Wer Mitglied einer der großen deutschen Kirchen sein will, muss auch Kirchensteuer zahlen. Das hat der Verwaltungsgerichtshof (VGH) Baden-Württemberg in Mannheim entschieden. Ein reiner "Kirchensteueraustritt" sei nicht statthaft, erklärten die Richter. Sie gaben damit dem Erzbistum Freiburg recht und hoben ein Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg auf. Dort hatte sich in erster Instanz der Kirchenrechtsprofessor Hartmut Zapp durchgesetzt. Er will aktives Mitglied der katholischen Kirche als Glaubensgemeinschaft bleiben, obwohl er aus der Kirche als Institution ausgetreten ist und keine Kirchensteuer mehr zahlt.
Der Professor aus dem südbadischen Staufen kritisiert, dass die Kirche als Körperschaft öffentlichen Rechts mit dem Staat die Eintreibung der Kirchensteuer vereinbart hat. Bei seinem Austritt bezeichnete Zapp darum die Religionsgemeinschaft, die er verlässt, als "römisch-katholisch, Körperschaft des öffentlichen Rechts". Wegen dieser Ergänzung ist der von der Stadt Staufen bescheinigte Austritt nach Ansicht der Erzdiözese Freiburg nicht gültig.
Auch der VGH Mannheim erklärte nun, der Kirchenaustritt könne nicht auf die Körperschaft des öffentlichen Rechts beschränkt werden. Eine Revision ließ das Gericht nicht zu. Der Kläger könnte dagegen aber Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht einlegen.
Zapp sieht sich in seinem Bestreben, die Glaubensgemeinschaft von der Körperschaft Kirche – und somit der Steuerpflicht – zu trennen, durch den Papst selbst bestätigt. Als sich eine Entscheidung gegen ihn abzeichnete, sagte der Professor: "Dann bleibt nur noch der Gang nach Rom."
Kommentare
Kirche ohne Kirchensteuer
Es wurde auch langsam Zeit zum Abschied von dieser Kirchenfinanzierung durch die Hintertür. Ich glaube nicht, dass es den Kirchen in den Ländern ohne Kirchensteuern schlechter geht als in D - sie müssen da nur etwas überzeugender auftreten, um Spenden und Zuwendungen einzutreiben. Und etwas mehr Überzeugungskraft täte dem Ansehen der Kirchen in Deutschland bestimmt keinen Abbruch.
Ich persönlich ziehe es jedenfalls vor, die konkrete Verwendung des Geldes, das ich der katholischen Kirche zukommen lasse, persönlich bestimmen zu können, statt es in den anonymen Topf "Kirchensteuer" einzuzahlen, aus dem dann möglicherweise unnötige Prestigeprojekte finanziert werden.
Dem Herrn Professor kann ich nur viel Erfolg wünschen.
Formfehler
Der Verwaltungsgerichtshof Mannheim hat den Kirchenaustritt von Herrn Zapp wegen eines Formfehlers für unzulässig erklärt, die Frage der Kirchensteuer wurde überhaupt nicht erörtert. Zumindest die Überschrift des Artikel ist also grob irreführend.
Es bleibt Herrn Zapp unbenommen, ohne diesen Zusatz noch einmal aus der Körperschaft des öffentlichen Rechts 'Kirche' auszutreten und den Fall nach Rom zu bringen, wo dann hoffentlich die Kirchensteuer in der jetzigen Form fällt. Die deutsche Kirchensteuer ist psychologisch gesehen ein großes Hindernis, die heilige, katholische und apostolische Kirche nicht als ein x beliebigen Verein oder politische Partei wahrzunehmen, sondern als das, was sie wirklich ist, nämlich als von Christus Jesus gegründete sakramentale Gemeinschaft.
Rom wird nicht verzichten ...
... auf diese einfache Einnahmequelle, selbst wenn sie immer spärlicher fließt. Ich denke auch -ohne Jurist zu sein-, dass die römische / vatikanische Gerichtsbarkeit für den Fall gar nicht zuständig sein kann. Da es schon seit Weimarer Zeiten
(s. hier: http://de.wikipedia.org/w...(Deutschland))
gesetzliche Garantien für die Kirchensteuer gibt (die auf noch ältere Vorgänge im Zusammenhang mit Säkularisierungen zurückgingen), ist auch eine einseitige Kündigung oder dgl. durch "Rom" eher nicht möglich...
@4 Kirchenaustritt
Es geht um den Austritt aus der Körperschaft des öffentlichen Rechts 'Kirche' und welche Folgen das hat. Herr Zapp behauptet in Übereinstimmung mit den Instruktionen aus Rom 'gar keine', die Diözese Freiburg behauptet, dass der Austritt aus der Körperschaft 'Kirche' mit der Intention von Herr Zapp in Deutschland nicht möglich ist.
Der uninformierte und nichts sagende Artikel in der ZEIT trägt leider zur Erhellung der Hintergründe der heutigen Gerichtsentscheidung überhaupt nichts bei. LInks darf man hier im Forum ja leider auch keine mehr setzen, aber suchen sie doch mal 'Christian Spaemann' und 'Kirchenaustritt' und sie werden einen sehr guten und sachlichen Artikel dazu finden.
Die Kirchensteuer
Ich bin in einer katholischen Gemeinde mit ca. 3000 Einwohnern aufgewachsen, ich denke mal mindestens 80 Prozent der Bevölkerung ist dort katholisch. D.h. es gibt in der Gemeinde mindestens 1.500 berufstätige Katholiken. Zahlen die im Schnitt 50 Euro im Monat Kirchensteuer, so sind das 75.000 Euro die monatlich an die Kirche gehen. Was macht die Kirche mit dem vielen Geld? Den Armen helfen nicht, dafür werden noch einmal extra Kollekten durchgeführt. Eine Pfarrer hat die Gemeinde auch nicht mehr, es gibt nur einen alle paar Jahre wechselnden Vikar...
Übrigens sind das bei einer Stadt mit 30.000 Einwohnern schon 750.000 Euro, die monatlich an die Kirche gehen. Bei einer 300.000 Einwohner Stadt entsprechend 7.500.000 pro Monat und bei einer 3 Millionenstadt schon 75 Millionen Euro. Und das alles zieht der Staat auch noch kostenlos ein für die christlichen Kirchen. Zusätzlich dazu bekommt die Kirche noch einmal Zuwendungen ungefähr im selben Umfang wie die Kirchensteuer aus Steuergeldern.
Man fragt sich schon, warum überhaupt noch jemand hungern muss in dieser Welt. Die katholische Kirche hätte jedenfalls genügend Kapital um dem Hunger ein Ende zu setzen. Was macht die Kirche mit all dem Geld???
@7 - waren Sie schonmal in Rom?
Falls nicht, reisen Sie mal hin. Gucken Sie sich diese wunderbare Stadt mit ihren unzähligen wunderschönen und prächtigen Kirchen (auch außerhalb des Vatikans) mal an. Sie werden ziemlich viele Antworten auf Ihre Frage "was macht die Kirche mit all dem Geld" finden.
Ihre Frage müssten Sie auch noch präzisieren "... und wo macht sie was aus dem Geld?"...
Vermutlich gibt es darauf noch weitere, viel beunruhigendere Antworten auf dem politischen Sektor, aber über die möchte ich hier nicht spekulieren.
Es gibt übrigens hinreichend Anlass zur Annahme, dass die Kirchensteuereinkünfte noch Peanuts gegenüber den Vermögen sind, die über _Vermächtnisse / Erbschaften_ einkommen.
@7 Viel Geld?
Alle deutschen Diözesen zusammen haben einen Haushalt von etwa € 6 Mrd., was knapp den Ausgaben einer Stadt wie Frankfurt entspricht. Davon macht die Kirchensteuer etwa 90% der Einnahmen aus. Keine deutsche Diözese schreibt z.Z. eine schwarze Null in ihrem Haushalt, sondern die laufenden Ausgaben werden über Rücklagen beziehungsweise Schulden gedeckt und für die nächsten Jahre sieht es noch düsterer aus. Die katholische Kirche ist noch nicht pleite, aber auf den besten Weg dahin. Das Problem des Hungers auf der Welt kann sie mit Sicherheit nicht lösen.
@12 - Pech für Deutschland
Ihre Zahlen einmal hingenommen, muss aber doch bezweifelt werden, ob in dem 6-Mrd.-Haushalt wirklich alle _verfügbaren_ Mittel, oder "nur" der cash-flow beziffert sind.
Ich kann mir nicht vorstellen, dass die rk-Kirche in D pleite gehen könnte, solange sie noch über jede Menge Immobilien und Ländereien verfügt (letzteres sehr häufig aus Erbschaften, vor allem im ländlichen Bereich...), die einen erheblichen Verkehrswert besitzen dürften...
@14 Pleite gegangene Diözesen
Ich kann mir nicht vorstellen, dass die rk-Kirche in D pleite gehen könnte, solange sie noch über jede Menge Immobilien und Ländereien verfügt (letzteres sehr häufig aus Erbschaften, vor allem im ländlichen Bereich...), die einen erheblichen Verkehrswert besitzen dürften...
Laut 'Kirchenkritiker'Carsten Frerk ist ja allein der Kölner Dom € 500 Mio. wert, wenn es hart auf hart kommt, könnte man den ja verkaufen, oder? Nur, wer braucht schon einen Dom? Solche Diskussion halte ich ehrlich gesagt für Milchmädchenrechnung, 90% aller Kirchen-Immobilien kosten nur und bringen nix. Und ob 'die Kirche' wirklich so viel erbt? Schaut man sich die ausgewiesenen und testierten Diözesan-Haushalte an, findet sich davon auf jeden Fall ebenfalls nichts. Gesetzt des Falles, dass die Kirchenhaushälter tatsächlich auf einigen Milliarden Schwarzgeld aus 'Erbschaften' hocken, wie wollen sie das in den Umlauf bringen?
Kirchliche Diözesen gehen weltweit übrigens ständig pleite, etwa in den USA. In Deutschland hätte es vor fünf Jahren fast mal Berlin erwischt, nur ein Notopfer der DBK hat das schlimmste verhindern können.
Wer braucht den Köner Dom
Möglicherweise ja die Stadt Köln sogar mit Rot-Grüner Regierung. Und auch ihre romanischen Kirchen werden zum Gewerbesteueraufkommen beitragen. Aber ich glaube, die Anzahl der Touristen würde sich ohne den Dom merkbar verringern. Übrigens wurde er auf Initiative eines säkularen Menschen fertiggestellt. Die Kirche hatte gar nicht genug Geld. Deswegen auch der ca. 300 jährige Baustopp.
Das ist NICHT die Frage.
Wenn der Thaler im Kasten klingt, die Seele aus dem Fegefeuer springt. Spätestens mit diesen Worten und Taten hat die "heilige" katholische Kirche sich dem >Gott dieser Welt< untergeordnet und die Moral des Christus zu den Akten gelegt.
Nicht nur die >Kirchensteuer< sondern zusätzlich dazu erhält die Staatskirche - trotz strikter Trennung zwischen Staat und Kirche - jährliche Subventionen in der Höhe von 14,3 Milliarden EUR mit einem jährlichen Wachstum von durchschnittlich 7 Prozent.
Die Gehälter ihrer Bischöfe zahlt der Steuerzahler und NICHT die Kirche, wie viele andere seit jahrhunderten überlebte Kirchenprivilegien, auf deren Bestand die Kirche besteht. Wie z.B. die rechtsstaatlich niemals überprüften Kirchenbesitztümer, die während der Säkularien vor 200 Jahren enteignet wurden - auch hier zahlt der Staat noch immer Jahr für Jahr eine Entschädigung.
Wenn der Glaube vom Geld diktiert wird kann es sich nicht um den Glauben an den Schöpfergott handeln.