Wenn Facebook seine Regeln ändert, haben die Nutzer sieben Tage lang Zeit, die neuen Geschäftsbedingungen zu lesen, zu verstehen und sich an sie zu gewöhnen. Diese Sieben Tage haben gerade mal wieder begonnen. Wer einen Account bei Facebook hat, sollte sie nutzen und sich die "Vorschläge", wie Facebook sie nennt, durchlesen.
- Hier sind die neuen Datenverwendungsrichtlinien auf deutsch .
- Hier ist ein PDF der englischen Fassung dieser Richtlinien, in dem die Änderungen rot hervorgehoben sind.
- Das hier sind die neuen Nutzungsbedingungen auf deutsch .
- Und hier als englisches PDF mit Hervorhebungen .
Die wohl wichtigste Änderung dabei: Künftig gibt es für Nutzer keine Möglichkeit mehr, solche Änderungen abzulehnen. Bislang hatte Facebook eine Art Mitbestimmungssystem. Wenn 7.000 Nutzer in ihrem Kommentaren zu einer AGB-Änderung übereinstimmend eine Abstimmung darüber forderten, wurde diese auch abgehalten. Stimmten dann 30 Prozent aller Facebooknutzer gegen die Änderungspläne, musste Facebook neue vorschlagen.
In der Praxis wurde das nie erreicht. Zwar gelang es mehrmals, mehr als 7.000 Kommentare zu sammeln und so eine Abstimmung einzuleiten. Doch fanden sich anschließend nie die laut AGB nötigen 30 Prozent der Nutzer – derzeit immerhin ungefähr 300 Millionen Menschen – um Facebook dann auch zur Änderung zu zwingen. Trotzdem schafft der Konzern diese Möglichkeit Einfluss zu nehmen nun ab.
Facebook verspricht, Kommentare zu prüfen
In einem offiziellen Blogpost heißt es dazu : Facebook habe "festgestellt, dass der Abstimmungsmechanismus, der durch eine bestimmte Anzahl an Kommentaren ausgelöst wird, tatsächlich zu einem System geführt hat, das die Quantität der Kommentare über ihre Qualität stellt. Deshalb schlagen wir vor, die Abstimmungskomponente des Verfahrens zugunsten eines Systems zu beenden, das zu inhaltlich sinnvolleren Rückmeldungen und Interaktionen führt."
Das neue System ist nichts weiter als das Versprechen, die Kommentare der Nutzer künftig "sorgfältig zu prüfen". Gebunden möchte Facebook sich an die Wünsche seiner Kunden nicht mehr fühlen. Als Trostpflaster wird auf den sogenannten Chief Privacy Officer of Policy hingewiesen. Im September hatte der Konzern diese Funktion geschaffen und die Anwältin Erin Egan dafür eingestellt . Sie soll künftig Fragen der Nutzer beantworten und "regelmäßig Webcasts zur Klärung deiner Kommentare und Fragen bezüglich Privatsphäre, Sicherheit und Datenschutz abhalten".
Das Technikblog Techcrunch hat mit Egan über die abgeschaffte Mitbestimmung gesprochen . Sie rechtfertigt es demnach damit, dass das System nicht mehr angemessen sei. Facebook sei so groß geworden, dass die erste Schranke, 7.000 Kommentare, zu leicht zu erreichen sei. Die zweite Hürde hingegen, 30 Prozent der Nutzer, sei praktisch gar nicht erreichbar. Facebook sei dem entwachsen.
Facebook erschwert Kampagnen
Techcrunch spekuliert, es gebe möglicherweise noch einen anderen Grund für die Abschaffung: den Wiener Studenten Max Schrems . Der kämpft schon eine Weile gegen die Datennutzungspraxis des Konzerns und das durchaus mit Erfolg. So hatte er beispielsweise seine Daten von Facebook erbeten . Nachdem er eine schockierend große Menge bekam, startete er eine Kampagne und rief andere auf, ihre bei Facebook gespeicherten Daten ebenfalls anzufordern. Bei Facebook hatte man schnell genug von dem Aufwand. Überhaupt kämpft der Konzern derzeit vehement gegen mehr Datenschutz .
Im Juni dann wollte Facebook genau wie jetzt auch seine Datenschutzbestimmungen ändern . Schrems startete die Website our-policy.org , damit möglichst viele Leute dem schnell widersprechen können. Die 7.000 nötigen Kommentare waren bald erreicht. Techcrunch zitiert Chief Privacy Officer Egan nun indirekt mit den Worten, die Kampagnen von Schrems seien einer der Gründe für den Umbau. Sie hätten dazu geführt, dass viele Nutzer den vorbereiteten Kommentar abgeben, ohne die zugrunde liegenden Änderungen der Nutzungsbedingungen gelesen zu haben.
Um einen zugegebenermaßen hinkenden Vergleich zu ziehen: Es wäre so, als würde eine Regierung die Wahlen abschaffen, weil die Wähler einfach nur ein Kreuz machen müssen, ohne zuvor alle Wahlprogramme gelesen zu haben.
Schrems reagierte denn auch auf seine Weise. Er schreibt in einer E-Mail: "Wir haben 'our-policy.org' einfach mal 'schnell, schnell' reaktiviert um Nutzern eine Möglichkeit zu geben, gültig ein Zeichen zu setzen. Die 7.000 Kommentare-Regel gilt nämlich jetzt noch, und FB muss eine Abstimmung machen, wenn es 7.000 gleiche Kommentare sind. Daher ist die Lösung mit einer Seite und einem Link ideal, um nachzuweisen, dass alle gleich sind."
Nutzerdaten von Instagram einverleibt
Im Übrigen sei es kein Wunder, dass die für eine Ablehnung nötigen 30 Prozent der Nutzer nie erreicht würden. "Die 30 Prozent schafft keiner, wenn Facebook die Abstimmung so versteckt wie das letzte Mal", schreibt Schrems. Wenn alle Nutzer einen Hinweis auf die Abstimmung bekommen würden, wäre es hingegen durchaus zu schaffen.
Apropos versteckt: In den Dokumenten versteckt sich noch eine Veränderung , die viele interessieren dürfte. Der neu eingefügte Satz steht unter dem Punkt "Verbundene Unternehmen". Er lautet: "Wir können die Informationen, die wir erhalten, mit Unternehmen teilen, die rechtlich derselben Unternehmensgruppe angehören wie Facebook bzw. Teil dieser Gruppe werden (häufig werden diese Unternehmen als verbundene Unternehmen bezeichnet). Ebenso können unsere verbundenen Unternehmen Informationen mit uns teilen. Wir und unsere verbundenen Unternehmen können geteilte Informationen verwenden, um uns bzw. sie dabei zu unterstützen, unsere bzw. ihre eigenen Dienstleistungen anzubieten, zu verstehen und zu verbessern."
Gemeint sind damit Unternehmen wie beispielsweise Instagram. Facebook hatte die Fotoplattform gekauft und in seinen Dienst integriert . Zusammen mit den Nutzerdaten. Es wird niemand daran gezweifelt haben, dass Facebook so etwas vorhat, aber der Satz belegt nun, dass sich der Konzern auch die von Instagram gesammelten Daten einverleibt und mit den eigenen verknüpft. Für eben diese Praxis der Verknüpfung von Daten über mehrere Dienste hinweg kritisieren Datenschützer auch Google .
Abgeschafft wird außerdem eine Kontrollfunktion, die Nutzer bislang hatten. Wer von bestimmten Mitgliedern keine Mails bekommen wollte und nicht wollte, dass sie ihn kontaktieren, konnte das über die Seite "How You Connect" einstellen und verhindern. Das gibt es nun nicht mehr. In den neuen Regeln heißt es: "Deine Facebook-E-Mail-Adresse enthält deinen öffentlichen Nutzernamen entsprechend des folgenden Beispiels: Nutzername@facebook.com . Jeder in einem Nachrichten-Thread kann an sie antworten."
Kommentare
Ein fast eine Milliarde Menschen....
... umfassender Infopool für Werbende, das, nicht mehr und nicht weniger, ist Facebook. Das die Menschen immer noch glauben ein profitorientiertes, börsennotiertes Unternehmen werden schon vernünftig mit ihren Daten umgehen und die Datensammelung würde "nur so aus reinem Interesse an den Nutzern" und nicht etwa aus monetären Gründen betrieben dem kann man wohl nicht helfen...
Aber "wir haben ja nichts zu verbergen"...
Facebook hat rein kapitalistische Interessen
Facebook ist eine reine Marketingplattform und nichts weiter. Jeder, der sich freiwillig in diese Hände gibt, ist an Naivität nicht zu überbieten. Leider ist der Gruppenzwang ja so verführerisch.
An Ignoranz nicht zu überbieten
Vorweg: Ich befürworte den Kampf über Datenschutz und Integrität der Nutzerdaten generell, aber immer wieder solche ignoranten Aussagen zu hören ist ermüdend. Die Platform hat neben anderen, sicher "besseren" Lösungen einen gewaltingen Vorteil: Die Verbreitung. Ich kann mir vorstellen, dass 96% der FB-basher hier ihren 30. Geburtstag schon lange überschritten haben und einfach den Mehrwert so einer Platform nicht erkennen. Fakt ist, wer in der heutigen Zeit noch international seine Freunde, Bekannte und Kontakte pflegen und bewahren möchte und/oder dabei Interessen gerne tauscht hat neben FB wenig handfeste (!) Alternativen.
Ebenso gibt es natülich Leute, die den Dienst nicht beanspruchen oder den Sinn nicht erkennen. Aber auf Grund von unterschiedlichen Interessen, Werten oder Ansichten alle Nutzer pauschal verachtend anzuschauen, da kann ich als Mittzwanziger nur den Kopf vor der "Weisheit" der Älteren schütteln.
Und ich...
...habe immer noch keinen Facebook-Account. Und irgendwie fehlt meiner Internetwelt dadurch auch überhaupt nichts.
Weiter so, Facebook, dann gibt's euch in drei Jahren auch nur noch als digitalen Schatten.
Immer wieder das gleiche
Schön, dass es hier noch Menschen gibt, die Facebook nicht brauchen oder erkannt haben, wie sinnfrei das alles ist. Trotzdem interessiert mich das nicht dei Bohne. Und da fehlt wohl der Facebook-Ausgleich. Anstatt sich dort einen Account einzurichten und inhaltsleere Kommentare auf die User loszulassen, hat man es sich wohl zum Hauptziel erklärt, alternativ die Kommentarfunktion unter diversen Artikeln zu nutzen, um JEDES MAL immer wieder zu erzählen, wie toll es doch ohne Facebook ist. Die "Kritiker" und "Erleuchteten" sind keinen Deut besser als die FB-User. Also bitte: verschont die Leser mit eurem Ohrenschmalz, wie schön es für euch doch ohne Facebook ist. Ich glaubs euch, aber ich will es nicht mehr lesen müssen!
Selbstdarstellung, wie bei FB?
Sie sprechen mir aus der Seele. Ich glaube jeder, der hier öfter mal die Kommentare unter den Artikeln liest, ist ausreichend darüber informiert, dass es Menschen ohne facebook-Konto gibt, die "trotzdem" glücklich sind.
Der Diskussion über den Umgang und die Praktiken des Netztwerks, das nun mal 1 Mrd Menschen "Naivlinge" nutzen, helfen diese Beiträge, die übrigens ähnlich interessant sind, wie das täglich auf Facebook gepostete Rauschen von selbstdarstellerischen Nichtigkeiten, das natürlich neben den interessanten Inhalten stattfindet (die man zu Bestimmen selbst die Möglichkeit hat), nicht weiter.