Papst Johannes Paul II. hat einer britischen Reportage zufolge über Jahrzehnte eine enge Beziehung zu einer verheirateten Frau gehabt. Das dokumentiert ein BBC-Film anhand von mehreren Hundert Briefen und Privatfotos. Der Vatikan soll sich laut der britischen Zeitung The Guardian von dem Beitrag distanziert haben. Er enthalte "mehr Rauch als Feuer".
Die Anfänge der Beziehung zwischen dem aus Polen stammenden Karol Wojtyła zu der polnisch-amerikanischen Philosophin Anna-Teresa Tymieniecka, die 2014 verstarb, reichen laut der Dokumentation bis in die 1970er Jahre zurück. Tymieniecka soll dem damaligen Krakauer Kardinal Wojtyła vorgeschlagen haben, sein 1969 veröffentlichtes Buch Person und Tat ins Englische zu übersetzen.
Aus dem Briefwechsel über philosophische Fragen entwickelte sich schnell eine sehr persönliche Korrespondenz. Schon bald kam es laut Dokumentation auch zu persönlichen Begegnungen, gemeinsamen Wanderungen oder Skifreizeiten. Noch einen Tag vor dem Tod des Papstes am 2. April 2005 besuchte die Philosophin ihn im Krankenhaus.
Vatikan habe Freundschaft verschwiegen
Dies soll in Insiderkreisen allerdings bereits bekannt gewesen sein. Neu
an der Dokumentation ist, dass mehrere Hundert Briefe und Privatfotos die Freundschaft dokumentieren. Die Autoren des BBC-Films stellen aber klar,
dass es keine Hinweise darauf gebe, dass Karol Wojtyła den Zölibat gebrochen
habe.
Dennoch seien sich die verheiratete Mutter von drei Kindern und der Geistliche über drei Jahrzehnte auch emotional sehr nahe gewesen. Gegenüber dem Papst-Biografen Carl Bernstein hat Tymieniecka der britischen Zeitung The Telegraph zufolge eine romantische Beziehung mit Johannes Paul II. bestritten. "Wie hätte ich mich in einen mittelalten Kirchenmann verlieben sollen?", soll sie in einem Interview gesagt haben.
Die BBC-Autoren kritisieren, dass Tymieniecka nach dem Tod von Johannes Paul II. vom Vatikan systematisch totgeschwiegen worden sei – auch um die schnelle Selig- und Heiligsprechung des Papstes nicht zu gefährden. Der Film deutet unter Berufung auf Freunde Tymienieckas an, dass zumindest die Briefe von Karol Wojtyła veröffentlicht werden könnten.
Bereits 2009 hatten Berichte über eine frühere enge persönliche Beziehung Karol Wojtyłas zu einer verheirateten Frau für Aufsehen gesorgt. Die 94-jährige Wanda Półtawska, eine Psychiaterin, die die Nazi-Konzentrationslager überlebt hatte, veröffentlichte damals ein Buch über ihre Korrespondenz mit dem polnischen Priester. Wojtyła hatte ihr seit den 1950er Jahren geholfen, die Erlebnisse aus den KZ zu verarbeiten.
Die Dokumentation Die Geheimnisse von Papst Johannes Paul II. wird in Großbritannien bereits am Montagabend ausgestrahlt, am Dienstagabend ist sie im deutsch-französischen Kulturkanal Arte zu sehen.
Kommentare
Wow, zwei erwachsene Menschen schreiben sich Briefe ...
Und sind platonische Freunde - Skandal! :)
Was sich hier wie eine weltbewegende Enthüllung liest, erzeugte zu anderen Zeiten nur ein leichter Schulterzucken und allenfalls höhnisches Gelächter.
Es ist schließlich ein offenes Geheimnis, dass frühere Päpste nichts anbrennen ließen. In der Renaissance gar machte so mancher Pontifex Maixmus kein Hehl daraus, eine oder gleich mehrere Frauen sein eigen zu nennen und eine ganze Schar Kinder gezeugt zu haben.
Man weiß nicht, worüber man sich mehr ärgern soll:
Über das menschenverachtende Gebot des Zölibats, das die menschliche (hier: männliche) Natur verleugnet, selbst die der Päpste, die bekanntermaßen auch Menschen sind, oder über die Scheinheiligkeit mancher Kleriker, die so tun, als wüssten sie nichts über gewisse unzüchtige bis hin zu kriminellen Praktiken oder krude Geschäftspraktiken.
Haben Sie den Artikel gelesen? :-)
Warum soll der Vatikan das verschwiegen haben? Vielleicht fande man es schlicht nicht erwähnenswert? Wäre es ein Mann gewesen, mit dem er in den Skiurlaub gegangen wäre, oder philosophiert hätte, würde wahrscheinlich auch niemand auf die Idee kommen, dass der Vatikan dazu Stellung beziehen sollte.
Oh, das wäre aber für einen katholischen Priester viel wahrscheinlicher gewesen, mit einem freund in die Ferien zu fahren. Messdiener sind wohl zu auffällig.
Sensation: Der Papst hat tatsächlich echte, menschliche und innige Beziehungen zu Frauen gepflegt. Was muss das für ein Wüstling gewesen sein, dass er ihnen die Erotik verweigert hat. Pfui, diese Katholiken.