Im Streit um die Reform des Urheberrechts haben die EU-Mitgliedsstaaten einen Kompromiss zwischen Deutschland und Frankreich mehrheitlich gebilligt. Der für den Digitalbereich zuständige Vize-Kommissionspräsident Andrus Ansip sagte, dass die EU-Staaten beim Urheberrecht wieder eine gemeinsame Stimme gefunden hätten. Er hoffe nun auf eine endgültige Einigung in der kommenden Woche, schrieb Ansip auf Twitter.
Der umstrittene Artikel 13 der Reform soll einen Anreiz für Online-Plattformen wie YouTube geben, Kunst- und Medienschaffende für ihre Inhalte besser zu vergüten, und verpflichtet sie, Inhalte zu entfernen, für die von den Urhebern keine Lizenz erteilt wurden.
Deutschland wollte erreichen, dass Kleinunternehmen und Start-ups von der Pflicht ausgenommen werden, bei ihnen bereitgestellte Inhalte nach Urheberrechtsverletzungen zu filtern. Dies lehnte Frankreich ab. Nach dem Kompromiss müssen Firmen für Ausnahmen drei Kriterien erfüllen: Sie müssen mindestens drei Jahre bestehen, ihr Umsatz muss weniger als zehn Millionen Euro betragen und die Nutzerzahl muss unter fünf Millionen pro Monat liegen.
Unternehmen, die über diesen Schwellen liegen, müssen hochgeladene Inhalte nach von den Lizenzinhabern bereitgestellten Listen filtern und verhindern, dass nicht genehmigte Werke wieder auf ihrer Plattform erscheinen.
Deutschland und Frankreich hatten sich am Dienstag auf den Kompromiss geeinigt. Nach Angaben aus EU-Kreisen wurde dieser Text nun bis auf eine kleine Änderung fast vollständig übernommen. Nach der Einigung der EU-Länder sollen nun Verhandlungen mit dem Europaparlament und der EU-Kommission beginnen. Nach Angaben aus Brüssel sollen diese am Montag, Dienstag oder Mittwoch stattfinden.
Kommentare
Wen kann ich bitte verklagen, wenn meine Uploads unberechtigt gesperrt werden? Welche Strafen gibt es für unberechtigte Löschaufforderungen?
Niemanden?
Keine?
Na herzlichen Dank an unsere feine Lobbykratie!
Vergessen Sie Klagen & Co. Die Freiheit im Internet muß man sich jetzt wieder erobern. Das wird ein harter Kampf mit ungewissem Ausgang in einem Umfeld das gekennzeichnet ist durch Unwissenheit, Gleichgültigkeit, und Apathie.
So ist z.B. eine Wiederauferstehung der Piratenparteien in der EU völlig illusorisch: die Copyright-Extremisten haben auf ganzer Linie gewonnen. Punkt. Das muß man erst mal verinnerlichen. Erst dann, kann man sich politisch wieder organisieren, um solche Fehlentwicklungen rückgängig zu machen. Einfach wird's jedoch nicht.
Bye bye Wikipedia? Ist es jetzt das Ende für große Plattformen mit user-generiertem Inhalt? Denn so wie's aussieht, dürfte die Wikipedia nicht unter den Ausnahmen fallen. Axel Voss & Co. haben gewonnen, die Öffentlichkeit hat verloren.
Bye bye Wikipedia?
Ich glaube, das man mit der Urheberrechtsreform in dieser Form einfach nur testet, wie weit man gehen kann und wie viel Unfreiheit der Bürger bereit ist zu akzeptieren. Daher stellt sie erstmal eine Maximalforderung dar. Es wird jetzt natürlich zu Protesten kommen. Daraufhin wird man einzelnen, größeren Plattformen, Sonderrechte gewähren, so dass sie weiterleben können. Diese Sonderrechte sind natürlich mit keinem Recht vereinbar und werden sodann in Klagen später einkassiert. Bis dahin werden sich einzelne Unternehmungen zusammenschließen und ihre Inhalte untereinander "frei" stellen. Wir werden also ein Wikipedia erleben, das nur auf wenige Inhalte verlinken kann und deren Texte so um Quellen für Aussagen befreit und kastriert werden und sie damit wertlos machen.
Diese Reform ist nicht dazu gedacht Entwicklung zu erlauben, sie ist dazu gedacht den Status quo einzufrieren. Wer dachte, der Papiergebundene bzw. auf DVD gebrannte Brockhaus wäre ausgestorben, wird nun seine Wiedergeburt erleben. Und das Internet nach 2.0? Wir werden es Jurassic Web nennen, oder so ... nur reden, werden wir darüber nicht können, schließlich könnte von irgendwem das Copyright verletzt werden - zum Beispiel das der Firma " Jurassic Web Design".
"Nach dem Kompromiss müssen Firmen für Ausnahmen drei Kriterien erfüllen: Sie müssen mindestens drei Jahre bestehen, ihr Umsatz muss weniger als zehn Millionen Euro betragen und die Nutzerzahl muss unter fünf Millionen pro Monat liegen."
Wenn ich die ersten drei Jahre bereits einen Upload-Filter betrieben habe, wo soll dann die ersparten "Mühen" sein, diese danach weiter zu führen ?!
Oder sollte es heißen "Sie dürfen maximal drei Jahre bestehen, [...]" ?
Nein, das heißt, wenn sie 3 Jahre entsprechend klein bleiben, müssen Sie diese 3 Jahre keine Filter benutzen. Es heißt aber auch, das nur jene Plattformen ohne ausreichend Reichweite "frei" sind und sobald eine Plattform Bedeutung hat und damit den Machteliten gefährlich werden kann, sie nicht mehr frei ist, sowie deren Nutzer. Die Urheberrechtsreform ist das Ende vom Experiment Web 2.0 in Freiheit. Die Reform überführt diese Freiheit zurück an jene, die das Eigentum an unseren Medien haben. Denn in Zukunft wird zum Beispiel eine große Plattform wie Youtube (dies wurde bereits letztes Jahr in einem Videobeitrag der Firma angekündigt) in der EU nur noch jenen einen freien Zugang geben, die als etablierte Firma selbst für sorgenfreien Inhalt garantieren, dem einzelnen Bürger nicht. Das heißt, wir werden zum Beispiel ein Youtube erleben bestehend aus RTL, ZDF, RTL2, ARD usw. und natürlich mit den Produkten von Mediakraft und deren vorselektieren Youtubern und damit frei von jeder kritischen Stimme. Diese Zukunft können Sie auf jede Ihnen liebe Plattform übertragen. Es ist eine Zukunft ganz im Sinne von Staaten, denen die Bürger gerade das Vertrauen entziehen. *hust* Frankreich
Wenn diese Urheberrechtsreform so kommt, bedeutet sie das Ende von Youtube in der EU in seiner heute bekannten Form und das Teaserbild ist weise gewählt, denn allein diese Konsequenz hat epochale Ausmaße. Nicht nur in Deutschland sind die Medien in der Hand sehr weniger, sehr reicher Menschen. Peter Scholl-Latour fand hierzu einst die passenden Worte, diesen Zustand der westlichen Welt auf den Punkt zu bringen, "Die Freiheit der Presse im Westen, wobei die viel besser ist als anderswo, ist letztlich die Freiheit von 200 reichen Leuten ihre Meinung zu veröffentlichen."
Youtube bot den Bürgern die Chance, diese betonierte Situation mit einer Gegenöffentlichkeit zu brechen, respektive sich mittels ihr zu informieren. Diese Gegenöffentlichkeit hat die mediale Macht der wenigen, sehr reichen Leute in Teilen zur Unkenntlichkeit verwässert. Heute können jederzeit überall die Fake News und falschen Behauptungen der Politik, über die die Leitpresse zu gerne schwieg, aufgerufen und geteilt werden.
In Frankreich ist die Lage weitaus angespannter als hier. Dort ringen die Machteliten in einem verzweifelteren, prekäreren Kampf um die Deutungshoheit und Macron als ihr Gewährsmann steht mit dem Rücken an der Wand umzingelt von Bürgern in gelben Westen. Das der Urheberrechts-Kompromiss in das gleiche Zeitfenster wie die Meinungsänderung Frankreichs zu North Stream 2 und dem dann gefundenen Kompromiss fällt, muss ein Zufall sein, denn sonst wurde unsere Freiheit für NS2 geopfert.
Das stimmt. Es gab immer wieder ein "Ende der heutigen Form" im Internet (und außerhalb). Das nennt man Entwicklung und Fortschritt.
Es ist eine völlig natürliche Reaktion vor der unbekannten Zukunft Angst zu haben und sich Schreckensszenarien auszumalen. Danke, dass Sie Ihre Furcht hier teilen.
Ich bin gespannt auf die zukünftige Form von YouTube und Co. Mit Optimismus sehe ich der eigenen Kreativität der User entgegen, die nicht andere Künstler schaden, indem sie deren geschützt Werke nutzen. (Jeder Künstler kann übrigens auch von sich aus auf sein Urheberrecht verzichten - gut, er verdient dann außerhalb des expliziten Verkaufs nichts mehr an seinem Werk... aber er unterstützt "die Freiheit des Internets"!)