Facebook gründet eine Taskforce gegen Hasskommentare, das Bundeskriminalamt lässt bundesweit Wohnungen durchsuchen: Gegen kriminelle und menschenverachtende Äußerungen im Netz wird hart gekämpft. Auch die Amadeu Antonio Stiftung erläuterte jüngst, wie sich rassistische Hetze erkennen lässt und wie ihr zu begegnen ist. Das Bundeskriminalamt und das Innenministerium warben auf Twitter spontan für die Broschüre und forderten zum Handeln auf.
In seiner Sendung Hallo Deutschland hat das ZDF bereits vergangene Woche das
Thema aufgegriffen. In der dreiminütigen Rubrik Wochenrückblick versucht Autor Achim Winter mit
vorgehaltenem Mikrofon Passanten in einer Fußgängerzone Kommentare zu aktuellen Ereignissen zu entlocken, dazwischen präsentiert er in launig gehaltenem
Tonfall seine eigene Meinung. In der Sendung am vergangenen Donnerstag war es die zum Thema Hasskommentare.
Seitdem sieht sich die Amadeu Antonio Stiftung "schwer getroffen". Der Beitrag des Autors Achim Winter sei "verstörend", schreibt der Vorsitzende des Stiftungsrates, Konfliktforscher Andreas Zick, an den ZDF-Fernsehrat in einer Beschwerde, die ZEIT ONLINE vorliegt. Ähnliche Schreiben gingen an die Intendanz und die Redaktionsleitung. Die Stiftung verlangt, den Beitrag aus der Mediathek zu löschen.
Zu Beginn des Beitrags begrüßt Winter seine "Twitter-Freunde"
@zaretten und Ausbilder Schmidt, womit seinen Twitter-Interaktionen zufolge
der Account @ausbilders gemeint ist. Er bezeichnet beide als
"Jungs", die ihn "aufrecht halten", da er sonst nicht mehr
wisse, "was ich machen soll", weil die Amadeu Antonio Stiftung jetzt
"gegen Hate Speech aufpassendeLeute anschwärzt".
Auf Twitter ist nachzuvollziehen, wie die beiden Nutzer eben diese Hasskommentare verbreiten: @zaretten erweckt in seinem Kommentar zu einer Nachrichtenmeldung über Ermittlungsverfahren zu den Silvester-Übergriffen von Köln den Eindruck, die Justiz verfolge Straftaten gegen Muslime intensiver als gegen andere Menschen: "Oh, muslimische Frauen unter den Opfern! Eventuell nehmen Ermuttlungen ja jetzt Fahrt auf." (Orthographie wie im Original). Der Nutzer @ausbilders ergänzt einen Tweet über ein Mädchen, das im Kindergarten ein muslimisches Kopftuch trägt mit den Worten: "Und auf dem zugehörigen Kindergartenfest gibt es geflügelwurst. Die schmeckt ja allen gut und ist auch viel gesünder." Ob der Redaktion von Hallo Deutschland die Gesinnung der Twitterer nicht auffiel, oder ob sie den Beitrag trotzdem veröffentlichten, wollte ein Sprecher nicht kommentieren.
Winter selbst retweetet und liked in seinem eigenen Twitter-Account Beiträge der von ihm genannten Nutzer und anderer Twitterer mit muslimfeindlichen und nationalistischen Inhalten. Darunter ein Foto von einem Gulaschgericht, ergänzt mit den Worten "aber ok für unsere geschenkten Mitbürger, oder?"
In seinem Beitrag bezeichnet Winter die Suche nach
Hasspostings im Netz als "Bespitzelung". Er verabschiedet sich von seinen
Zuschauern mit den Worten, er "rufe jetzt mal bei Frau Kahane an" – der
Vorstandsvorsitzenden der Stiftung – "die ist ja für jeden Tipp dankbar". Damit
spielt er auf die Stasi-Vergangenheit Kahanes an, die im Alter von 19 Jahren
von dem DDR-Spitzeldienst angeworben worden war. Kuratoriumschef Zick verweist in seinem Brief
an das ZDF darauf, dass die Stiftung wegen der Stasi-Vorwürfe selbst
Anfeindungen ausgesetzt ist – vor wenigen Monaten klebte die
völkische Identitäre Bewegung diffamierende Flugblätter mit der Aufschrift
"Sie betreten den Überwachungsstaat" an den Eingang. Die
Stasi-Vergangenheit Kahanes sei detailliert aufgearbeitet und transparent, schreibt
Zick. Ein Gutachten bestätigte nach Angaben der Stiftung, dass Kahanes Stasi-Mitarbeit keinem anderen Menschen geschadet hat.
Das ZDF nutzt für Hallo Deutschland Winters Persönlichkeit und Prominenz. Seine Aktivitäten auf Twitter sind zwar formal seine Privatsache, dem Sender dürften sie dennoch nicht gleichgültig sein, zumal er in dem TV-Beitrag auf sie verweist.
Zick räumt in seinem Brief ans ZDF zwar ein, der Beitrag lasse
sich womöglich als Satire einordnen, könne aber auch anders beurteilt werden. Er kritisiert, dass das ZDF die Stiftung dem Spott preisgebe.
Der Stiftungsrat frage sich, "welchen Zweck die Konzentration auf die Stiftung
hat".
Der Sender lässt die Frage offen. Winter arbeite als Satiriker mit "provokant-überspitzten Thesen" und treffe seine "pointierten Aussagen" erkennbar in dieser Rolle, erläuterte ein Sprecher ZEIT ONLINE gegenüber. Gleichzeitig ging er zu Winters Aussagen auf Distanz:"Sie spiegeln nicht die Haltung der Redaktion oder des ZDF insgesamt wider." Über die Twitter-Aktivitäten des Autors sagt der Sprecher nichts.
Offenlegung: Aufgrund von Nachfragen ergänzen wir den Hinweis, dass die ZEIT-Redakteurin Andrea Böhm Mitglied im Stiftungsrat der Amadeu Antonio Stiftung ist. Zudem gehört der stellvertretende Chefredakteur der ZEIT, Moritz Müller-Wirth, zum Beirat von "Netz gegen Nazis", einem Projekt der Amadeu Antonio Stiftung, das ursprünglich vom Verlag DIE ZEIT gegründet wurde und bei dem DIE ZEIT und ZEIT ONLINE heute Kooperationspartner sind.
Kommentare
Mir fällt das ZDF nur durch kleine Skandale, überbordende Fußballberichterstattung, Massen an Morden und grottig schlechte Filme auf. Dazu noch durch eine Liebe zum Adel, die einem hinter gut klingenden Titeln wie "zdf zeit" oder "zdf history" um die Ohren gehauen wird.
Positiv eigentlich schon lange nicht mehr - gepflegte Langeweile für geistig ^^4-^49-Jährige ist die Kernkompetenz.
Finde ich auch erstaunlich wenn ich mich gelegentlich durch die ZDF-Mediathek klicke, was für Unmengen an belanglosem Schrott dieser Sender produziert.
Ob er das alles noch so witzig findet wenn er, wie viele seiner Kollegen, Morddrohungen gegen sich und seine Familie erhält?
morddrohungen aus dem linksradikalen umfeld der sog. amadeu antonio stiftung (die unsäglicherweise millionen aus unseren steuern erhält, u. a. dank frau schwesig) ?
ja, da liegen die eigetlichen probleme s. brandanschlag bei dem verteidiger im berlinprozess zur riga räumung.
Geflügelwurstempfehlung als "Hetze" - gehts noch ?
Zitat: "Und auf dem zugehörigen Kindergartenfest gibt es geflügelwurst. Die schmeckt ja allen gut und ist auch viel gesünder."
Das ist kein Hate-Speech, nicht mal eine Meinungsäußerung, das ist schlicht die Realität in manchen Kitas hierzulande - das habe ich erst am letzten Wochenende auf eiinem Kindergartenfest erlebt.
Ist irgendetwas schlecht an Geflügelwurst?
Der Kommentar wurde auf eigenen Wunsch entfernt. Die Redaktion/kno