Es scheint, als sei der Kampf um das Leistungsschutzrecht gelaufen, noch bevor es überhaupt in Kraft getreten ist. Mit einem klaren Sieg für Google, das die Bedingungen diktiert. Und mit Verlagen, die sich nun auch noch selbst demütigen und vor der Macht des Suchmaschinenunternehmens kapitulieren müssen.
Aber das täuscht. Gewonnen hat Google bloß eine PR-Schlacht. Die eigentliche Auseinandersetzung ist vertagt. Die Positionen sind unverändert. Entschieden ist in diesem Streit, der vor Paradoxien nur so strotzt, nichts.
Es geht um die kurzen Ausschnitte aus den Artikeln der Verlage, die in Suchmaschinen und auf Seiten gezeigt werden, die solche Anrisse zusammenstellen und dann auf die Ursprungsseiten verlinken. Diese sogenannten Snippets, Textschnipsel, sollen nach dem Willen der Verlage genehmigungspflichtig sein, sodass sie dafür Geld verlangen können. Sie haben monatelang dafür lobbyiert und letztlich ein eigenes Leistungsschutzrecht erkämpft. Doch schon ob das konkrete Gesetz, das heute in Kraft tritt, dieses Ziel erreicht, ist umstritten.
Immerhin hat Google es nun geschafft, dass die Verlage schwarz auf weiß und öffentlich erklärt haben, wie groß der Wert der Leistung ist, die die Nachrichtensuchmaschine Google News für sie erbringt. "Erhebliche Reichweitenverluste" befürchtet etwa die Frankfurter Allgemeine Zeitung, wenn sie dort nicht mehr vertreten sei, und sprach in einer Pressemitteilung von "nicht überschaubaren wirtschaftlichen Risiken".
Verlage mussten sich zu Google bekennen
Damit ist der Grundwiderspruch des neuen Gesetzes eindrucksvoll offengelegt: Die Verlage wollen, dass Google für eine Leistung, die das Unternehmen erbringt, auch noch bezahlt. Es ist nicht die einzige Paradoxie.
Dass die Verlage sich zur wirtschaftlichen Bedeutung von Google News bekennen mussten, hat Google durch einen simplen Trick erreicht: Das Unternehmen forderte von ihnen eine schriftliche Einwilligung: Wenn sie weiter mit ihren Inhalten präsent sein wollen, müssen sie erklären, dass Google wie gehabt die kurzen Ausschnitte kostenlos anzeigen darf.
Nach der Rechtsauffassung von Google – das ist die nächste Paradoxie – wäre eine solche Einwilligungserklärung gar nicht nötig. Denn das Unternehmen meint, dass es solche Snippets auch nach dem neuen Gesetz weiter zeigen darf, ohne jemanden dafür bezahlen zu müssen.
Mit der Forderung, sich ausdrücklich zum Verbleib in Google News zu bekennen, zwang Google die Verlage dazu, sich zu entscheiden: Entweder akzeptieren sie die kostenlose Nutzung ihrer Inhalte in der Form, wie Google News sie betreibt, oder sie verschwinden aus dem Angebot. Das ist nach Ansicht von Google auch in Zukunft die einzige Wahl, die Verlage und andere Anbieter von Inhalten haben. Das Unternehmen werde unter keinen Umständen für Snippets zahlen, stellte ein Sprecher gerade noch einmal klar.
Das aber ist das Ziel vieler großer deutscher Verlage, angeführt von der Axel Springer AG: Sie wollen Geld von Google. Das war der wesentliche Antrieb für die Schaffung des neuen Leistungsschutzrechtes. Trotzdem haben nach Auskunft Googles fast alle Verlage die geforderte Erklärung abgegeben – mit Ausnahme der Koblenzer Rhein-Zeitung. Auch der Vorkämpfer Springer. Sie haben dafür im Netz viel Spott geerntet. Vom "Einknicken" vor Google und vom "Kuscheln" mit dem Suchmaschinenriesen ist die Rede.
Kommentare
Ich sehe schon eine GEMA für Text-snippets vor mir
und jeder der lesen kann darf zahlen.
Dann haben wir in Deutschland nicht nur kastrierte stream-Möglichkeiten, sondern auch nicht mehr vollständig funktionierende Suchmaschinen.
Das wird im Zweifel ein doller Schuss der Verlage ins eigene Knie.
Warum einigt man sich nicht auf eine 50-Worte-snippet-Freigrenze oder ähnliches?
Und der Benutzer geht wieder leer aus?
Der Wert der Artikel und Snippets besteht doch einzig darin, dass Nutzer sich die Mühe machen, sie anzuklicken und zu lesen. Dafür möchten wir aber auch unseren Teil abhaben und bezahlt werden. Gründen wir eine User-Organisation und stellen Forderungen. Wenn nicht gezahlt wird, sowohl durch Google als auch durch die Verlage, lesen wir nicht mehr.
Planlos
unsere Nicht-Regierungs-Organisation in Berlin irrt weiter durch Neuland und wundert sich, dass Deutschland in Sachen Startups im Web hinterherhinkt.
Planlos wie überall.
Aber wenn Chef und Minister sich gleichermaßen hinter Sätzen wie "Man kann sich als Verantwortlicher nicht mit allem beschäftigen" verstecken, was soll schon dabei rauskommen? Die #besteregierungallerzeiten eben.
Hoffentlich wachen die 40%+X bald auf...
Ein Plan ist mit Sicherheit dahinter
Planlos
unsere Nicht-Regierungs-Organisation in Berlin irrt weiter durch Neuland und wundert sich, dass Deutschland in Sachen Startups im Web hinterherhinkt.
1. Ein Plan ist mit Sicherheit dahinter. Ich wette die Koalition hat sich für dieses Gesetz mit Axel-S. auf wohlwollende Berichterstattung vor der Wahl geeinigt. Eine Hand wäscht die andere. Sol läuft das nunmal in konservativ-liberalen Küngelkreisen.
2. Deutschland ist was Start-Ups angeht ganz vorne mit dabei. Berlin ist die weltweit beliebteste Metropole für junge Start-Ups.
Das ist krankes Recht
Man will Google also zwingen, Verweise zu den Verlagen in den Index aufzunehmen. Darüber hinaus, soll Google gezwungen sein, für eine Leistung, die Google erbringt, zu zahlen. Die Verlage brauchen die Verweise im Google Index, um zahlende, oder klickende Kundschaft auf den eigenen Seiten zu erhalten. Wenn so etwas durch die deutsche Verfassung gedecktes Recht sein soll, verliere ich den Glauben an dieses Land.
Absurder und "schmarotzerhafter" kann man sich kaum mehr gieren. Die Verlage möchten sich ihr eigenen Probleme und kreativen Fehlleistungen durch andere Unternehmen finanzieren, bzw. subventionieren lassen und dies mit Hilfe von Politik und deutschem Recht. Das ist wirklich ein Tiefpunkt verlegerischer historisch gewachsener Arroganz.
Die letzten beiden Jahrhunderte, haben die Verlage korrumpiert. Sie sind sehendes Auges in eine Zeit gelaufen, in der sie nicht mehr das Wissen der Welt alleine in ihren Archiven bunkern konnten. Aber statt ihre Energie in die Erschaffung neuer Ideen einzubringen, nutzen sie diese für eine dummdreiste Lobbyarbeit um veraltete Rechte und Geschäftsmodelle in das neue Zeitalter, in eine neue Gesellschaft hinüber zu retten!
Ich verstehe die Probleme des Journalismus. Ich verstehe aber nicht die Antworten darauf.
Ein Bildnis:
Das alles verhält sich so ähnlich, als wollte man als Eishändler gegen Stromkonzerne und Kühlschrankhersteller juristisch und politisch Stellung zu nehmen.
Verlage, das ist erbärmlich!