Wenn er sich vorstellt, sagt er, er heiße Trung Dao. Doch eigentlich ist sein Name Klaus. Klaus ist Rentner, Typ Mallorca-Tourist: braun gebrannt mit grauem Haar, weißes Poloshirt, weiße Tennissocken. Doch an seinem Hals glitzert kein Goldkettchen, sondern helle Holzperlen – eine buddhistische Gebetskette. "Mir ging es noch nie so gut wie in den letzten vier Jahren, seit ich Buddhismus praktiziere. Das erfüllt mich einfach", sagt er. Auf seinen buddhistischen Namen ist er besonders stolz. Trung Dao sei ein ehrwürdiger Name und bedeutet so viel wie "der gute Weg Buddhas". Und dieser Weg ist Klaus' Weg zu sich selbst.
Die Ausübung einer Religion macht zufrieden – nicht nur Klaus, sondern viele Deutsche. Wie die Zahlen des Sozio-oekonomischen Panels zeigen, sind Menschen, die ihre Religion ausüben, eher mit ihrem Leben zufrieden als andere. 67 Prozent derer, die jede Woche in die Kirche gehen oder eine andere religiöse Veranstaltung besuchen, gaben in der Befragung eine hohe Lebenszufriedenheit an. Bei Menschen, die nie in die Kirche, in die Moschee oder in die Synagoge gehen, sind das nur rund 54 Prozent. Zwar ist der Besuch von religiösen Veranstaltungen nicht das einzige Merkmal eines religiösen Lebens, aber es ist doch ein wichtiger Indikator.
So überrascht es nicht, dass Rituale und religiöse Handlungen fest in den Alltag vieler Deutschen integriert sind. In einer aktuellen Umfrage von Statista gaben 41 Prozent an, einmal in der Woche bis täglich zu meditieren oder sich Zeit für innere Einkehr zu nehmen. Im ganzen Land gibt es Yogakurse, die Buchhandlungen bieten Regale voller Esoterikbücher und die Buddha-Figur ist zum gewöhnlichen Dekoartikel geworden.
Dazu kommt noch das Pilgern. In den vergangenen Jahren hat sich der Weg zum Grab des Heiligen Jakobus, der Jakobsweg, zu einem beliebten Reiseziel der Deutschen entwickelt – und das sicher nicht immer nur aus religiösen Motiven. Bis 2015 stieg die Zahl der Pilger auf 19.000 an. Zwar hat zu diesem Trend auch der Komiker Hape Kerkeling mit seinem 2006 erschienenen Bestseller Ich bin dann mal weg beigetragen, doch eine Zunahme von deutschen Pilgern auf dem Jakobsweg hat auch schon vor der Veröffentlichung des Buches begonnen.
Aber warum macht die Ausübung einer Religion oder religiöser Praktiken Menschen zufrieden? Was unterscheidet sie von denen, die nicht religiös sind? Adrián Tavaszi, Religionswissenschaftler an der Goethe-Universität Frankfurt am Main, sagt, dass Religionen in erster Linie beruhigen. "Religionen sind sinnstiftende Systeme, sie vermitteln auf mehreren Ebenen Gewissheit. Das beruhigt die Nerven." Religionen setzen also Dinge in einen Kontext, denn sie geben Antworten, wenn Menschen sich die Frage nach dem Sinn stellen. Und zwar dann, wenn wissenschaftliche Ansätze nicht mehr weiterwissen. Wenn man glauben muss, um zur Ruhe zu kommen. Auch Gemeinschaft spielt für die Zufriedenheit eine große Rolle. Wer einer religiösen Gruppe angehört, kann sich mit anderen identifizieren. Er findet Sinn in den Gemeinsamkeiten mit den anderen Gläubigen.
Doch all das bieten nicht nur Religionen. Tavaszi sagt: "Als Ersatzreligion kann jede Beschäftigung dienen, die die Funktionen von Religion teilweise übernimmt, zum Beispiel die Arbeit, der Sportverein. Sie sind identitäts- und sinnstiftend." Für die Lebenszufriedenheit ist also wichtig, dass Menschen Gewissheit haben, dass sie zu einer Gemeinschaft gehören und einen Sinn in ihrem Leben gefunden haben. In Religionen können Menschen all das gebündelt finden.
Klaus findet den Weg zu seiner Zufriedenheit, zum Buddhismus, nicht etwa im fernen Asien, sondern im Odenwald. Denn hier liegt umgeben von deutschem Wald ein buddhistisches Kloster. Zusammen mit acht anderen rezitiert er an einem Sonntagmorgen ein buddhistisches Sutra. Die meisten halten ein Blatt vor sich und lesen den Sprechgesang ab, Klaus nicht. Er kennt jedes Wort auswendig. Mit geschlossenen Augen sitzt er aufrecht auf einem niedrigen Holzbänkchen. Mindestens einmal in der Woche kommt er her, betet, geht spazieren, meditiert. Für ihn ist das der schönste Tag in der Woche.
Kommentare
Übrigens: Buddhisten glauben nicht. Der historische Buddha gab seinen Schülern auf den Weg, dass man nichts glauben, sondern alles Gehörte - bei allem Wohlwollen - kritisch überprüfen solle. Dies gelte nicht weniger, wenn es von einem Buddha oder anderen Autoritäten stamme. (Kalama-Sutra) Nicht-Theisten sind sie obendrein. Ein wenig mehr differenzieren darf also durchaus sein.
Ich gebe Ihnen absolut Recht, der Buddhismus ist, in vielen Ausprägungen, weniger religiöser als vielmehr weltanschaulicher Natur.
Nehmen wir mal den Artikel und finden ein verbindendes Element. Dazu noch das Wissen, daß Hundehalter ebenfalls glücklicher wären als der Rest der Menscheit.
Der Buddhist im Odenwald, der Pilger auf dem Jakobsweg und der Hundehalter, bewegen sich an der Frischen Luft.
Der Kirchenbesucher hat wahrscheinlich sein Handy wenigstens für die eine besinnliche Stunde ausgeschaltet.
Die Schlussfolgerung:
Menschen, die Spazieren, Wandern oder auch sich einfach mal eine kleine Auszeit vom Smartphone gönnen, sind glücklicher.
Ich merke gerade, ich hab das Zeug zum Religionsstifter ;o)
Hundehaltung ist schon sowas wie eine Religion. Statt zum Gebet geht es auf die Hundewiese. Zum Glück gibt es keinen Hundepapst.
Man sollte wie immer vorsichtig sein mit Umfragewerten, die direkt nach der Befindlichkeit fragen. Was Menschen auf direkte Fragen antworten, entspricht nicht automatisch der Wahrheit.
In meiner Familie gab es einige, die sich mit ihrem Verständnis von Christentum gequält und jede Lebensfreude versauert haben. Sie waren für jeden sichtbar frustriert und unglücklich, hätten das aber vor niemandem zugegeben, am wenigsten vor Gott oder sich selbst.
Ich denke extremistisches Denken an sich ist gefährlich. Es gibt Fragen, auf die die Naturwissenschaften keine Antworten geben können. Es gibt Fragen, die von der Theologie nicht beantwortet werden können.
Was ich sehr schade finde ist, dass (mein Gefühl) die Theologie und Philosophie in Europa einen schlechten Ruf genießt. Viele verwechseln die Inquisition, IS-Terrorismus, mit dem Christentum und dem Islam und wenden sich ab. Ich kann das verstehen. Aber das so nicht richtig. Religionen wurden schon immer und werden noch immer instrumentalisiert. Die Gründe sind klar.
Aber wenn man sich wirklich mit der Materie beschäftigt, mit dem Buddhismus, Christentum, Judentum, Islam dann realisiert man hoffentlich dass diese Religionen nicht so böse sind, sondern das Ziel haben dem Menschen zu helfen. Ich wäre für eine individualisierte Theologie, ohne machtgeile Bischöfe, Imame, Mönche.
Religion kann was wunderbares sein :)
Wenn ich das Alte Testament lese habe ich nicht den Eindruck das Menschen geholfen werden soll. Vom Koran habe ich genug Ausschnitte gelesen das ich auch hier keine Menschenfreundlichkeit entdecke. Was die organisierten Religionen in den letzten Jahrhunderten veranstaltet haben lässt für mich keinen Optimismus zu. Religionen waren und sind auch etwas furchtbares.
Und sie werden eigentlich nur noch vom Atheismus übertroffen.
Sie haben sich aber gezielt nur die Stellen ausgesucht, die ihr Vorurteil belegen.
Das sind ja auch die Stellen, mit denen Religionen oft genug ihr Handeln begründeten, bei dem mehr als genug Menschen umkamen.
>Wenn ich das Alte Testament lese habe ich nicht den Eindruck das Menschen geholfen werden soll. <
Es ist zu lesen, dass es dem Volk Israels gut ging, wenn es sich an Gottes Weisungen hielt, und umgekehrt.
Und sie werden eigentlich nur noch vom Atheismus übertroffen.
Wobei sich aus einem A-Theismus, dem nicht glauben an all die bisher "vorgestellten" (doppeldeutig gemeint) Götter, Geister, Dämonen, Wichtel, Feen ... keine weitere Ausformung zu einer Ideologie erkennen läßt. Mir sind jedenfalls keine Kriege oder Menschenverfolgungen im Namen des A-Theismus, im "glauben" an den ATheos bekannt. Wenn, dann spielten da andere Ideologien mit eine Rolle und die waren zumind. von einem modern gedachtem Humanismus weit entfernt.
Es ist zu lesen, dass es dem Volk Israels gut ging, wenn es sich an Gottes Weisungen hielt, und umgekehrt.
"und umgekehrt"? Was wollen Sie damit aussagen, doch nicht, dass es ihnen durch die Jahrhundert hinweg schlecht ging (auch heute geht es ihnen im STaat Israel ja nicht gerade "gut"), weil sie sich nicht an "Gottes Weisungen" hielten, oder?
Ok, bei 613 einzuhaltenden Vorschriften (248 Gebote, 365 Verbote) findet sich immer einer der dagegen verstóßt und nach Moses Steintafeln sollten alle wissen, dass dieser Gott Sippenhaftung betreibt.
http://religionwiederverbind…
Ja, man kann es sich schon gut gehen lassen, wenn man den Wohlstand genießt, nachdem man die ursprünglichen Bewohner des heiligen Landes ausgerottet und ihr Eigentum an sich gebracht hat. Sie mögen dies als „Gottes Segen“ interpretieren, ich sehe die Anweisungen Jahwes, die Männer, Frauen und Kinder des geschlagenen Gegners umzubringen, eher als furchtbares Verbrechen gegen Moral und Menschlichkeit. Meine Meinung hat übrigens nichts mit Antisemitismus zu tun: Das Volk Israel war ein Kind seiner Zeit, in der Mord und Totschlag regierten. Und Gott lieferte allen Seiten die Rechtfertigung zu ihrem verbrecherischen Handeln.
#16.7 ; 16.8
Es geht nicht um Rechtfertigung von Mord und Totschlag, das ist aus zeitlichem Abstand ohnenhin nur schwerlich zu bewerten. Sondern in der Aussage von @Denk Panzer #16.1 um die Beziehung zwischen Gott und dem Volk. >Wenn ich das Alte Testament lese habe ich nicht den Eindruck das Menschen geholfen werden soll.
Zu meinem Beitrag #16.5 ist beispielsweise nur eine Bibelstelle genannt- willkürlich von etlichen herausgegriffen -
" 1.Könige 15.25 Nadab wurde König über Israel ... Und er tat, was böse war in den Augen des Herrn, und wandelte in dem Weg seines Vaters und in seiner Sünde, durch die er Israel zur Sünde verführt hatte.
27 Aber Baesa, der Sohn Achijas, aus dem Haus Issaschar, machte eine Verschwörung gegen ihn, und Baesa erschlug ihn in Gibbeton ... "
Auch wurde das Volk Israels mehrmals bestraft, weil es sich anderen Völkern gegenüber fehl verhalten hatte.
Sie halten diese Mythensammlungen doch nicht für authentische Geschichtsschreibung?
Nun ja, für den DDR-Sozialismus, Stalinismus, Maoismus und andere Ismen war Atheismus als Bestandteil eines angeblich wissenschaftlichen Weltbildes durchaus essentiell. Der Glaube an eine höhere Autorität als die jeweilige Denkmode, Partei und Politgötzen wird von Ideologen zumeist als bedrohlich erlebt.
"für den XYZ-Sozialismus, Stalinismus, Maoismus und andere Ismen war Atheismus als Bestandteil eines angeblich wissenschaftlichen Weltbildes durchaus essentiell"
Jein. Eigentlich pure Berechnung gut durchschaubarer menschlicher Verhaltensweisen.
Mit Atheismus als vorherrschender Haltung zu transzendenten Göttern fiel dann eine mögliche mächtige, wahrscheinlich konkurrierende Glaubensrichtung (und machteinschränkende) einfach schon mal weg. So haben wohl die wirklich Herrschenden gedacht, im Gegensatz zu den Vordenkern, die helfen wollten, daß sich die Menschen aus ihren eingetrichterten Gedankengefängnissen (religiöse Gehirnwäsche) befreien konnten.
Aber: Atheismus diente mW nie als Begründung für irgendwas, schon gar nicht für Gräueltaten. Forschen Sie nach: Die Begründung bzw Motivation wird/wurde regelmäßig mit Ideologien wie (X-)Nationalismus, Sozialismus u.ä. pseudo-/quasi-Religionen (=Ideologien) begründet.
Hat jemand schon mal von i-welchen Verbrechen erfahren, die Atheismus als Motivation nannten? Also "im Namen des Atheismus" mordeten, verletzten o.ä.? Christentum und Islam ist ja an solcher Motivation nicht gerade arm:
"Gott mit uns"
"in god we trust"
"tötet alle, der Herr wird die seinen schon finden"
"Gott will es" (deus lo vult)
"Inschallah" (oder so) - Wenn Gott es will?
"Allah akhbar" (oder so) - (nur unser) Gott ist groß!
"Die Bibel, und damit Gott, sagt ..."
"Der Koran, und damit Allah (er sei murmelmurmel...), sagt ..."
Mit der Haltung "glaub ich nicht" ggü Gläubigen, die i-welche "Gott" behaupten, aber nie und nirgends belegen, läßt sich doch weder "Staat" noch Ideologie machen, oder?
Was aus dieser Haltung allerdings folgen kann (bei mir war es umgekehrt), ist zB eine Art konsequenter Naturalismus (es geht in diesem Universum mit rechten Dingen zu) u/o Humanismus. Muß aber nicht. Es gibt zB auch Atheisten, die zB reichlich rechtsextrem sind. Atheismus impliziert ersteinmal nichts außer dem "Nicht-Glauben, daß es Gott/Götter gibt". Mehr erstmal nicht. Da wäre theoretisch auch noch i-wie "Übernatürliches" drin.
Und daß es nix "Übernatürliches" gibt, das wäre ja schon Naturalismus. Und nicht mehr nur Atheismus.
Wa ist eigentlich Humanismus? Vermutlich ein System immaterieller Werte, Traditionen oder Motive mit durchaus materiellen Auswirkungen. Damit sind wir schon mitten im Bereich des Glaubens und des "Übernatürlichen".
Ähem, Sie wissen nix mit dem Begriff Humanismus anzufangen?
Na gut. Obwohl ich Ihnen Ihr gespieltes Nichtwissen nicht abnehme:
Sehen Sie sich doch zuallererst (wie so oft) mal bei Tante Wikipedia zum Thema um.
Oder beauftragen Sie eine Suchmaschine Ihrer Wahl, zB auf den Domains
hpd.de oder
blasphemieblog2.wordpress.co… oder
manglaubtesnicht.wordpress.c… oder
www.dittmar-online.net
nach dem Begriff "Humanismus" zu suchen. Da werden Sie mehr als geholfen.