Die deutsche Regelung zur Vorratsdatenspeicherung ist nicht mit EU-Recht vereinbar. Telekommunikationsunternehmen können deshalb nicht verpflichtet werden, ab dem 1. Juli die Telefon- und Internetverbindungsdaten aller Bürger zehn Wochen lang speichern zu müssen. Das hat das Oberverwaltungsgericht (OVG) Münster entschieden.
Im Ausgangsfall hatte ein ein IT-Unternehmen aus München geklagt, das die Internetzugangsdaten seiner Kunden nicht speichern will (Az. 13 B 238/17). Der Beschluss hat nur für die klagende Firma Wirkung und ist nicht anfechtbar, andere Unternehmen müssten selbst klagen. Die Provider gehen vor allem gegen die Vorratsdatenspeicherung vor, weil sie damit auch gezwungen werden, massive Investitionen in die benötigte Hard- und Software zu tätigen.
Das Gericht verwies zur Begründung auf ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH), das im vergangenen Dezember die anlasslose Vorratsdatenspeicherung in der Europäischen Union gekippt hatte. Den Luxemburger Richtern zufolge ist die Speicherung von Vorratsdaten nur bei Vorliegen des Verdachts einer schweren Straftat zulässig. Auch müsse die Vorratsdatenspeicherung auf geografisch eingegrenzte Gebiete beschränkt bleiben. Zudem müssten Menschen ausgenommen sein, deren Kommunikation dem Berufsgeheimnis unterliege.
Dem OVG-Beschluss zufolge umfasst die Speicherpflicht in Deutschland "pauschal die Verkehrs- und Standortdaten nahezu aller Nutzer von Telefon- und Internetdiensten". Dem Luxemburger Urteil zufolge wären aber nur Regelungen zulässig, "die den von der Speicherung betroffenen Personenkreis von vornherein auf Fälle beschränkten", bei denen ein zumindest mittelbarer Zusammenhang mit Straftaten bestehe. Solche Beschränkungen könnten etwa "durch personelle, zeitliche oder geografische Kriterien geschehen".
Das Oberverwaltungsgericht widerspricht mit seiner Entscheidung dem Verwaltungsgericht Köln, das im Januar einen entsprechenden Eilantrag des Providers Spacenet noch abgelehnt hatte.
Der Beschluss aus Münster liegt auf einer Linie mit der Rechtsauffassung des Wissenschaftlichen Diensts des Bundestags. Dieser bezweifelte im Februar ebenfalls, dass das deutsche Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung den Vorgaben des EuGH entspricht. Eine grundsätzliche Klage zur Vorratsdatenspeicherung ist beim Bundesverfassungsgericht anhängig, wird aber voraussichtlich nicht mehr in diesem Jahr entschieden.
Kommentare
Hoffentlich muss die Politik (und damit leider wir) für den Schaden aufkommen, wenn das Gesetz gekippt wird. Stümper allenthalben. Politker sollten für ihre Taten in regress genommen werden und jede Partei eine Versicherungs ähnlich der Managerhaftung abschliessen müssen.
Managerhaftung hilft nur gegen Schäden - nicht bei Straftaten.
Ich denke wir sollten einfach für Politiker eine Regelung einführen wenn sie das 3te Mal für ein vom Verfassungsgericht nachträglich gekipptes Gesetz gestimmt haben verlieren sie ihren Platz im Bundestag - OHNE Pensionsansprüche.
Sehr gut! Dieses Urteil gibt die generelle Marschrichtung vor: Im Verdachtsfall gegen bestimmte Zielpersonen zulässig, generell gegen alle unzulässig. Genau so muss das sein. Ich möchte nicht vom Gesetzgeber unter Generalverdacht gestellt werden.
-Ich möchte nicht vom Gesetzgeber unter Generalverdacht gestellt werden.
Haben Sie etwas zu verbergen? :)
kann mir bitte mal jemand erklären wieso es anscheinend straffrei möglich ist Gesetze zu beschließen, bei denen man offensichtlich von ihrer Grundgesetzwiedrigkeit (bzw EU Verfassung ?) ausgehen darf ? wie war doch das schöne Wort was die Law and Order Fraktion ständig nutzt wenn es um längst strafbare Inhalte im internet geht ? "Rechtsfreier Raum" ?
Dann fordere ich hier jetzt mal ganz ausdrücklich - der deutsche Bundestag darf kein rechtsfreier Raum sein!
Wie würden Sie den Straftatbestand formulieren - und wer würde sich strafbar machen?
War ja klar , in Schland gibt es ja keine Sammelklagen (wer hat das nochmal verhindert ?)
http://www.zeit.de/wirtsc...
Verstehe ich das jetzt richtig das jetzt jeder einzelne Bürger alleine gegen das Sammeln seiner Daten klagen muss ? Und wie handhaben die Telekommunikationsunternehmen das daraus entstehende Chaos ? Von X müssen wir sammeln , von Y dürfen wir nicht , der hat geklagt und Recht bekommen .
„Verstehe ich das jetzt richtig das jetzt jeder einzelne Bürger alleine gegen das Sammeln seiner Daten klagen muss ?“
Nope. Die Provider bzw. TK-Unternehmen müssen dagegen klagen, dass sie zum Sammeln der Daten gesetzlich verpflichtet werden.