Die mehr als 1.500 Seiten seines Manifestes offenbaren einen guten Einblick in die Weltanschauung des norwegischen Attentäters Anders Behring Breivik. Der Autor verortet sich selbst als Teil einer "Paneuropäischen Patriotischen Widerstandsbewegung". Er bedient sich dabei christlich-fundamentalistischer, rechtspopulistischer und extrem rechter Denkfiguren und Argumentationsmuster.
Neben der biografischen Inszenierung und den organisatorischen und militärischen Anleitungen zum Krieg ziehen sich besonders zwei Perspektiven durch das Manifest. Zum einen: ein apokalyptische Szenarien ausmalender antimuslimischer Rassismus, der sich ausgiebig am Rechtspopulismus bedient.
Zum anderen beschwört Breivik einen "Kulturmarxismus", den er für die Zerstörung traditioneller Familienmodelle und die Einwanderung nach Europa in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts verantwortlich macht. Die Dämonisierung der Vertreter der Kritischen Theorie als Zerstörer traditioneller Werte reicht bei ihm so weit, dass er selbst die europäischen christdemokratischen Parteien als deren Apologeten ansieht und zu Feinden im bereits begonnen Krieg erklärt.
Breivik distanziert sich von Hitler und vom Antisemitismus. Seine Warnung an mögliche Sympathisanten vor der Verwendung biologistisch-rassistischer Argumentationsmuster ist auch taktisch motiviert, um eine Stigmatisierung als "Rassist" oder "Nazi" zu vermeiden. In Einklang mit gängigen rechtspopulistischen Denkfiguren bezeichnet er Kultur und Religion als überzeitlich gegebene gesellschaftliche Ordnungsmuster.
Ebenfalls gemäß der rechtspopulistischen Ideologie warnt Breivik vor der Zerstörung angestammter Gemeinschaften durch eine multikulturell globalisierte Gesellschaft. Er beschwört dabei das Szenario einer Fremdherrschaft durch einen als homogen und expansiv gedeuteten Islam. Dieser werde durch einen inneren Feind hofiert, nämlich eben: durch den linken Internationalismus und den Multikulturalismus.
Breivik sieht seine Attentate als Bestandteile eines jahrhundertealten Kampfes, bei dem sich das christliche Europa gegen die islamische Bedrohung und seine Helfer zu wehren habe.
Die historischen Anleihen von Breiviks terroristischem Kulturkampf werden auf dem Deckblatt des Traktats deutlich. Der Bezug auf Symbolik und Ideengut der Tempelritter transportiert nicht nur die Idee eines permanenten Kreuzzugs, sondern auch die Vision von der Aufstellung einer neuen elitären Miliz. Diese dient in seinen Plänen als Vorkämpferin einer elitären und explizit patriarchalen Form der Gemeinschaft, die nicht zuletzt durch eugenische Maßnahmen bevölkerungspolitisch kontrolliert wird.
Kommentare
Kurze Frage
Bitte verzichten Sie auf Aufrufe zur und Rechtfertigung von Gewalt. Danke, die Redaktion/fk.
Gesinnungsgenosse?
[...]
Entfernt. Bitte diskutieren Sie sachlich. Danke. Die Redaktion/er
Was wird aus den anderen Religionen?
Das Manifest bezieht sich nur auf Christen und Muslime.
Welche Rolle spielen da andere Religionen z.B. in Laendern wie Indien, China oder Afrika. Wird die Welt demnaechst nur noch in einen Konflikt zwischen Christen und Muslime geteilt bzw. westlichee Welt und dem Nahen Osten.
Intention und Wirkung passen nicht zusammen
Welche Beweise gibt es für die Authentizität des angeblichen Manifestes von Breivik? Bei dem Verbrechen sind weder Muslime ums Leben gekommen noch Moscheen selektiv beschädigt worden. Die Wirkung dieser Wahnsinnstat stets in krassem Gegensatz zu den angeblichen Zielen des Täters. Hat Breivik die Folgen seines Verbrechens wirklich nicht vorhersehen können? Dann war Breivik wahrscheinlich ein verrückter Einzeltäter.
War Breivik verrückt?
Ungläubiger
Sie haben wohl nicht die Intention des Attentäters verstanden oder mitbekommen. Seine Tat sollte als Fanal, als Aufruf für all jene sein, die seine Ideologie folgen. Die geistige Haltung die Breivik beherrscht, beherrscht das Denken vieler anderer Menschen, deren Existenz anscheinend nur daraus zu bestehen scheint Muslime, Linke, Liberale und alle andere zu hassen die nicht auf deren Linie sind. Und für Breivik sind es die norwegischen Sozialdemokraten oder "Kulturmarxisten", wie er sie nennt.
Intenstion?
Der Troll, hat alles, was er sicher auch nicht einmal Ansatzweise verstanden hat.
Das fängt ja bei J. S. Mill an und hört irgendwann nach Max Weber auf.
Dieses Pamphlet ist als Erklärung, außer in strafrechtlicher Hinsicht völlig nutzlos.
Endlich: Ein christlicher Terrorist...
Aus dem kürzlich Erstellten Wikipediaartikel über den Attentäter:
"Nach einer ersten Einschätzung des Fahndungschefs Øystein Mæland hat Breivik „wohl eine rechtsextreme, christlich-fundamentalistische Haltung“.Der norwegische Sozialwissenschaftler Lars Gule charakterisiert Breivik mit den Worten: „Er ist nationalkonservativ, nicht Nazi. Er hat eine konservative, christliche Ideologie, aber ich denke nicht, dass man ihn mit Recht einen christlichen Fundamentalisten nennen kann.“ Einschätzungen, die in Breivik einen christlich-religiösen Attentäter ausmachten, wurden insofern als haltlos zurückgewiesen, als das Christentum für Breivik keine religiöse Bedeutung hat, sondern als Vehikel für die Behauptung einer europäischen Identität dient."
Da ich mich durch mein Studium bedingt damit beschäftige, habe ich beim Label "christlicher Fundamentalist" aufgehorcht und mal das Manifest nach Begriffen durchsucht, die mit dieser Gruppe sonst in den Medien assiziiert werden (Biblizismus, Kreationismus, einseitige Verehrung des Staates Israel). Ein Beispiel: Der Begriff "Jesus" taucht fast nur in Verbindung mit Dan Bronws "Sakrileg" (Mutter aller Verschwörungstheorien, die was auf sich halten) und der Koranrezeption auf.
Das passt überhaupt nicht in das Bild, das sonst von Medien von christlich-fundamentalistischen Gruppierungen gezeichnet wird.
Vielleicht wurist das aber nur die heimliche Hoffnung vieler auf einen endlich mal von einem christlichen Attentäter zu lesen...