Filesharing ist in Schweden nun ein anerkannter religiöser Glaube. Die schwedische Kirche der Kopimisten hat die Behörden im dritten Anlauf davon überzeugt, ihr einen offiziellen religiösen Status zu verleihen. Zwar hat sie nicht die gleichen Rechte wie etwa die großen christlichen Kirchen, aber die Kopimisten gelten nun immerhin als religiöse Gemeinschaft. Was hochgradig albern klingt, hat einen politischen Hintergrund.
Die Gemeinschaft betrachtet Informationen als heilig, das Kopieren als Sakrament und Kopierschutz als Sünde. Informationen hätten einen Wert, der sich beim Kopieren vervielfache, glaubt die Gruppe um den Gründer Isak Gerson . Der 19-Jährige, der in Uppsala Philosophie studiert, bezeichnet sich selbst als "spirituellen Führer" seiner Gruppe und hofft, dass ihre Angehörigen ihren Glauben in Zukunft "ohne Angst vor Verfolgung" ausleben können.
Heilige Symbole
Der Name Kopimisten ist eine Abwandlung von copy me (kopiere mich). Zu den Überzeugungen der Kopimisten gehört, dass Vervielfältigung und Weiterverbreitung von Informationen wichtig und wertvoll ist. Und dass der Remix von Informationen wie etwa Bildern oder Musik ein Zeichen des Respekts und der Anerkennung gegenüber dem Schöpfer des Ausgangsmaterials ist. Die Befehle "Strg c" und "Strg v" für Kopieren und Einfügen sind für die Anhänger der Gruppe heilige Symbole.
Die Missionerande Kopimistamfundet gründete das Mitglied der schwedischen Piratenpartei im Jahr 2010. Zwei Anträge auf Anerkennung als religiöse Gemeinschaft scheiterten. Die schwedischen Behörden verlangten den Nachweis von formalisierten Gebeten oder Meditationen, wie TorrentFreak schreibt. Dieser Nachweis wurde nun erbracht, der schwedische Staat nimmt den Kopimisten nun ab, dass sie Kopier- und Remix-Rituale abhalten.
Eine Religion zur Liberalisierung des Urheberrechts
Damit ist das Kopieren von urheberrechtlich geschütztem Material nicht plötzlich legal. Aber die Kopimisten hoffen, dass ihre Überzeugungen, weil sie offiziell als religiös anerkannt sind, in der künftigen Gesetzgebung berücksichtigt werden. Das bestätigte Gerson am Donnerstagabend in einer E-Mail.
Schon als der zweite Antrag abgelehnt wurde, hatte Gerson gesagt , er wolle "politisch für eine Welt kämpfen, in der Kopieren nicht nur akzeptiert, sondern sogar unterstützt wird". Die religiöse Gruppe funktioniert also auch, aber nicht nur, als Träger einer politischen Kampagne zur Liberalisierung des Urheberrechts. Gerson betont, die Hoffnung, künftige Gesetze beeinflussen zu können, sei "nur eine Nebenfrage. Wir praktizieren unseren Glauben seit mehreren Jahren. Die Kirche ist nur ein Weg, damit wir uns besser organisieren können." Die Kopimisten würden auch nicht von der Piratenpartei unterstützt, schon gar nicht finanziell. "Unser Budget beträgt null", schrieb er.
Um von Politikern ernst genommen zu werden, braucht die Gruppe deutlich mehr Mitglieder. 3.000 sollen es bislang sein. Die offizielle Anerkennung könnte zu einem deutlichen Anstieg der Mitgliedszahlen führen – zumindest war die Website am Donnerstag zeitweise völlig überlastet. Nach Angaben der Betreiber wurde sie nach Bekanntgabe der staatlichen Anerkennung so oft verlinkt, dass der Server unter dem Ansturm der Besucher zusammenzubrechen drohte.
Kommentare
Reinfeldt hat fertig
Es wird Zeit, dass Schweden zu seinen liberal-sozialdemokratischen Wurzeln zurückfindet.
Wofür jetzt wieder die Religösität herhalten muss.
Erinnert mich an den Pastafari aus Österreich.
Deren religöse Kopfbedeckung ist ein Nudelsieb und da die anderen Religionen ihre auf dem Führerscheinfoto tragen dürfen wollte er das auch. Als man sich weigerte klagte er - und bekam Recht!
Interessant wäre es wenn ihr, liebe Redaktion, euch erkundigen würdet welche Grundrechte einer anerkannten Religion in Schweden nicht verweigert werden dürfen und wo sich das mit dem Urheberrecht beißt.
Schon seltsam
Wohlwollen und Verwunderung gehen bei mir Hand in Hand.
Warum zum Teufel muss man formalisierte Gebete nachweisen damit die eigene Weltanschauung einen bestimmten Status erhält?
Sonderrechte für Religion vertragen sich nicht mit der Gleichberechtigung aller Weltanschauungen. Sehr schön, dass diese schwedischen Gläubigen/Aktivisten das mal wieder vorführen.
super!
Ich finde das in zweifacher Hinsicht super, a wird den religiösem ein spiegel vorgehalten und b kannn man nun auf Glaubensfreiheit pochen.
Somit wird die Piratenpartei zur CSU der virtuellen Welt.
@ Don Alberto
Was sollte ich denn sehen in diesem Spiegel?
Unser täglich Download gib uns heute,
und bewahre uns vor der GEMA.
Amen.
Gute Idee :-)
Sehr schön.
Wirklich sehr schön.