Der neue Direktor des britischen Geheimdienstes GCHQ (Government Communications Headquarters) heißt Robert Hannigan und ist erst seit wenigen Tagen im Amt. Aber er gibt sich bereits alle Mühe, sich unbeliebt zu machen.
In einem Gastbeitrag
für die Financial Times schreibt er, "die
größten Technikunternehmen der USA" seien "die bevorzugten Kommandozentralen
für Terroristen und Kriminelle". Namen nennt er nicht, aber natürlich meint er vornehmlich Google, Apple, Facebook und Microsoft. Neue Programme und Apps zum verschlüsselten Chatten und Telefonieren würden es Terroristen zudem erlauben, ihre Operationen leichter zu
verheimlichen als früher, als so etwas den technisch
versiertesten Kriminellen sowie Staaten vorbehalten war. Zweifellos hätten
Terroristen "von den Leaks der vergangenen zwei Jahre
profitiert", schreibt Hannigan mit Bezug auf die
Snowden-Enthüllungen. Dass vor allem unbescholtene Bürger, die um ihre Privatsphäre fürchten, davon profitiert haben, interessiert ihn offenbar nicht.
Hannigan fordert einen "new deal" zwischen den Unternehmen und demokratischen Regierungen. Wie der aussehen soll, erklärte er nicht explizit. Aber zwischen den Zeilen wird überdeutlich, dass er sich – wie auch andere Behördenchefs – leichteren Zugang zu Nutzerdaten und weniger Verschlüsselung wünscht.
Normale Internetnutzer seien dafür offener als die
Unternehmen, die nicht wahrhaben wollten, dass ihre Dienste missbraucht würden:
Die Menschen "wollen nicht, dass die Medienplattformen, die sie benutzen,
auch Mord und Kindesmissbrauch ermöglichen. Ich denke, sie fänden eine bessere,
nachhaltigere Beziehung zwischen Behörden und Technikunternehmen in
Ordnung."
Während also die Unternehmen um das Vertrauen ihrer Kunden kämpfen, indem sie deren Daten besser schützen als früher, ist Hannigan überzeugt, die Kunden würden darauf gar keinen gesteigerten Wert legen.
Die Geheimdienste müssten in die öffentliche Debatte über
Privatsphäre einsteigen, schreibt er: "Ich denke, wir haben eine
gute Geschichte zu erzählen." Bislang sieht die so aus:
- Die GCHQ hat sich zusammen mit der NSA heimlich in die Leitungen von Google und Yahoo gehackt,
- transatlantische Glasfaserkabel angezapft und anlasslos gigantische Mengen an Metadaten und Kommunikationsinhalten abgefangen,
- massenweise Bilder privater Webcams gespeichert,
- Daten von Smartphone-Apps wie Angry Birds oder Google Maps gesammelt,
- Netzinhalte manipuliert,
- Mobilfunkbetreiber mit kriminellen Methoden gehackt,
- WikiLeaks-Nutzer unter Generalverdacht gestellt
- und sich britische Gesetze zurechtinterpretiert, um auch die eigenen Bürger ohne konkrete Vollmacht überwachen zu können.
Daran sollten sich Unternehmen immer erinnern, wenn Hannigan ihnen erst die Unterstützung von Terroristen vorwirft, anschließend einen "new deal" vorschlägt – und dabei so tut, als würde er für ihre Kunden sprechen.
Kommentare
Datenflut
Nach der Lektüre von Scholl-Latours letzem Buch schließe ich mich der Gelassenheit des Großmeisters diesbezüglich an. Zitat S.250: „Im immensen Areal der NSA mit Tausenden von Mitarbeitern türmen sich die registrierten Wahrnehmungen zu Milliarden oder zu Billionen. Die Frage stellt sich dabei, wer die ungeheuerliche und weiterhin anwachsende Fülle von Daten und Erkenntnissen ordnen und auswerten kann….“ Insofern sollen Sie ruhig eine Sicherheitskopie meiner Daten ziehen – vielleicht schaffen Sie es ja sogar, irgendeine Ordnung in meine Daten zu bringen – ich bin bisher daran kläglich gescheitert.
Gute Nacht.
Es fällt schwer zu glauben...
... das ein intelligenter Mann wie er so einen Unsinn verzapft hat.
Es sollte hinlänglich bekannt sein das die Daten in digitalisierter Form vorliegen.
Das bedeutet sie werden nicht von Menschen durchsucht, sondern von Computern. Nach Kriterien die niemand kennt. Und aus der Auswertung werden Schlüsse gezogen die niemand hinterfragt.
"Kommandozentralen für Terroristen und Kriminelle"
Seit Snowdens Enthüllungen entpuppt sich das ganze freigelegte Geflecht immer mehr einer weltweit operierenden kriminellen Organisation, die sich aller freiheitlich-demokratischen Gesetze entzieht.
Und bevor wir NSA, GCHQ imd BND wieder auf die Füße treten müssen wir in Deutschland vgielleicht zuerst einmal klären, wieso unsere Bundesregierung einen ausländischen Geheimdienst im eigenen Land dabei unterstützt die eigenen Bürger zu überwachen.
Nach eigener Definition von Obama, dass Cyber-Kriminelle Terroristen sind, sind Geheimdienste Terrororganisationen, da sie nachgewiesenerweise täglich ungerechtfertigt die Grundrechte der User verletzen - und stillschweigend von allen Regierungen geduldet wird.
Schön wäre es... gewesen.
"Und bevor wir NSA, GCHQ imd BND wieder auf die Füße treten"
Wer ist denen auf die Füße getreten? Niemand.
Es gab einen medialen Aufschrei, einen Untersuchungsausschuss, der nichts untersucht, weil 75% seiner Mitglieder kein Interesse daran haben und lieber Dinge fragen wie "gibt es Freizeitaltivitäten für die Familien von NSA-Agenten?" und die restlichen 25% können nichts untersuchen, weil 99% der Akten geschwärzt sind.
Natürlich sieht sich niemand im Ausschuss in der Lage, die Bundesregierung notfalls zur Kooperation zu zwingen. Die Bundesregierung hat Narrenfreiheit und das Parlament hat nicht den Hintern in der Hose, seine Rechte durchzusetzen.
Strafverfolgungsbehörden beschäftigen sich mit Lappalien, das größte Verbrechen der Neuzeit liegt als "Beobachtungsvorgang" konsequenzlos auf einem Schreibtisch und staubt ein, denn Papier ist geduldig.
Und die Bürger? Eine handvoll Bürger haben sich eine Zeit lang aufgeregt, das Gros hat sich weder interessiert, noch bewegt. Und bei denen, die ihren Unmut zumindest kund getan haben, ist inzwischen der Ärger und die Wut trauriger Resignation gewichen. Wir hätten es in der Hand gehabt, wir hätten hier Nägel mit Köpfen machen können. Wenn die Regierung den Rechtsstaat abschaffen will, gegen Gesetze verstößt und an der freiheitlich-demokratischen Grundordnung sägt, dann ist der Bürger gefordert.
"unsere Bundesregierung einen ausländischen Geheimdienst im eigenen Land"
Wir sind der Appendix der USA, das haben wir doch gehört...
Google vs. NSA: »F… you - ab jetzt verschlüsseln wir.«
Da erinnere ich doch mal an: Google vs. NSA: »F… you - ab jetzt verschlüsseln wir.«
http://www.heise.de/secur...
Zum Glück haben einige noch den alten "Deal" in Erinnerung, wenn die Geheimdienste nun nach einem new Deal fragen. Denn die Verschlüsselung setzt nicht gegen bestehende Gesetze, sondern gegen das Vergehen der Geheimdienste gegenüber den Firmen und ihren Kunden.
Danke für diesen Artikel!
Freue mich, dass Sie schon lange die Wichtigkeit dieses Themas erkannt haben und weiterhin kritisch darüber schreiben.