Die Staatsministerin für internationale Kulturpolitik Michelle Müntefering (SPD) hat ein Denkmal für ehemals als Gastarbeiter bezeichnete Einwanderer gefordert. Müntefering begründete ihren Vorschlag mit den Leistungen, die Arbeitsmigranten für das Wirtschaftswachstum und den Wohlstand in Deutschland erbracht haben. Ohne Menschen, die etwa aus Griechenland, Italien, Spanien oder der Türkei kamen, "wäre das nicht möglich gewesen", sagte Müntefering bei einem Kulturkongress in Essen laut Redemanuskript.
"Eine Demokratie braucht Gesetze, aber sie braucht auch eine Erzählung", sagte Müntefering. Zur Geschichte der deutschen Demokratie gehöre auch die Geschichte der ehemaligen Gastarbeiter. "Ihre Geschichte ist längst die unseres Landes geworden."
Von Mitte der Fünfzigerjahre bis zum Anwerbestopp 1973 kamen Millionen Menschen zum Leben und Arbeiten nach Deutschland. Ein Großteil der Familien lebt inzwischen in der dritten und vierten Generation in Deutschland. Um ihre Leistung sowie die ihrer Kinder zu würdigen, sei es eine "gute Geste", ein Denkmal "in unserer Mitte" zu errichten, sagte die Staatsministerin.
1955 hatte Bundeskanzler Konrad Adenauer ein Anwerbeabkommen mit Italien geschlossen und damit die Arbeitsmigration nach Deutschland initiiert. Im Verlauf der folgenden Jahre wurden ähnliche Abkommen mit zahlreichen anderen Ländern geschlossen. Die Millionen Menschen, die daraufhin nach Deutschland kamen, waren oftmals starker Diskriminierung ausgesetzt.
Sie verrichteten meist schwere körperliche Arbeit für geringen Lohn und mussten in schlecht ausgestatteten, oft nach Geschlecht getrennten Wohnheimen leben. Viele Deutsche sahen die Arbeitsmigranten zudem als "Gäste", die nach einigen Jahren wieder zurück in ihre Heimatländer gehen sollten. Integration blieb lange vielerseits unerwünscht und wurde vom Staat nicht unterstützt. Integrationskurse wurden erst 2005 als Teil des Zuwanderungsgesetzes eingeführt.
Kommentare
Kann man machen.
Daneben würde ich dann aber den Wissenschaftlern, Ingenieuren und Malochern ebenfalls ein Denkmal errichten, weil sie den Laden soweit hoch gebracht haben, dass die Gastarbeiter einen Arbeitsplatz finden konnten.
Der Meinung bin ich auch. Eine klassische Win-Win-Situation, vor allem weil sich für die Gastarbeiter, die aus abgelegenen Regionen der Türkei oder Italiens stammen, eine wirtschaftliche Gelegenheit bot, die sie womöglich nie in ihrem Heimatland bekommen hätten.
Auch sollte man nicht vergesen, dass durch den später einsetzenden Strukturwandel ein Großteil der Gastarbeiter und sogar ihrer Nachfahren in die Erwerbslosigkeit abgerutscht ist und nicht mehr denselben wirtschaftlichen Beitrag leisten konnte.
Übrigens haben deutsche Frauen Deutschland nach dem Krieg im wahrsten Sinne des Wortes "wieder aufgebaut" - dafür hat manche Partei dann allerdings wenig übrig, wie die Trümmerfrauendenkmal-Kontroverse in München zeigt (Quelle: https://www.merkur.de/lokale…).
"Viele Deutsche sahen die Arbeitsmigranten zudem als "Gäste", die nach einigen Jahren wieder zurück in ihre Heimatländer gehen sollten. Integration blieb lange vielerseits unerwünscht und wurde vom Staat nicht unterstützt."
Und was genau ist falsch daran? Gäste gehen wieder.
Das war in den Anwerbeabkommen auch so vorgesehen.
Das ist mehr als angemessen.
Unser Wohlstand beruht zu großen Teilen auf den Gastarbeitern. Ohne sie wäre das Wirtschaftswunder nicht möglich gewesen.
"Unser Wohlstand beruht zu großen Teilen auf den Gastarbeitern. Ohne sie wäre das Wirtschaftswunder nicht möglich gewesen."
Ein Märchen, das durch Wiederholung auch nicht wahrer wird.
Westdeutschland war schon nach dem Koreakrieg und Mitte der Fünfziger in der Hochkonjunktur, das Wirtschaftswunder mit fehlenden billigen Arbeitskräften war eben der Grund für die Anwerbung der Gastarbeiter.
Erzählungen ähnlichen Gehalts finden sich aber auch anderswo.
So zum Beispiel bei Bilkay Öney, ihres Zeichens damalige baden-württembergische Integrationsministerin.
Die hatte 2011, Anlass war der 50. Jahrestag des deutsch-türkischen Zuwanderungsabkommens, in einem Interview mit der Deutschen Welle diese Erkenntnisse kundgetan:
„Die Gastarbeiter kamen, ja, unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg, da war Deutschland buchstäblich am Boden zerstört und das Land war auf Arbeitskräfte angewiesen.“
Weiß nicht, ob sich die Erinnerung manchmal mehr aus politischen Gründen eintrübt...
Nix gegen ein Denkmal für die Arbeitsimmigranten.
Aber man sollte etwas skeptischer dem erarbeiten Wohlstand gegenüber sein. Er beruhte auf rücksichtsloser und nicht nachhaltiger Ressourcennutzung, wie wir inzwischen wissen. Und auch auf dem Rücken der Rohstofflieferländer, die sich keinen Wohlstand erarbeiten konnten und aus denen jetzt viele junge Leue bei uns an die Tür klopfen.
Der Mythos mit den dringend benötigten Gastarbeitern hält sich leider hartnäckig. In Wirklichkeit jedoch wurde die damalige Bundesregierung von den Amerikanern unter Druck gesetzt dem labilen und vor einem politischen und wirtschaftlichen Kollaps stehenden, aber im kalten Krieg strategisch äusserst wichtigen NATO-Partner Türkei zu helfen.
Siehe z.b. hier:
https://www.faz.net/aktuell/…
Gekürzt. Bitte verzichten Sie auf überzogene Polemik. Danke, die Redaktion/mf.
Die Gastarbeiter kamen wegen des Wirtschaftwunders, deshalb brauchte man sie, sie sind nicht dessen Ursache. Bereits 1951 wurde der Vorkriegsproduktionsstand wieder erreicht.
Max.: 5 %
In den 50er war die Zahl der Gastarbeiter noch sehr gering.
Was Sie zitieren passt zu Ihrem Argument, jedenfalls mehr oder weniger. Aber der Artikel nicht. Ja, ohne Gastarbeiter hatten wir einen großen Aufschwung...aber ohne sie wäre es dabei geblieben. Wir hatten schlicht nicht das Personal, um aus dem Aufschwung etwas zu machen, das den Namen Wirtschaftswunder verdient. Dafür brauchen wir erheblich mehr Arbeitskraft und ohne die wäre unser Staat nie so schnell so weit gekommen. Ein Vergleich: Was passiert, wenn man durch ein gutes Geschäft an hundert Kühe kommt, aber nur 50 davon versorgen kann? 50 verrecken. Verschenktes Potenzial.
@MalteSören:
"Der Mythos mit den dringend benötigten Gastarbeitern hält sich leider hartnäckig. In Wirklichkeit jedoch wurde die damalige Bundesregierung von den Amerikanern unter Druck gesetzt..."
- Das ist nur wieder eine der typischen rechtsnationalen Erzählungen, um sich als Opfer fremder Mächte zu inszenieren. Tatsache ist, daß viele Überlegungen eine Rolle spielten, darunter auch außenpolitische. Grundlage des Anwerbeabkommens aber war der gravierende Mangel an Arbeitskräften, der sich ja 1961 durch den DDR-Mauerbau noch schlagartig verschärft hatte. Danach wurde das Abkommen mit der Türkei geschlossen. Tatsache ist auch, daß Deutschland wirtschaftlich und sozial von dieser Einwanderung sehr profitiert hat. Ohne die Einwanderung hätten Millionen Deutsche nicht den sozialen Aufstieg geschafft. 5-Tage-Woche, Acht-Stunden-Tag und niedrige Rentenbeiträge wären nicht möglich gewesen, auch noch manch anderes. Und auch die Entsendeländer haben natürlich von den Transferzahlungen der Gastarbeiter profitiert - für beide Seiten waren also die Abkommen von Vorteil.
"aber ohne sie wäre es dabei geblieben. Wir hatten schlicht nicht das Personal, um aus dem Aufschwung etwas zu machen, das den Namen Wirtschaftswunder verdient. "
Das ist nicht zwingend, es gab Alternativen, die seinerzeit auch diskutiert wurden. Das war zB die Automatisierung zu forcieren, das wurde eher abgelehnt weil man die Rendite erst etwas später hätte einfahren können, weil man investieren, Personal qualifizieren und besser bezahlen hätten müssen.
Weitere Alternative: Mehr Frauenerwerbstätigkeit. Hat man aus familienpolitischen Gründen abgelehnt. Das hat uns eine Verstärkung der Babyboomergruppe gebracht, eine demographische Verwerfung die uns jahrzehntelang, bis heute Probleme bereitet. Zudem hat es die Gleichberechtigung um Jahrzehnte verzögert.
Man könnte also genauso postulieren dass es ohne Gastarbeiter besser gelaufen wäre, was man ebensowenig bestimmt sagen kann wie die These dass nur mit Gastarbeitern funktioniert hätte.
Um noch was obendrauf zu setzen:
Mit weniger Angebot an Arbeitskräften hätte man zudem den seinerzeit bereits vielerorts sich ankündigenden Strukturwandel weniger verzögert.
Ohne zusätzliche Arbeitskräfte hätte manch schlechter Arbeitplatz eher arbeitskraftschonender verbessert werden müssen.
Doch, das wäre sehr wohl möglich gewesen. Es hätte aber ein massives Umsteuern auf Kapitalintensität bedurft. Und wenn man als Arbeitgeber die Wahl hat, in eine Maschine mit 20 Jahren Kapitalbindung zu investieren oder aber in einen Arbeiter, den man in einer Rezession entlassen kann, dann ist die Auswahl sehr klar.
Ja dann recherchieren Sie doch mal selbst wann die letzten deutschen Kriegsgefangenen aus der Kriegsgefangenschaft wiederkamen, wie viele Kriegsgefangenen überhaupt nicht zurückgekehrt sind.
https://geolinde.musin.de/fe…
Woran erinnern Sie sich den noch? Geboren zwischen 1940...1950?
Wissen Sie vielleicht auch noch wer ihr Vater war?
"Ohne sie wäre das nicht möglich gewesen": SPD-Staatsministerin Müntefering plädiert dafür, den Beitrag von Einwanderern zum Wohlstand in Deutschland zu würdigen.
Für ihren Beitrag haben die Gastarbeiter ein Gehalt bekommen meine ich.
Naja, sagen wir mal so: wir brauchten die Gastarbeiter mehr als sie uns. Gekommen sind sie trotzdem. Da kann man gerne auch mal Danke sagen.