Nichts gegen Social Freezing. Aber was frieren Frauen damit eigentlich neben ihren Eizellen noch ein? Ich denke, es ist die Ahnung, dass Kinder in fünf oder zehn Jahren höchstwahrscheinlich genauso schlecht zum Job passen wie heute. Social Freezing verlängert bloß eine vage Hoffnung auf bessere Umstände für andere Umstände, es verlegt das Problem des Karriereknicks allenfalls nach hinten. Beseitigt wird der Nachteil, den Frauen auf dem Arbeitsmarkt qua Biologie haben, dadurch nicht.
Das könnte nur ein radikaler gesellschaftspolitischer Eingriff tun. Nennen wir ihn Job Freezing. Damit meine ich eine Zwangspause für alle, die an einer Schwangerschaft beteiligt sind, in der Regel also Frau und dazugehöriger Mann. Für einen bestimmten Zeitraum, sagen wir einmal drei Monate, müssten (werdende) Väter ebenso im Job aussetzen wie (werdende) Mütter. Wer wirklich Chancengleichheit will, muss etwas im Grunde Einfaches tun: den Partner einer Schwangeren arbeitsrechtlich ebenso behandeln wie seine Partnerin – eben als wäre er selber schwanger.
Arbeitgeber müssten sich im Einstellungsgespräch dann keine Gedanken mehr darüber machen, ob die junge Frau, die gerade vor ihnen sitzt, demnächst womöglich wegen Schwangerschaft ausfällt. Denn für einen männlichen Bewerber bestünde genau das gleiche Risiko. Geht nicht? Abwegig?
Wieso eigentlich?
Wenn unbestritten ist, dass Gebärfähigkeit einen Nachteil auf dem Arbeitsmarkt bedeutet, wenn gleichzeitig ebenso unbestritten ist, dass diese Gesellschaft Nachwuchs braucht, um einen Arbeitsmarkt (nicht zu reden von allem anderen, was es so gibt) überhaupt erhalten zu können, ist es dann nicht schlicht ungerecht und unsinnig, Frauen mit der Bürde Schwangerschaft allein zu lassen? Also, in ökonomisch-karrieristischer Hinsicht jedenfalls.
Das Recht kennt das Prinzip des Ausgleichs ökonomischer Nachteile, die aus biologischen Ursachen rühren, längst. Krankenversicherungen dürfen keine unterschiedlichen Beiträge mehr von Männern und Frauen verlangen, und das, obwohl Frauen durchschnittlich fünf Jahre länger leben, also mehr Kosten verursachen. Aber können sie etwas dafür? In aller Regel nein. Einer modernen Gesellschaft ist ein solcher Lastenausgleich deshalb nur angemessen.
Warum bitteschön soll dasselbe Solidarprinzip nicht für den Arbeitsmarkt gelten?
Eine Zwangspause für Männer, stimmt schon, griffe tief in die Berufsfreiheit ein. Aber das tat die Wehrpflicht noch viel massiver, und die Tatsache, dass sie nur für Männer galt, wurde unter anderem mit dem Argument gerechtfertigt, dass Frauen der Gesellschaft schließlich auch ein Zeitopfer brächten – eben wenn sie Mütter werden. Die Wehrpflicht ist abgeschafft. Was bleibt, ist die einseitige Laufbahnbenachteiligung von Frauen.
Außerdem, liebe Geschlechtsgenossen, ist euch die Frauenquote lieber? Wie gerecht ist es denn, wenn ein qualifizierterer Bewerber einen Job nicht bekommt, nur weil er ein Mann ist? Die Quote ist die falsche Ausgleichsmethode, denn sie beseitigt nicht die Ursache für die Ungleichheit, sie versucht nur eine Diskriminierung durch eine andere zu heilen – was noch nie gut funktioniert hat.Job Freezing, eine juristische Scheinschwangerschaft, hingegen würde die schiefe Basis gerade rücken, durch gleiche Karriereanstiegswinkel für alle.
Im Dänischen gibt es übrigens ein anderes Wort für diese Idee. Es heißt "fædrebarsel"."Barsel" bedeutet soviel wie Mutterschaft, frei übersetzt heißt fædrebarsel also etwa Vatermutterschaft. Das hat doch einen warmen Klang. Die Pflicht-Papapause wird in unserem nördlichen Nachbarland schon länger diskutiert. Wieso nicht auch bei uns?
Kommentare
Wehrdienst, Vaterzeit, Sabbatical.....
und Arbeitslosigkeit kommen bei vielen Männern auch vor.
Kann verstehen wenn das ein "Journalist" aus dem Elfenbeinturm der Zeit Redaktion sowas nicht mitbekommt.
Wehr- bzw. Sozialdienst hat Herr Bittner wohl umgangen, das musste ein Großteil der jungen Männer machen und wurden danach aus den Unternehmen gekickt oder haben vorher keine Ausbildungsstelle bekommen, weil danach 9 Monate Zwangspause.
Es gibt viele Männer die Freiwillig eine Auszeit nehmen würden, auch ein Sabbatical würde viele ansprechen, wenn sie den dürften. Wer sich traut braucht danach meist nicht mehr auftauchen.
Leider ist nicht jeder Mann ein Journalist (obwohl dort derzeit ein Schreibtisch räumen ist wie beim Strukturwandel im Ruhrgebiet), Jurist oder ein BWLler in guter Community.
Haarsträubende Argumentation
1. Es gab den Wehrdienst und die damit verbundenen Probleme für Männer auf dem Arbeitsmarkt. Im Hier und Jetzt gibt es den verpflichtenden Wehrdienst aber nicht mehr.
2. "[...] Arbeitslosigkeit kommt bei vielen Männern auch vor." Und was wollen Sie damit ausdrücken? Außer die Situation von Frauen und Männern auf dem Arbeitsmarkt künstlich gleichzusetzen?
3. Vaterzeit: Kommt vor, aber nach wie vor ist das "Risiko" der Mutterschaft bei Frauen für den Personalchef deutlich höher.
4. Sabbatical: Betrifft Frauen und Männer gleichermaßen, da gebe ich Ihnen Recht. Hat aber mit Kindern in der Regel nichts zu tun.
Sie haben das Patriarchat verinnerlicht, aber bitte versuchen Sie nicht noch den Status Quo aufrecht zu erhalten. Dann lieber Elfenbeinturm als in der Vergangenheit leben.
Reductio ad absurdum
Korrekt ist die Argumentation. Allerdings würde noch ein dritter Punkt dazugehören, der oft problematisch wird: es müsste in jedem Fall der betreffende Vater effektiv an der Erziehung des Kindes beteiligt werden. Auch mit gleichberechtigtem Entscheidungsrecht (ohne seine Zustimmung keine Anmeldung zum Kindergarten etc.), und er müsste nicht nur tatsächlich beim Kind anwesend sein, sondern die Mutter dürfte ihn dabei auch in keinem Fall abweisen. Nebenbei würde das natürlich bedeuten, dass alle Lesben, die sich irgendwie Kinder machen lassen (was offenbar vorkommt), dann durch staatlichen Eingriff zwangsweise mit ihren Samenspendern verpaart würden ...
Wenn man diese Überlegung durchspielt, wird also klar, dass die vorgestellte Idee zwar logisch ist, aber zu absurden Konsequenzen führt. Dann bleibt ein durch theoretische Überlegungen gerechtfertigtes Berufsverbot. Berufsverbote sind aber (außer in eng umschränkten Fällen) unzulässig. Frauenquoten haben übrigens auch den Nachteil, dass von ihnen regelmäßig nicht diejenigen profitieren, zu deren Vorteil sie angeblich eingeführt werden. Aber ein praktischer Grund gegen Frauenquoten besteht darin, dass mit ihnen Männern bei Wahlen (wenn sie nicht gegen die eigenen Interessen stimmen wollen) nur noch Parteien wie die AfD, in Frankreich FN, in Österreich FPÖ und so weiter übrigbleiben. Wollen Sie, Herr Bittner, einen Zustand erreichen, in dem alle Männer AfD etc. (s.o.) wählen und die PArlamente entsprechend aussehen?
Gute Punkte.
Hinzu kommt noch, dass damit nicht Mann oder Frau bevorzugt wären, sonder ganz klar männliche Singel.
Gerechtigkeit
.. durch Verschlechterung. Das ist exakt das Prinzip des Solzialismus: statt Unterschiedliches für jeden gibt es nichts für alle.
Wird in diesem Fall realisiert, indem dem Arbeitgeber ein weiteres Stück Planbarkeit seiner Produktion entzogen wird, was die Produktivität und die Marktposition des Betriebes verringert. Im 5.000-Mann-Unternehmen kein Problem, im 50-Mann-Unternehmen schon.
Ich mache darauf aufmerksam, dass eine Firma nicht für die Mitarbeiter da ist, und auch nicht für den Chef. Eine Firma ist für den Kunden da und für niemand sonst. Die Läden, wo das anders ist, sind entweder schnell weg (Mittelstand) oder das Gespött der Republik (Konzerne, zB Bahn).
Daher meine Forderung: lasst die Wirtschaft in Ruhe. Ihr versteht da nichts von und macht sie nur kaputt.
das stimmt nicht
»Ich mache darauf aufmerksam, dass eine Firma nicht für die Mitarbeiter da ist, und auch nicht für den Chef. Eine Firma ist für den Kunden da und für niemand sonst.«
Es ist genau andersherum: eine Firma ist dazu da, Gewinn zu erwirtschaften, und zwar zuerst für denjenigen, der das Kapital / die Produktionsmittel stellt. Damit stetig Gewinne erwirtschaftet werden braucht es ein Konzept, was an wen abgesetzt werden soll und wie viele Mitarbeiter man eben braucht, um das zu schaffen.
Toller Anreiz für die Bewältigung des demographischen Wandels
Genau, wir brauchen einfach noch mehr Eingriffe in die private Lebens- und Familienplanung von jungen Familien. Eine Zwangspause macht Männern richtig Lust auf Kinder. Hey, du hast eine richtig stressige Zeit mit Partnerschaft auf Sparflamme, erhöhten Ausgaben und zig Sorgen um die Kleinen...
Und zur Belohnung und aus Gerechtigkeitsgründen musst du auch noch drei Monate zu Hause bleiben. Ich hätte auch noch Verbesserungsvorschläge: gesetzliche Verpflichtung zu Veganer Ernährung, striktes Rauch- und Alkoholverbot, sexuelle Enthaltsamkeit...
Das wird einen massiven Anstieg in der Geburtenrate geben...
Ein Vater der mit seinen beiden Töchtern sehr glücklich ist