Der Lehrermangel in Deutschland ist dramatisch: Erst vor Kurzem warnte der Lehrerverband, dass im neuen Schuljahr 15.000 Stellen unbesetzt bleiben werden und weitere 40.000 Stellen nur mit weniger qualifizierten Quereinsteigern oder Pensionären abgedeckt werden könnten. So pessimistisch waren die Schätzungen noch nie – und wie sich in den Bundesländern, in denen die Sommerferien bereits vorbei sind, gezeigt hat: vielerorts ist es tatsächlich so gekommen. In Nordrhein-Westfalen beispielsweise konnten bislang 4.158 Stellen von 9.843 nicht besetzt werden. Und das ist kein Einzelfall.
Die meisten Kultusministerien wollen beschwichtigen und verweisen darauf, dass der Einstellungsprozess noch nicht abgeschlossen sei. Bis zu den Herbstferien könne sich da noch einiges tun. Wahr ist aber auch: Während manch ein Absolvent des Lehramtsstudiums für die Sekundarstufe I und II vergeblich auf eine Anstellung an einem Gymnasium hofft, suchen viele Grund- und Förderschulen verzweifelt nach Lehrkräften, die ihre Schüler unterrichten können.
Anders ist das – wieder einmal – in Bayern. Dort kann der Lehrerbedarf laut Kultusminister Michael Piazolo (Freie Wähler) auch in diesem Jahr gedeckt werden: Von 5.200 Neueinstellungen spricht er zum Schuljahresstart, 1.100 Stellen seien neu geschaffen worden. Damit widerspricht er der Darstellung von Lehrerverbänden, dass der akute Personalmangel nun auch an bayerischen Schulen angekommen sei. "Da entsteht ein falscher Eindruck", sagte Piazolo auf einer Pressekonferenz. Der Bayerische Lehrer- und Lehrerinnenverband (BLLV) hatte zuletzt von einem "Lehrermangel in neuer Dimension" gesprochen.
Statistiken immer im Blick
Auch in Bayern steigen die Schülerzahlen, wodurch immer mehr Personal gebraucht wird. Ein Problem, das sich seit Jahren stetig abzeichnet. Lehrer werden auch im Freistaat gesucht, vor allem an Grund-, Mittel- und Förderschulen. Das weiß auch Bernhard Puell. Er ist Statistiker beim bayerischen Kultusministerium und erstellt jährlich die Schülerprognose und die daraus resultierende Lehrerbedarfsprognose.
Was aber ist der Grund dafür, dass in Bayern bislang noch etwas funktioniert, woran andere Bundesländer ganz offensichtlich scheitern? Warum schaffen es die Bayern offenbar, vernünftig vorauszuplanen und anderswo funktioniert das nicht?
Dass sich das Bundesland hier als Musterschüler präsentieren kann, hat einiges mit Bernhard Puell zu tun, der die Statistiken immer im Blick behält. Andere Bundesländer leisten sich diesen Luxus nicht so häufig. In NRW etwa wurde eine Lehrerbedarfsprognose im Jahr 2011 erstellt, die nächste folgte erst sieben Jahre später – dazwischen lag ein enormer Flüchtlingszuzug, infolge dessen die Schülerzahlen vielerorts sprunghaft anstiegen, allerdings ohne in den Berechnungen Beachtung zu finden. Denn es gab keine: Während die rot-grüne Koalition in NRW regierte (2012-2017), wurde keine aktuelle Lehrerbedarfsprognose vorgelegt. Ein Versäumnis, das die amtierende schwarz-gelbe Landesregierung künftig vermeiden will: 2018 legte sie eine aktuelle Lehrerbedarfsprognose vor, die mindestens alle zwei Jahre aktualisiert werden soll, heißt es aus dem Schulministerium.
Ruhestand, Elternzeit, Teilzeit
Bernhard Puell hat hingegen ständig ein Auge auf die Zahlen, nicht nur alle zwei Jahre. Um zu wissen, wie viele Erstklässler es gibt, rechnet er aus der Bevölkerungsprognose die Kinder zwischen fünf und sieben Jahren heraus. Ab der ersten Klasse ist die amtliche Schulstatistik die Grundlage für Puells Arbeit. Sie liefert ihm relativ verlässliche Zahlen für eine "Status-quo-Projektion", wie er es nennt. Wer einmal in Puells Statistik eingegangen ist, bleibt dort sein ganzes Schülerleben lang verortet – von einer Jahrgangsstufe zur nächsten, bis er das Schulsystem verlässt.
Schwierig wird es für Puell, wenn ein unvorhergesehenes Ereignis passiert wie 2015/2016, als die vielen Flüchtlinge ins Schulsystem aufgenommen und adhoc neue Stellen für Lehrer geschaffen werden mussten. Den üblichen Zuzug aus anderen Bundesländern und die Quote der Schüler, die eine Klasse überspringen oder wiederholen, sei hingegen relativ konstant und könne problemlos mit eingerechnet werden. Den "Sondereffekt Flüchtlinge" muss Puell jedoch auch weiterhin beachten. "Sie sind in den Quoten mit drin", sagt er. "Da es aber nicht jedes Jahr denselben Zuzug wie 2015/2016 geben wird, muss ich sie aus den Statistiken jetzt immer herausrechnen."
Ebenso wichtig wie die Seite der Schüler ist natürlich die der Lehrer. Wer geht in den Ruhestand? Wer wird beurlaubt? Wer geht in Elternzeit und wer kehrt daraus zurück? Wer arbeitet in Teilzeit? Wer in Altersteilzeit? Und, alles entscheidend: Wer kommt wann aus dem Studium und steht damit als Lehrkraft zur Verfügung? Klar ist allerdings auch: selbst wer den Lehrerbedarf kennt, kann trotzdem in Personalnot kommen – dann nämlich, wenn schlicht zu wenig Lehrkräfte zur Verfügung stehen.
Kommentare
Entfernt. Bitte verzichten Sie auf überzogene Polemik. Danke, die Redaktion/tg
Unabhängig von länderspezifischer Überheblichkeit (man könnt ja mal fragen wie Bayern an soviel Geld kommt):
Wundert sich hier keiner über die Selbstverständlichkeit mit der hier eine jahrelange dem Zeitgeist entsprechende (Staat kürzen) Entwicklung "Fehlkalkulation" genannt wird?
Natürlich ist Bayern bei der Deckung des Lehrerbedarf führend, ist es doch das Bundesland, welches am ehesten verbeamtet und seine Beamten am besten bezahlt. Wer kann, zieht nach Bayern.
https://www.beamtenbesoldung…
Desweiteren ist Bayern ideologisch nicht so verbohrt wie Rot-Grün regierte Bundesländer und hält noch schön am etablierten, dreigliedrigen Schulsystem fest ohne Experimente am offenen Herzen vorzunehmen.
Man wüsste gerne wie es in Bayern aussähe ohne Autoindustrie und wenn sich die CSU an alle Regeln und Gesetze halten würde, die so exisitieren.
Die Arroganz ist schwer auszuhalten und wenn man sich darüber ärgert wird es sicher nur mit "Neid" abgekanzelt.
"Was man von dem Musterschüler lernen kann."
Nicht links wählen ;)
Der Musterschüler hat ganz schön viele Leichen im Keller...
Bei Bayern bin ich ziemlich sicher das es die richtigen Leichen sind, die da im Keller verscharrt wurden!
Sagt viel über die bayrische Mentalität aus, was Sie da schreiben. Q.e.d.
Was zum Geier soll Ihre Aussage denn beweisen? Ob orakel99 aus Bayern kommt oder nicht, ist überhaupt nicht klar und selbst wenn er/sie Bayer wäre, würde das nix über die "Mentalität" aller Bayern sagen. Was Sie meinen ist "basta" und nicht "q.e.d".
Nee Basta ist ziemlich bayrisch.
Aber ob ein Kommentator für die Mehrheit spricht, da haben Sie Recht. Ich sehe halt die zuständigen gewählten Politiker.
LoL solch intellektuellen Zigeuner habt ihr ZON, SPON, SZ&Co die Forums-Diskussionen überlassen (und glaubten wohl wirklich die Ermächtigung, für eure Agenda, aus dem "Volk" zu bekommen).
Das rächt sich jetzt ...
Nee Basta ist ziemlich bayrisch.
Klar doch. So bayrisch wie der Basta-Kanzler, von ihm weniger zugeneigten Zeitgenossinnen wie mir auch gern „Gas-Gerd“ genannt.
wer ko der ko
der "Bastakanzler" war Schröder. Viel unbayerischer geht es eigentlich nicht.
Ist das Quartal schon wieder vorbei?
Vielleicht sollten Sie nochmal Statistik besuchen, meinetwegen sogar in Bayern.
Oder sind für Sie 15 Bundesländer in Deutschland links?
"Nicht links wählen ;)"
Ich wusste gar nicht das die "Linke" irgendwo in Westdeutschland schlechte Schul- und Bildungspolitik betrieben hätte?
Ihre „Warnung“ ist unter Blödsinn im Ordner mit dem Zwinker-Smilie abzuheften ;)
"Sagt viel über die bayrische Mentalität aus, was Sie da schreiben. Q.e.d."
Viel mehr noch zeugen die Giftspritzen die Sie hier austeilen, von ihrer Mentalität.
Vielleicht sollte man es einfach mal zur Kenntnis nehmen, das die Wirtschafts- und Bildungspolitik seit Jahrzehnten spitze ist in BY und versuchen daraus zu lernen anstatt einfach nur immer wieder in das politische Grabenkampf-Muster zu verfallen. Frei nach dem Motto, die Partei XY kann grundsätzlich Nichts richtig. Wer so denkt, wird niemals vorankommen.
"Ich wusste gar nicht das die "Linke" irgendwo in Westdeutschland schlechte Schul- und Bildungspolitik betrieben hätte?"
Legen Sie sich doch einfach mal eine Karte der letzten Jahre mit den Platzierungen der Länder im Bildungsmonitor mit den dazugehörigen Landesregierungen daneben. Auch Sie werden sich da nicht einer gewissen Korrelation entziehen können. Darauf wollte der Kommentar auf den Sie sich bezogen haben wohl hinaus.
Ich sage nicht das Linke Bildungspolitik grundsätzlich schlecht oder schlechter ist, allerdings schneiden Länder die Links regiert werden in den Lehrzielen häufig schlechter ab als rechts-konservativ regierte Bundesländer. Ausnahmen bestätigen die Regel.
BW.
Das sind zwar eher normale grüne. Aber so ganz können die sich dem Einfluss der linksgrünen im Bund auch nicht entziehen.
„Wer so denkt, wird niemals vorankommen.“
Das ist ja das grundsätzliche Problem aller linken und links grünen.
Die denken alle so.
Deswegen kommt da auch nichts voran, da wo die an der Macht sind.
Bestes Beispiel Berlin.
Echt? Finde Schröders Politik außerordentlich bayrisch.
Genosse der Bosse und so...
Sie dürfen gern weiter SPD und Grüne als linke Parteien ansehen.
Für mich sind es mehr oder weniger rot lackierte Konstruckte einer farblosen Mitte, jederzeit untereinander austauschbar, außer einige Personalien.
"Nee Basta ist ziemlich bayrisch."
Unsinn das ist Italienisch.
Der gesamte Artikel zeigt einmal mehr das Bayern vielen anderen Bundesländern Lichtjahre voraus ist. Wenn in anderen Ländern schon das frühen und auswerten einer Statistik zu komplex ist, kann man nur den Kopf schütteln. Der Vorsprung Bayerns dürfte sich auf sämtliche messbaren staatlichen Kernkompetenzen beziehen, mit Ausnahme der Windkraftanlagen, Gott sein dank!
In Bayern dauert oder dauerte die Lehrerausbildung bis vor Kurzem auch noch 24 Monate, was ein zu starkes Gedränge der Inhalte verhindert. Und das Referendariat soll dort wesentlich mehr Struktur geben haben, was den angehenden Lehrern die Möglichkeit gibt, sich besser zu orientieren.