Das
Bundesinnenministerium hat Medienberichte dementiert, wonach Ermittler auf
Wunsch der Unions-Innenminister umfassende Möglichkeiten für einen sogenannten
Lauschangriff bei Verdächtigen erhalten sollen. Innerhalb der
Bundesinnenministerkonferenz werde lediglich diskutiert, das Anbringen von
Abhörwanzen innerhalb und außerhalb von Wohnung besser zu ermöglichen, sagte
der Sprecher des Bundesinnenministeriums, Johannes Dimroth, auf Anfrage von golem.de. Zu diesem Zweck könnten Hersteller von Alarm- und Sicherheitssystemen
gesetzlich verpflichtet werden, mit den Behörden zu kooperieren und
beispielsweise Warnhinweise per SMS an die Verdächtigen zu unterdrücken.
Die Madsack-Mediengruppe hatte berichtet, dass der geschäftsführende Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) die Industrie dazu verpflichten wolle, "deutschen Sicherheitsbehörden digitale Einfallstore für das Ausspionieren von privaten Autos, Computern und Smart-TVs zu öffnen". Solche Pläne wies de Maizières Sprecher hingegen zurück. "Maßnahmen in Bezug auf in Computer oder Smart TV eingebaute Mikrofone wären hiervon nicht betroffen, da hierfür ein Zugriff in informationstechnische Systeme erforderlich wäre", sagte Dimroth.
Onlineüberwachung sei nicht betroffen
Bei dem Vorstoß der Innenminister gehe es lediglich darum, die entsprechenden Paragrafen 100c und 100f der Strafprozessordnung (StPO) zu ändern. Dort fehle es derzeit an einer Rechtsgrundlage, die Hersteller zur Mitwirkung zu verpflichten. Bislang passiere das in vielen Fällen nur auf freiwilliger Basis. Die Telekommunikationsüberwachung und Onlinedurchsuchung werden davon nicht berührt.
Dimroth räumte allerdings ein, dass es einen Dissens zwischen den SPD- und Unions-geführten Ländern gebe. So wollten die SPD-Länder die Mitwirkungspflicht der Hersteller darauf beschränken, dass sie eine Hinweis-SMS unterbinden. Die Unions-Innenminister und das Bundesinnenministerium hielten das jedoch für nicht technikoffen genug, weil es künftig eine ganz andere Form der Kommunikation dafür geben könnte. "Dann müssten wir wieder das Gesetz ändern", sagte Dimroth.
Kein Zugriff auf Botnetz-Rechner geplant
Als ebenfalls unzutreffend bezeichnete er die Darstellung des Medienberichts, wonach Sicherheitsbehörden ermächtigt werden sollten, im Krisenfall private Rechner herunterzufahren. Es gehe lediglich darum, infizierte Rechner vom Netz zu nehmen, wenn diese für ein Botnetz genutzt würden. Dazu sei es nicht erforderlich, Zugriff auf die Rechner zu haben. Sollten sich Onlineprovider weigern, betroffenen Rechnern den Netzzugang zu sperren, seien weitreichende Strafen vorgesehen, heißt es in dem Bericht der Madsack-Gruppe.
Ob und wann die geplante Änderung tatsächlich umgesetzt wird, ist angesichts der unklaren Regierungsbildung derzeit offen. Zunächst müsste die Bundesinnenministerkonferenz in der kommenden Woche in Leipzig den Bericht der AG Kripo zur Kenntnis nehmen. Darin würde die Bundesregierung aufgefordert, entsprechende rechtliche Maßnahmen zu prüfen. Dann sei das Bundesjustizministerium dafür zuständig.
Kommentare
"Dort fehle es derzeit an einer Rechtsgrundlage, die Hersteller zur Mitwirkung zu verpflichten."
Ich persönlich wäre mit vielem einverstanden, wenn die Ermittler bei Androhung jeder möglichen Höchststrafe auf Terrorismus und wirklich schwere(!) Straftaten konzentriert bleiben müssen.
Leider zeigt die Erfahrung, dass plötzlich jeder politisch unliebsame Kleinkram zu "schweren Straftaten" wird. Oder gar die Politik gleich die Richter austauscht bis Systeme im eigenen Interesse genutzt wird.
Nein, finde ich ganz übel.
Ja, insbesondere wenn man bei neuen Gesetzen sieht dass die davon gemeinte Zielgruppe davon gar nicht oder kaum betroffen ist aber sich das ganze auch ganz wunderbar gegen ganz andere Gruppen verwenden lässt.
"Die Unions-Innenminister und das Bundesinnenministerium hielten das jedoch für nicht technikoffen genug, weil es künftig eine ganz andere Form der Kommunikation dafür geben könnte. "Dann müssten wir wieder das Gesetz ändern", sagte Dimroth."
Oh, dann müsste man wieder das Gesetz ändern. Unzumutbar!
Dann macht man lieber einen ganz schwammigen "technikoffenen" Vorschlag, mit dem man Narrenfreiheit hat - und verspricht dem Bürger ganz lieb, keinen Schabernack zu treiben, anstatt klare Rechtssicherheit zu schaffen!
Selbst wenn es ein spezifisches Gesetz wäre:
Nach welchen Maßstäben will der Staat andere Leute verpflichten, ihre Kunden zu verraten? Also deren Systeme zu sabotieren?
Da könnte man auch gleich Handwerker, Autowerkstätten oder Heizungsableser verpflichten, heimlich Wanzen anzubringen. Oder Mitbewohner in der WG? Familienmitglieder?
Dass in sehr eng umgrenzten Bereichen (wie wir wissen, wird das schon extrem weit ausgelegt) heimliche Überwachung erlaubt ist, darf doch nicht als Rechtfertigung herhalten, irgendwelche Dritten zur Mitwirkung zu verpflichten!
Ganz davon ab ist das Vertrauen in solche Maßnahmen schon dadurch kaputt, dass es keine ausnahmslose Pflicht zu einer (zumindest halbwegs, vielleicht einige Monate) zeitnahen nachträglichen Information der Opfer gibt.
Es steht zu Befürchten, dass man derart Überwachter zu Lebzeiten überhaupt nicht davon erfährt (und damit manch illegale Überwachung nie vor Gericht landet).
Gerade erst wurde bekannt, dass Willi Brandt sogar noch als Vizekanzler vom "eigenen" Geheimdienst überwacht und die Ergebnisse zur parteipolitisch motivierten Rufschädigung genutzt wurde.
Woher sollten wir das Vertrauen nehmen, dass das heute nicht passiert? Letztlich werden ja immer nur die Befugnisse der Geheimdienste erweitert und deren Kontrolle abgebaut. In so fern steht zu befürchten, dass es heute noch schlimmer ist als damals!
Niemand hat vor eine Mauer zu bauen ...
Patriot Act für Deutschland?
"Patriot Act für Deutschland?"
Der Richtung nach jedenfalls.
Denn natürlich wären die Hersteller auch dazu verpflichtet, keine Auskunft über die Art und Weise ihrer "Zusammenarbeit" mit dem Heimatschutzministerium zu geben.
Wahrscheinlich sogar dürften sie nicht einmal sagen, dass sie überhaupt kooperieren.
Letzendlich wird es so sein, dass Geräte aller Art mit fest eingebauten Zero-Day Sicherheitslücken mit vollem Wissen der Hersteller auf dem Markt kommen, und Insider diese ganz gemütlich ausnützen, bis eine Art deutscher Snowden daherkommt.
Diese "Politiker" sind vollkommen unfähig, die Konsequenzen ihres eigenen Tuns zu überschauen.
Gute Güte, was ein Haufen Amateure .......
Um das ganze Ausmass der Ahnungslosigkeit zu erfassen, hilft dieser Artikel:
Da möchte sich der Bund nämlich gegen ähnliche US-Massnahmen schützen, die schon lange in Windows-Systemen verbaut sein könnten.
Nur sind diese logischerweise nicht bekannt, daher müssen ALLE Onlinefunktionen des Betriebssystems abgeklemmt werden.
Damit man aber trotzdem online kommunizieren kann, entwickeln jetzt Dienstleister ein Black-Box artiges Com-Modul, das aber gar nicht auf die nicht bekannten Sicherheitslücken im ursprünglichen Betriebssystem ausgelegt sein KANN.