Der Fall hatte schon bislang für Aufsehen gesorgt, das Urteil lässt Google nun um die Zukunft des Internets fürchten. 2006 haben Schüler in Turin gefilmt, wie sie einen autistischen Mitschüler misshandeln und dieses Video auf Google Video veröffentlicht. Nach einem Hinweis der italienischen Polizei hat Google das Video innerhalb weniger Stunden von der Seite entfernt und mit den Behörden kooperiert, um die Verantwortlichen für das Video zu ermitteln. Sie wurden zu zehn Monaten gemeinnütziger Arbeit verurteilt.
Doch damit war der Fall für die Staatsanwälte Alfredo Robledo und Francesco Caiani noch nicht abgeschlossen. Sie klagten vier Google-Mitarbeiter an: Googles Justiziar David Drummond, den Entwickler Arvind Desikan, Googles Datenschutzbeauftragen Peter Fleischer und Googles ehemaligen Finanzchef George Reyes, der das Unternehmen 2008 verlassen hat. Ihnen wurden Verleumdung und Verstöße gegen den Datenschutz vorgeworfen, obwohl sie an dem Video in keiner Weise beteiligt waren, mit handelnden Personen nicht im Zusammenhang stehen und das Video selbst nicht verbreitet haben. Keiner der vier Google-Mitarbeiter kannte das Video, bevor es von Google Video entfernt wurde.
Dennoch wurden nun drei der vier - Drummond, Fleischer und Reyes - von einem Mailänder Gericht verurteilt. Nicht wegen Verleumdung, aber wegen Verstößen gegen den Datenschutz. Hat das Urteil Bestand, würde dies bedeuten, dass Mitarbeiter von Hostingplattformen wie Google Video für Inhalte von Nutzern strafrechtlich verantwortlich wären.
Google will gegen das Urteil vorgehen, das sich allerdings gegen die Mitarbeiter persönlich richtet. Das Urteil greife die Prinzipien der Freiheit an, auf denen das Internet beruht, mahnt Google. Es sei gemeinhin akzeptiert, dass nur die Person, die ein Video aufnimmt oder hochlädt, die notwendigen Maßnahmen zum Schutz der Privatsphäre der gefilmten Personen ergreifen können. Dies sehe auch die Gesetzgebung der EU explizit vor, um Hostinganbieter von der Haftung auszunehmen, sofern sie auf entsprechende Hinweise reagieren und die Inhalte entfernen.
(Der Artikel erschien zuerst auf Golem.de)
Kommentare
Das INTERNET ist ein gefährliches Medium!
Ja, mit der Verantwortlichkeit ist das so eine Sache - insbesondere bei frei zugänglichen Medien. Wenn man das konsequent durchdenkt, dann ist auch das Leerräumen von Bankkonten mit Eingabefomularen, die denen der Banken sehr ähnlich sehen, eine Straftat, für die auch der Betreiber zur Verantwortung gezogen werden müsste. Ich hoffe, dass die italienischen Urteile - die eindeutig überzogen sind - positive Auswirkungen für die gesamte Branche haben.
Herzliche Grüsse
Klaus Metzger
HILDESHEIM
www.twitter.com/klmmetzger
Voll am Problem vorbei
Nein, das geht am Problem vorbei. Damit meine ich sowohl das Urteil als auch den Kommentar. Es wäre eine Reihe gesellschaftlicher Diskurse (weltweit) erforderlich. Diese kommen aber nicht in Gang. Ich bin bestimmt kein Freund von Google und deren Projekten und Töchtern, sehe viele Auswüchse und schräge Entwicklungen mit großer Sorge. Aber hier einfach ein Urteil zu fällten, quasi um einen Schuldigen zu haben, auf den man dann schön mit den Fingern zeigen kann, das greift extrem zu kurz.
Klingt nach juristischem Unsinn
Und ehrlich gesagt auch nach Provinzposse und Ablenkung von dem Fakt, dass Rechtsradikale auch gerne auf Behinderte losgehen. Italien ist diesbezgl. ein Schandfleck, statt aber konsequent gegen die Neofaschisten vorzugehen, wird hier ein Drtitter verurteilt.
Super Urteil!
Und wenn jemand auf die Wände Mailands sprüht "Alfredo Robledo ist doof", werden Häuserbesitzer, obwohl sie, sobald sie davon erfahren haben, die Graffiti löschten, wegen Beleidigung angeklagt.
Und wenn jemand auf dem Firmenrechner, ohne Wissens des Chefs, Raubkopien erstellt, wird der Chef verklagt, obwohl er den Täter entlassen und angezeigt hat, sobald er davon erfahren hat.
Und wenn jemand mit einem Mietwagen ein Kind überfährt, wird der Chef der Mietwagefirma wegen Totschlags eingesperrt.
Und wenn jemand mittels seines Handys (z.B. als Zünder) einen Terroranschlag verübt, wird der Telekom-Chef nach Guantanamo ausgeliefert.
Und wenn jemand eine Briefbombe verschickt, wird der Post-Chef wegen Mordes angeklagt.
Ich bin begeistert!