Seit Beginn des Machtkampfes im Jemen sind nach UN-Angaben etwa 10.000 Zivilisten getötet worden. Mindestens viermal so viele seien verletzt worden, sagte Jamie McGoldrick von der UN-Nothilfebehörde Ocha. Bisher waren die Vereinten Nationen von etwa 4.200 Opfern ausgegangen, die tatsächliche Zahl liegt möglicherweise noch deutlich höher.
Die Zahlen basieren auf Listen von Gesundheitseinrichtungen, jedoch ist die medizinische Infrastruktur durch den Konflikt stark eingeschränkt. Viele Krankenhäuser oder medizinische Zentren sind laut einem Bericht von Ocha (pdf) nicht funktionsfähig, außerdem seien bis September vergangenen Jahres 13 Gesundheitsmitarbeiter getötet und mehr als 30 verletzt worden. Aufgrund dieser schwierigen Datenlage und der Tatsache, dass viele Zivilisten überhaupt keinen Zugang zu medizinischen Einrichtungen haben, ist die aktuelle Zahl ziviler Opfer vermutlich höher.
Das Kinderhilfswerk Unicef gab vor wenigen Tagen bekannt, dass unter den getöteten Zivilisten fast 1.400 Kinder sind. Seit März 2015 seien außerdem doppelt so viele Kinder verletzt worden. Letzte Woche wurde bei einem Luftangriff nahe einer Schule ein Kind getötet und vier weitere wurden verletzt. Unicef rief die Konfliktparteien dazu auf, Angriffe auf zivile Infrastruktur wie Schulen zu unterlassen, um Kinder besser zu schützen.
19 Millionen auf humanitäre Hilfe angewiesen
Im Jemen kämpfen schiitische Huthi-Rebellen aus dem Norden des Landes mit Verbündeten gegen Truppen der gewählten und international anerkannten Regierung. Der seit Jahren andauernde Konflikt war im September 2014 eskaliert, als Huthis die Hauptstadt Sanaa besetzten. Die Regierung um Präsident Abed Rabbo Mansur Hadi floh zunächst nach Saudi-Arabien, richtete sich mittlerweile aber einen Sitz in der südlichen Hafenstadt Aden ein. Seit März 2015 wird die Regierung von Saudi-Arabien und anderen sunnitischen Ländern mit Luftangriffen unterstützt.
Schon vor den Luftangriffen waren in dem ärmsten arabischen Land laut Ocha fast 16 Millionen Menschen auf humanitäre Hilfe angewiesen. Ende des letzten Jahres war diese Zahl auf fast 19 Millionen gestiegen, die Hälfte davon sei in akuter Lebensgefahr. Dies entspricht einem Großteil der ungefähr 27 Millionen Einwohner, von denen die meisten von Landwirtschaft leben. Im September 2016 waren aufgrund der Kämpfe über drei Millionen Menschen auf der Flucht.
Zuletzt stoppte die USA eine Rüstungslieferung an die saudi-arabischen Streitkräfte, weil die hohe Zahl der zivilen Opfer durch die Luftangriffe der Koalition im Jemen nicht tragbar sei. Es sei durch Zielschwierigkeiten immer wieder zu Angriffen auf Zivilisten gekommen, im Oktober wurde eine Beerdigung in der Hauptstadt Sanaa getroffen. Bei dem Angriff wurden mindestens 140 Menschen getötet, für die USA war das der Anlass, die Waffenlieferung zu überprüfen. Zuvor war außerdem eine Liste von zivilen Einrichtungen an die Streitkräfte übergeben worden. Mindestens ein Ort wurde dennoch beschossen.
Alle Friedensbemühungen der UN scheiterten bisher an Forderungen der Kriegsparteien. Die Huthis wollen langfristig an der Macht beteiligt werden und im Gegenzug ihre Waffen und Land abgeben.
Kommentare
Dass die USA endlich Waffenlieferungen aussetzen, ist ein richtiger Schritt, kann aber erst der Anfang sein.
Wenn Deutschland Panzer und Lenkwaffen nach SA liefert, sorgt es damit vielleicht nicht, wie die Linken sagen, selber für mehr Flüchtlinge, aber definitiv unterstützt es einen Staat dabei, ein fremdes Volk so hart zu malträtieren, dass man mindestens von einem Demo-, wenn nicht sogar einem Genozid reden muss.
Ursachen gibt es diverse:
Iran und Saudi-Arabien führen den Großmacht-Konflikt, den Deutschland und Frankreich vor 1914 geführt haben. Angereichert noch um eine religiöse Note.
Der saudische Verteidigungsminister und Kronprinz - noch sehr jung und unerfahren - sucht dringend nach Möglichkeiten, sich innenpolitisch zu profilieren und im Drängen um die Thronnachfolge zu positionieren. Da kommt so ein Krieg gegen "Ungläubige" gerade recht.
Dazu noch ein dutzend verfeindeter Parteien im Yemen, von denen jede eigene ganz und gar unlautere Ziele verfolgt.
Fertig ist ein modernes Srebenica.
Hier ein herzzerreißender Link:
http://www.daserste.de/in...
Update: Danke Spenden von Weltspiegel-Zuschauern konnte dem kleinen Murad eine medizinische Behandlung ermöglicht werden.
Ich stimme Ihnen zu, aber wann wurden denn deutsche Panzer und Lenkwaffen nach Saudi-Arabien geliefert?
Oh, seit 1,5 Jahren tobt der Krieg im Jemen, mindestens - die Fragwürdigkeit der Allianz USA und Saudi-Arabien bei diesem Genozid ist bisher von der UNO und Deutschland nie beleuchtet worden. Aber da es ja ein Obama-Krieg war und ist, muss es wohl ein "guter" gewesen sein.
1. Da die USA im Yemen nicht mit SA zusammen arbeiten, kann von einer Allianz keine Rede sein.
2. Da die USA im Yemen nicht mit SA zusammen arbeiten, kann auch von einem "Obama-Krieg" keine Rede sein.
3. Haben Sie den Text gelesen? Schon seit langem verurteilen die USA das Vorgehen SA's im Yemen und haben jetzt auch die Waffenexporte gestoppt.
4. Ihr Versuch, unter allen Umständen gegen die USA zu hetzen, ist ebenso offensichtlich, wie armselig. Ihre kalte Abgeklärtheit gegenüber zehntausend Toten macht mich sprachlos.
Schon beschämend, dass dieser Krieg in westlichen Medien totgeschwiegen wird.
Genau deshalb nehmen ich weder den Journalisten, noch den Politikern ihre Bestürzung/Trauer/Wut über das was in Syrien passiert, ab.
Schon alleine: König von Saudi Arabien / Diktator von Syrien
[...]
Und hier: Schweigen im Blätterwald, kein Twitteraktivismus, nichts
Gekürzt. Bitte beachten Sie das wir auf diese Beiträge nicht verlinken möchten. Die Redaktion/dfl
"Schon beschämend, dass dieser Krieg in westlichen Medien totgeschwiegen wird."
Schreiben Sie unter einen Artikel der westlichen Medien, der darüber berichtet. Im ersten Kommentar ist ein Video des Weltspiegels verlinkt.
Es ist gut, dass dieser grausame Krieg mehr Medienpräsenz in Deutschland erhällt.