Die britische Innenministerin Theresa May ist hartnäckig. Man könnte auch sagen: dreist.
Im Sommer 2014 hatte ihre Regierung das in mehrerlei Hinsicht problematische Überwachungsgesetz Dripa (Data Retention and Investigatory Powers Act) im Eilverfahren durchs Parlament gebracht. Es war ein Notstandsgesetz in Friedenszeiten, aber es hatte eine Art Ablaufdatum, weshalb May frühzeitig ein Nachfolgegesetz ankündigte. Dieses von Kritikern Snooper's Charter (Schnüfflergesetz) genannte Vorhaben ging den Liberaldemokraten, damals noch Koalitionspartner der konservativen Tories, zu weit – sie blockierten es. Im Juli 2015 erklärte der High Court zudem Dripa für ungültig, weil es nicht mit der EU-Menschenrechtskonvention vereinbar war.
Am kommenden Mittwoch will die Hardlinerin May nun einen neuen Entwurf vorlegen, wie der britische Telegraph und der Guardian berichten. Und der soll in Teilen noch weiter gehen als Dripa und das Schnüfflergesetz.
Verbindungsdaten plus Kommunikationsinhalt
Schon Dripa enthielt Regelungen zur Vorratsdatenspeicherung, die erkennbar über das hinausgingen, was der EuGH zuvor für vertretbar erklärt hatte. Dazu kamen eine Passage, mit der auch ausländische Unternehmen unter Strafandrohung verpflichtet werden konnten, ihre Kunden abzuhören, sowie eine Vermischung von Polizei- und Geheimdienstarbeit.
Die Vorratsdatenspeicherung, also die anlasslose Aufbewahrung insbesondere von Telefonverbindungs- und Standortdaten aller Bürger, wird auch im neuen Gesetz wieder auftauchen. Den Zeitungsberichten zufolge sollen Internetprovider zusätzlich verpflichtet werden, für zwölf Monate zu speichern,
- wer wann welche Website aufruft (aber nicht die Unterseiten),
- wer welche Suchbegriffe verwendet,
- wer wann welche App benutzt,
- wer wem was in E-Mails oder Chats schreibt.
Aus der reinen Metadatenspeicherung wird damit auch eine
Speicherung von Kommunikationsinhalten, egal ob jemand verdächtig ist oder nicht.
Laut Telegraph werden 38 verschiedene Behörden auf die Daten zugreifen können, darunter auch Steuerbehörden – vorausgesetzt, ein Minister hat die Überwachung angeordnet und ein Richter ihr zugestimmt. Ein neuer Investigatory Powers Commissioner, also ein Geheimdienstkontrolleur, soll sicherstellen, dass es keinen Missbrauch der Daten gibt.
Ob und unter welchen Umständen der Entwurf eine Chance hat, von Ober- und Unterhaus angenommen zu werden, ist noch unklar. Laut Telegraph müsse May zumindest dafür sorgen, dass ein Richter nicht einfach nur eine Anweisung eines Ministers absegnen muss. Andernfalls sei ihr Entwurf wohl nicht mehrheitsfähig.
Absehbar hingegen ist etwas anderes: Sollte das Gesetz kommen, ist es wohl nur eine Frage der Zeit, bis die ersten deutschen Politiker eine Ausweitung der hiesigen Vorratsdatenspeicherung auf Kommunikationsinhalte fordern werden. Angesichts dessen scheint es fast schon beruhigend, dass der britische Gesetzentwurf nicht auch noch einen Passus über die Beschränkung von Verschlüsselung enthalten wird. So etwas hatte Premierminister Cameron zuvor noch ins Spiel gebracht.
Kommentare
Aus welchem Land kamen noch gleich George Orwell und Aldous Huxley?
Aldous Huxleys "Brave new World" ging allerdings eher Richtung "Wir amüsieren uns zu Tode"; soweit ich mich erinnere, war der Überwachungsaspekt dort nicht so präsent.
Früher oder später werden das die Hardliner hier auch fordern. Die kürzlich beschlossene Vorratsdatenspeicherung ist doch lediglich der erste Schritt, jetzt folgt die Salamitaktik.
Deshalb ist es auch so wichtig, dass man privat die Kommunikation verschlüsselt, also unbedingt Threema (o.a.) statt WhatsApp benutzt, auch wenn es nur ein Tropfen auf dem heißen Stein ist. Es ist ein wichtiger Tropfen.
Viele Briten sind skuril und verschroben. Vielleicht liegt es an dem langen "Inseldarsein".
Zuweilen sind auch die sexuellen Neigungen der Briten sehr speziell. Vermutlich hat die Datensammelwut etwas erregendes für die Mitarbeiter britischer Behörden und Politiker - oder liege ich da ganz falsch? ;-))
Wahrscheinlich erregt es auch die Ausgespähten. - Die vielen Kameras kommen schließlich auch gut an.
Und keinen interessiert's.
Lieber weiter gegen Flüchtlinge hetzen und damit das eigene Grab schaufeln, denn genau aus der Hetze werden die Forderungen nach Sicherheit, Datenspeicherung, dem gläsernen Bürger immer lauter. Man kann nur hoffen, dass wenn es soweit ist Europa uns nicht im Stich lässt und sagt, dass das so nicht geht.
Aber natürlich wird es, weil es eine EU Entscheidung ist, dann nur noch mehr Pegiden auf den Plan rufen sich für Vorratsdatenspeicherung und Anti Netzneutralität etc. auszusprechen.
Ich hoffe ich habe Unrecht und die Masse ist nicht so berechenbar... ansonsten seh ich auf lange Sicht schwarz. Dafür der Staat alles.
Diese Überwachungsaffäre macht so unglaublich viel kaputt, ich befürchte die Verantwortlichen sehen nur die Hälfte...
Moin Moin,
in D kommen die Wünsche nach mehr Überwachung aber von den Parteien, die eine ungebremste Einwanderung befürworten während viele besorgte Bürger gerade auch über die zunehmende Bevormundung durch den Staat besorgt sind.
Was nu?
CU