In Deutschland gibt es ein Gesetz, das es Menschen schwer macht, Eltern zu werden. Es heißt Embryonenschutzgesetz und es bestimmt – unter anderem – was mit Eizellen alles nicht geschehen darf. Sie dürfen zum Beispiel nicht gespendet werden. Warum eigentlich nicht?
Mit gutem Grund hat die FDP-Abgeordnete Katrin Helling-Plahr diese Frage vergangene Woche in einem Positionspapier aufgeworfen: Helling-Plahr will eine massive Liberalisierung der Kinderwunschbehandlungen in Deutschland. Die Art der Zeugung sei für das Wohl eines Kindes nicht relevant, erklärt sie. Was zähle, seien Liebe und Fürsorge der Eltern und des sozialen Umfelds.
Katrin Helling Plahr fordert auch, dass Eizellen legal gespendet werden dürfen. Und damit nicht genug: Sie will sogar, analog zur Samenbank, eine Eizellenbank.
Deutschland ist in dieser Hinsicht sehr langsam, manche sagen: rückwärtsgewandt. Andere nennen es: "patientenfeindlich". Damit sich das endlich ändert, erhöht die FDP derzeit den Druck – unter anderem mit einer kleinen Anfrage bei der Bundesregierung. Warum nimmt man in Deutschland Alleinstehenden und Paaren diese Chance, Eltern zu werden? Warum hält man hierzulande anders als etwa in Belgien, den Niederlanden oder Dänemark, an einem umstrittenen Gesetz fest, das 1990 erdacht wurde, zu einer Zeit, also die Reproduktionsmedizin noch ganz am Anfang stand, als die Risiken und das Unwissen noch sehr hoch waren?
Es gibt viele Kinder mit mehreren Müttern
Die Antwort, die ZEIT ONLINE exklusiv vorliegt, ist überraschend. Überraschend ahnungslos. Knapp könnte man sie so zusammenfassen: So ganz genau weiß die Regierung auch nicht, warum hierzulande der Status so ist, wie er ist. Sie will es auch gar nicht wissen. Und ändern will sie schon gar nichts.
Das Verbot der Eizellenspende ist laut Bundesregierung gerechtfertigt, heißt es, weil ein Kind nicht zwei Mütter haben soll. "Eine gespaltene Mutterschaft zwischen genetischer und biologischer Mutter würde dazu führen, dass zwei Frauen Anteil an der Entstehung eines Kindes hätten", so der genaue Wortlaut. "Die damit verbundenen Schwierigkeiten bei der Selbstfindung des Kindes ließen aus Sicht des Gesetzgebers negative Auswirkungen auf dessen Entwicklung im Sinne einer Gefährdung des Kindeswohls befürchten."
Ein
Kind und zwei Mütter? Ist das so ungewöhnlich? Der Gesetzgeber hätte hier doch eigentlich gar nichts zu befürchten. Er
könnte einfach die fragen, die sich mit diesen Lebensformen auskennen: Kinder von lesbischen Paaren, Kinder in
Patchworkfamilien, adoptierte Kinder. Es
gibt zahlreiche Familienmodelle, in denen ein Kind mehr als eine Mutter hat. Natürlich ist eine Eizellenspende und die daraus resultierende
doppelte Mutterschaft ein Sonderfall, aber die bekannten Konstellationen können
Hinweise darauf geben,
ob es wirklich so problematisch für ein Kind ist, genetisch von einer Frau
abzustammen und von einer anderen geboren zu werden.
Kommentare
Die Antwort ....der Regierung ist "Überraschend ahnungslos."
Wer so schreibt, sollte sicherstellen, dass sich im Geschriebenen nicht dieselbe Ahnungslosigkeit erkennen lässt. Zum Beispiel an dieser Stelle: "Vater eines Kindes wird man vor dem Gesetz erst dadurch, wenn man beim Amt den Willen dazu erklärt."
(siehe hierzu §1592 BGB).
"Wer dem einen die Spende der Keimzellen erlaubt und sie dem anderen verbietet, der behandelt Menschen unterschiedlich."
Es ist noch viel schlimmer mit der Ungleichbehandlung. Männer dürften bei der Bitte um Erhalt einer Samenspende abgewiesen werden. Ebenso beim der Bitte um Erhalt einer Eizelle.
Frauen hingegen dürfen grundsätzlich Samenspenden erhalten.
"Ein Kind und zwei Mütter?"
In der rechtlichen Realität (siehe hierzu §1591 BGB) hat ein Kind genau eine Mutter. Alte Regel: mother's baby father's maybe.
Für Männer und Frauen gilt: sie können rechtlich oder biologisch Vater oder Mutter eines Kindes sein, in den meisten Fällen sind rechtlich und biologisch eins.
Interessant ist in nahezu allen Fragen (medizinische ausgenommen) allein die rechtliche Stellung. Diese lässt sich problemlos an alle denkbaren und gewünschten Konstellationen anpassen. Der Gesetzgeber sollte lediglich sicherstellen, dass er sich durch die Regelungen nicht Kosten in die öffentlichen Haushalte holt, die vermeidbar sind.
"Für Männer und Frauen gilt: sie können rechtlich oder biologisch Vater oder Mutter eines Kindes sein, in den meisten Fällen sind rechtlich und biologisch eins."
Sie malen hier ein Problem an die Wand, dass sich ohne große Aufwände auch juristisch lösen lässt. Bei der Vaterschaft, wenn nicht verheiratet, muss ich diese ja auch formell erklären. Bei Adoptionen erfolgt die Sorgerechtsübertragung ja auch nach einer entsprechenden Erklärung der Eltern.
Natürlich muss man an den aktuellen Regelungen etwas ändern; darum geht es ja im Artikel. Ist dies problematisch? Ich denke nein.
Ab wann lassen Politiker ihre Nase aus Sachen, die sie nichts angehen.
Wer wie viele Mütter hat und warum, dass ist doch nicht das Problem der Politiker.
Die meisten von denen haben doch selbst vernachlässigte Kinder zu Hause, weil die eben einen 24 Stunden Job haben.
Und die wollen erzählen, wie Kinderschutz geht?
Müssen Sie eigentlich überall über die Politiker herziehen? Verstehen Sie die Zusammenhänge hier nicht? Es geht darum aktuell bestehende gesetzliche Regelungen anzupassen, damit eben auch entsprechende Lebensentscheidungen möglich sind. Aber Hauptsache mal auf den Putz gehauen...
"Die FDP will Mütter schützen. Endlich!
Die FDP fordert die Regierung auf, Eizellenspenden zu legalisieren"
Das ist selbst für die FDP ein kariertes Maiglöckchen!
Als ich die Überschrift las, dachte ich noch: Seltsam, daß sich FDP gegen Gewalt in der Partnerschaft einsetzt, aber dann...
Mein Ei gehört mir.
Hat jemand etwas anderes gesagt?
Eizellenspende bedeutet ja nicht, dass unwilligen Frauen gewaltsam Eizellen entnommen werden...
Gack, gack ;)
Sie dürfen beide behalten, wenn Sie brav sind und FDP wählen.
Nein, sie werden nur armen Frauen entnommen, die sich dem Zwang der Verhältnisse beugen sollen - das Lieblingsrezept der FDP.
Inklusive der Entnahme sind Superovulationen und die damit verbundenen Risiken bis hin zum Tod durch das Ovarielle Hypersimulationssyndrom: https://de.wikipedia.org/wik…
Und jetzt erklärt mir bitte mal Frau Luig oder irgendein Forist, welches vergleichbare Risiko sich der männliche Samenspender aufhalst? Richtig, keines.
Biologisch unterschiedliche Vorgänge kann man rechtlich nicht gleichbehandeln - oder sollen Männer jetzt auch zum Gyn gehen und in Mutterschutz gehen können?
Das Grundgesetz ist doch eigentlich ganz klar: Jeder Mensch besitzt Würde und hat das Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit. Mit beidem ist doch ganz klar, dass dieses Recht immer bei der Freiheit eines anderen Menschen endet. Und genau deshalb gehören Prostitution, Eizellspende und Leihmutterschaft gesetzlich verboten. Alle drei verletzen nämlich die Menschenwürde.
Frau Luig, ich warte auf Ihre Antwort.
"Und genau deshalb gehören Prostitution, Eizellspende und Leihmutterschaft gesetzlich verboten. Alle drei verletzen nämlich die Menschenwürde."
Die Antwort ist doch offensichtlich: Ich selbst entscheide, was meine Menschenwürde antastet und was nicht. Und das können Frauen auc hfür sich selbst entscheiden.
Und solange wir einen gesetzlichen und gesellschaftlichen Rahmen dafür schaffen, dass niemand sich aus finanziellen Zwängen heraus zu Dingen zwingen lassen muss, die subjektiv seine Menschenwürde verletzen, solange sollten in allen drei Bereichen die Wahlfreiheit der Menschen erhalten bzw. geschaffen werden.
Deshalb gibt es in vielen Ländern die Regel: die Spenderin bekommt eine Aufwandsentschädigung, aber nicht mehr. Des darf sich nicht zu einem Geschäft entwickeln
Und warum dürfen sich nahe Verwandte Nieren und Leberlappen spenden aber keine Eizellen? Auch hier hat man erfolgreich einen Weg gefunden den Handel mit Organen innerlandes zu verbieten, altruistische Spenden aber zu erlauben. Beide gängigen Lebendspenden sind übrigens weit risikoreicher als die Eizellspende. Das Hyperstimulationssyndrom kommt bei Eizellspenderinnen heute kaum noch vor. Weil andere Hormone zum Auslösen benutzt warden als bei Frauen, die für sich selbst stimulieren und deren Gebärmutterschleimhaut parallel zu den Eizellen kultiviert wird. Z.B. bei Verwendung von Decapeptyl als Triggershot ist eine Hyperstimulation nahezu ausgeschlossen.
Der Vergleich mit der Prostitution ist interessant. Flatratesex zum Preis einer Currywurst mit Pommes verletzt hierzulande ja angeblich nicht die Würde der Frauen, ganz im Gegensatz zur Eizellspende. Könnte daran liegen, wer die jeweiligen Kunden sind und wie groß deren Lobby ist...