder und die Allgemeinheit.
Vor allem sind die meisten "Impfgegner"
nicht mal Ärzte.
Tolzin kommt aus der "Milchwirtschaft" und hat nie eine gottgefällige Uni von innen gesehen
Andere sind Biologen etc, also nicht gerade die Leute zu denen man sein akutkrankes Kind bringt.
Was sich manche Hebammen denken ist auch schon wahnsinn.
Die Debatte ist doch grundsätzlicher als das.
"Dabei könnten gerade die vermittelnden Positionen dazu beitragen, Impfskeptikern die Entscheidungsfindung zu erleichtern und Impfbefürworter über Risiken und Nebenwirkungen aufzuklären. Man müsste nur auf sie reagieren."
In jedem Kommentarbereich zu dem Thema finden sich doch die Links und Verweise auf eine unüberschaubar große Zahl wissenschaftlicher Publikationen, die bei der Abwägung der Impffrage zu dem Ergebnis kommen, dass Impfen Nebenwirkungen hat, diese aber um Größenordnungen weniger wahrscheinlich und gefährlich sind als die Krankheiten, vor denen sie schützen.
Ab diesem Moment sollte die Diskussion ja eigentlich beendet sein. Ist sie aber nicht, wie auch dieser Artikel belegt. Das liegt meiner Meinung nach daran, dass hier nicht "Impfgegner" und "Impfbefürworter" aufeinander treffen, sondern Gruppen, die gegensätzliche Positionen einnehmen hinsichtlicher der Informationen die in ihr Weltbild einfließen.
Auf der eine Seite stehen solche Kommentatoren, die einen Generalverdacht hegen gegen Wissenschaft und die großen gesellschaftlichen Institutionen ob ihrer Beeinflussbarkeit durch Abhängigkeiten von Politik und Industrie. Auf der anderen Seite Kommentatoren mit tendenziell optimistischerer Einstellung was die Glaubwürdigkeit von solcher Quellen angeht.
Das führt dann zum großen Haareraufen, da die Angaben beiderseits als Hoffnungslos naiv angesehen werden. Die "Diskussion" über das Impfen erübrigt sich insofern für mich also, weil es nicht ums Impfen geht.
An der Stelle bin ich einverstanden
Hinsichtlich der Debatte um Nutzen und Schaden des Impfens haben Sie Recht:
Für einzelne Impfungen mögen Wissenschaftler die Detailsdiskussion über die richtige Strategie führen. Für die breite öffentliche Diskussion geht es "nur" noch um die Frage, ob man den Stand der Wissenschaft (der bei vielen Impfungen weitgehend Konsens ist) akzeptiert oder nicht.
Eine andere Frage die nach einer Impfpflicht:
Die befürworte ich ungefähr in dem Maß, in dem ich Alkoholverbote (als ein anderes Beispiel für die Abwägung zwischen Freiheit und öffentlicher Sicherheit) befürworte:
Bei Kindern sollte es eine Impfpflicht geben genau wie Alkoholverbote. Selbstbestimmte, informierte und mündige Entscheidungen kann man da oft nicht erwarten, deswegen kann der Staat Vorgaben machen (es spricht wenig für die These, Eltern wüssten es besser).
Bei akuter Fremdgefährdung (wenn der Herdenschutz für Ungeimpfte besonders wichtig ist und bei Leuten mit besonderem beruflichen Risiko, Krankheiten zu verbreiten) bin ich ebenfalls für eine Impfpflicht (eine Analogie zum Alkohol ist die das Alkoholverbot für autofahrende Erwachsene).
Ansonsten sollte Menschen schon erlaubt sein, eigene Entscheidungen zu treffen, selbst wenn sie sich damit nach den meisten objektiven Kriterien schaden.