Der britische Politiker Alistair McAlpine hat schätzungsweise 10.000 Twitterern gedroht, sie zu verklagen. Ihr Vergehen: Sie haben sich in Tweets und in Retweets über ihn und einen Bericht geäußert, in dem McAlpine beschuldigt wurde, Kinder missbraucht zu haben. Der Bericht war falsch , die BBC hat dafür um Verzeihung gebeten und eine Wiedergutmachung gezahlt . McAlpine findet, nun seien die Twitterer dran.
Seine Anwälte hätten ein ganzes Team engagiert, um alle Tweets und alle Retweets mit dem Namen des früheren britischen Abgeordneten zu finden, berichtet die Zeitung Daily Telegraph . Und zitiert Channel 4 News , wo McAlpine gesagt habe: "Ich bin fest entschlossen, bei der Gemeinschaft der Twitterer einen so nachhaltigen Eindruck zu hinterlassen, dass sie darüber nachdenken, was sie dort sagen."
Jeder, der ihn auf Twitter fälschlich mit dem Missbrauchsskandal in Verbindung gebracht hat, solle sich artig entschuldigen und fünf Pfund zahlen, fordert McAlpine. Die Daily Mail schreibt , das betreffe 1.000 Verfasser von Tweets und 9.000 Twitterer, die an ihre Follower einen Retweet verschickt haben.
Kaum einer schaut sich die Links an
Klingt verrückt? So einfach ist es leider nicht.
Zuerst ein paar Fakten. In einer gerade veröffentlichten Studie wird die Beobachtung beschrieben, dass viele Twitterer Links verbreiten, ohne den von ihnen verlinkten Inhalt jemals angesehen zu haben . Retweets seien daher ein Ausdruck genereller Unterstützung, mehr nicht. Twitter ist eben nicht zuletzt ein "soziales Netzwerk".
Allerdings sieht die Rechtsprechung eine so unkritische Beschäftigung mit einem Inhalt nicht vor. Auf nahezu jeder Website gibt es zwar sogenannte Disclaimer, in denen steht, dass der Betreiber der Seite für den Inhalt von verlinkten Websites nicht verantwortlich sei. Die helfen aber im Zweifel nicht viel. Gerichte hierzulande berufen sich immer wieder auf die sogenannte Verbreiter- oder auch Linkhaftung.
Verbreiterhaftung
Wer einen Link verbreitet, haftet dafür, wenn der Inhalt des Links illegal ist. Das heißt, er kann mindestens zur Unterlassung verpflichtet werden. Das kommt aus dem Medienrecht und soll es Betroffenen möglich machen, nicht nur gegen den Urheber einer falschen Behauptung vorzugehen, sondern auch gegen alle, die diesen ursprünglichen Bericht nur zitieren.
Grundsätzlich ist es selbstverständlich keine gute Idee, Dinge zu verbreiten, die man nicht angeschaut hat. Der Fall McAlpine aber ist aufgrund der Besonderheiten des britischen Rechts nicht so richtig geeignet, das Problem zu diskutieren.
Kommentare
Einfach krank!
Einfach krank, wenn Geld "gerechte" Verfahren verhindert
"Sie habe nicht genug Geld, sich mit einem Multimillionär anzulegen"
Wenn Wahrheit schon als Zumutung empfunden wird
Sie hat Mist gemacht, was sie einerseits selbst zugibt, mit dem Satz, "sie habe nicht genug Geld, sich mit einem Multimillionär anzulegen", aber zugleich wieder relativiert und sich als Opfer stilisiert.
Natürlich darf sie ohne dafür sanktioniert zu werden etwas zu dem Fall sagen. Es muss halt der Wahrheit entsprechen. Wer darin schon eine Zumutung sieht ...
Grundsätzlich wichtige Debatte
Unabhängig davon, wie geeignet dieser Fall ist und wie selbstlos oder selbstgerecht die Motive von Herrn McAlpine, wäre es zu begrüßen, wenn in Zukunft über Verleumdung per Mausklick mehr debattiert und ggf. auch gesetzlich entschieden wird. Das unsägliche Verbreiten von Unwahrheiten, die das Leben der Betroffenen zerstören oder ihm zumindest beträchtlichen Schaden zufügen, sollte nicht als unabänderbare Realität der digitalen Welt hingenommen werden.
Eine feine Geste wäre es natürlich, wenn das Schmerzensgeld zumindest zum Teil gespendet würde, idealerweise an entsprechende gemeinnützige Einrichtungen.
Ich finde das sehr gerecht.
Wenn jemand mich verleumdet, möchte ich diese Person zur Rechenschaft ziehen können. Und wenn jemand dabei hilft, indem er diese Verleumdung - vermutlich schadenfroh - weiterträgt, ist es sicher nicht falsch eine Entschuldigung zu erwarten.
Fünf Pfund sind ja wohl eher eine symbolische Summe.
Es geht hier schliesslich nicht nur um Gerüchte, sondern um öffentlich zugängliche Kurznachrichten, die im zweifelsfall jederzeit wieder eingesehen werden können.
Ich denke, dass jeder verantwortlich ist für das, was er sagt, schreibt und publiziert. Insbesondere wenn es um so schwere Vorwürfe wie den Missbrauch von Minderjährigen geht.
Es geht um Nachrichten!
"Ich denke, dass jeder verantwortlich ist für das, was er sagt, schreibt und publiziert. Insbesondere wenn es um so schwere Vorwürfe wie den Missbrauch von Minderjährigen geht."
So leicht ist das nicht. Es geht hier ja nicht um irgendeinen Klatsch den ich im Café über drei Ecken gehört habe, sondern um Nachrichten der BBC. Die BBC hat in den letzten Tagen sicherlich auch über unzählige andere Dinge berichtet. Bei nahezu keinem davon dürfte es einem regulären Bürger möglich sein, den Wahrheitsgehalt nachzuweisen (Naher Osten, Eurokrise usw.).
Die Unterdrückung der Diskussion von Nachrichten ist Zensur.
Na...
ob das nicht mal ein Fehler war, das "Internet" kann ihn "fertig machen". Die Missbrauchsvorwürfe wären ein Witz dagegen.
Na das
will ich sehen, wie das Internet aus dem Netz steigt und dem netten Herrn zeigt, was ne Harke is.
Wusst ich doch schon immer - mit dem Internet is nich zu spaßen.