Sexueller Missbrauch von Kindern hat in den vergangenen 20 Jahren in Deutschland stark abgenommen. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie des Kriminologischen Forschungsinstituts Niedersachsen (KFN) im Auftrag des Bundesbildungsministeriums.
Während in der bisher einzigen deutschen repräsentativen Missbrauchsstudie aus dem Jahr 1992 noch 8,6 Prozent der Frauen und 2,8 Prozent der Männer von einem Missbrauch mit Körperkontakt vor ihrem 16. Geburtstag berichtet hatten, sank der Wert in der aktuellen Studie auf 6,4 beziehungsweise 1,3 Prozent. Sexueller Missbrauch gehe damit drastisch zurück, sagte der Kriminologe Christian Pfeiffer, Leiter des KFN.
Für die Studie wurden rund 11.500 Menschen im Alter von 16 bis 40 Jahren anonym befragt. Knapp 20 Prozent der Teilnehmer wiesen einen Migrationshintergrund auf. Bundesbildungsministerin Annette Schavan (CDU) hatte die neue Studie im Rahmen des Runden Tischs zum Kindesmissbrauch in Auftrag gegeben. Insgesamt 683 der Befragten berichteten darin, mindestens einmal Opfer von sexuellem Missbrauch geworden zu sein.
Pfeiffer führte die Entwicklung auf die gestiegene öffentliche Aufmerksamkeit und Anteilnahme für die Leiden der Opfer zurück. Auch hätten Internate, Schulen, Sportvereine und kirchliche Einrichtungen häufig Maßnahmen umgesetzt, um Kinder besser zu schützen. Für potenzielle Täter erhöhe sich dadurch das Risiko der Tataufdeckung, heißt es in der Studie.
Jeder dritte Täter wird angezeigt
Laut Pfeiffer ist der Missbrauch vor allem in den Familien zurückgegangen. "Das Risiko von Missbrauch außerhalb der Familie, also der Täter hinterm Busch, ist gleich geblieben", sagte er. Zudem seien die Opfer häufiger bereit, die Täter anzuzeigen. "Während in den achtziger Jahren im Durchschnitt nur jeder zwölfte Täter mit einem Strafverfahren rechnen musste, gilt das heute für etwa jeden dritten." Das habe offenbar eine abschreckende Wirkung auf die Täter.
Im Vergleich der deutschen Befragten zu denen mit Migrationshintergrund lag der Prozentsatz missbrauchter türkischer Mädchen deutlich niedriger als bei deutschen oder russlanddeutschen Mädchen (1,7 Prozent im Vergleich zu 7,2 Prozent). Diese Differenz ergebe sich dadurch, dass die Mädchen stärker vor sexuellen Übergriffen außerhalb der Familie geschützt würden. Während die Situation innerhalb der Familie mit der in deutschen oder russlanddeutschen Familien vergleichbar sei, würden türkische Väter und Brüder besser darauf achten, dass außerhalb nichts passiert. "Das Ideal, jungfräulich in die Ehe zu gehen, motiviert offenbar, die Mädchen zu schützen", sagte Pfeiffer.
Trotz des Rückgangs könne jedoch keine Entwarnung gegeben werden. Bildungsministerin Schavan zufolge werde die öffentliche Debatte über dieses Thema Betroffene weiter darin bestärken, die Taten anzuzeigen.
Das KFN hatte zwischen Januar und Mai bundesweit 11.428 Menschen zu ihren Erfahrungen mit Missbrauch und Gewalt befragt. Das Spektrum reichte von Exhibitionismus, über sexuelle Übergriffe und Vergewaltigung bis zum erzwungenen Anschauen von Pornografie. Nach Angaben des Instituts handele es sich um die bisher größte Studie über sexuellen Missbrauch in Deutschland.
Opfervertreter bezweifeln Ergebnisse
Opfervertreter kritisierten die Studie. Viele Opfer hätten den Missbrauch komplett verdrängt und machten deshalb bei Befragungen keine Angaben, sagte der Vorsitzende des Netzwerkes Betroffener von sexualisierter Gewalt, Norbert Denef. "Wenn ein Opfer schweigt, kann es auch im Geheimen kein Kreuzchen machen", sagte er.
Denef bezweifelte, dass es überhaupt möglich ist, Statistiken über sexuellen Missbrauch zu erstellen. Solche Studien könnten daher nur falsch sein.
Kommentare
Nicht neu..
Die Aussage gibt es in der kriminologischen Forschung schon länger, sie ist aber nicht populär, da bei dem Thema natürlich immer, verständlicherweise, Emotionen geweckt werden, die bis zur Einführung der Todesstrafe gehen.
Ferner tut die Berichterstattung in der Wahrnehmung Ihre Arbeit, berichtet die BILD, oder auch andere Medien, sehr ausführlich und emotionsgeladen über diese schlimmen Übergriffe, entsteht, ähnlich wie bei der Jugendgewalt, der Eindruck die Gesellschaft wird immer schlimmer. Doch wie war das wohl in den 50er und 60er Jahren? Als der Vater in der Familie noch machen konnte was er wollte? Als man sich nicht mit einer Anzeige gesellschaftlich "verunreinigte"? Folglich wurde so manche Straftat totgeschwiegen von den Familien und den Betroffenen, die keine Hilfe erwarten konnten.
Hier gab es eine viel größere Dunkelziffer, die heute zum Glück gesunken ist. Natürlich ist JEDE Tat verwerflich, aber für die Prognose und Analyse sollte man für die Bekämpfung schon objektiv betrachten.
Leider neigen Opferverbände, mit sicherlich guten Absichten, immer zu einer Gegenmeinung und wer dann öffentlich "dagegen" argumentiert, der hat es sicher schwer, wird man doch schnell als "Verharmloser" etc. gebrandmarkt.
Sicher ist aber: Das Nachkriegsdeutschland war sehr dunkel was diese Taten angeht.
Warum Opfer das idR. nicht zur Anzeige bringen...
Leider neigen Opferverbände, mit sicherlich guten Absichten, immer zu einer Gegenmeinung und wer dann öffentlich "dagegen" argumentiert, der hat es sicher schwer, wird man doch schnell als "Verharmloser" etc. gebrandmarkt.
1) Braucht es typischerweise erhebliche Mengen Zeit derartige Dinge aufzuarbeiten, d.h. insbesondere auch zur Anzeige zu bringen. Rechnen Sie bitte eher mit 30+ als mit Kindern die Anzeige erstatten.
2) Sollte man nicht glauben, dass so ein 'Opfer' einzig und alleine das Strafrecht oder die gerechte Sache im Blick hat. Im Zuge solcher Geschichten wird idR. sehr viel schmutzige Wäsche gewaschen, was nicht zuletzt auch bei den Opfern erhebliche neue Verwundungen zurücklässt.
Hinzu kommen erhebliche Flurschäden hinsichtlich Karriere und finanziellem Status. Verbeamtungen oder auch nur eine Berufsunfähigkeitsversicherung können Sie bei einem aktenkundigen Kindesmissbrauch an einem selbst abhaken.
3) Die lieben Therapeuten:
- Wer als Kind sexuell missbraucht wurde und daher gfs. Schwierigkeiten im Bereich privater Beziehungen hat, dem ist beim Therapeuten die Diagnose 'Psychopath' sicher!
- Typische Frage eines Therapeuten hinsichtlich Kindesmissbrauch an einem selbst:
Hat Ihnen dieser Triumph über den Missbraucher gefallen? (sic!)
Aus eigener Erfahrung:
Strafen gibt es wegen Verjährung (idR.) keine, stattdessen neue Wunden und herbe finanzielle Schäden. Nach dem Missbrauch kommt der Missbrauch mit dem Missbrauch. Schweigen ist Gold.
So was Dummes! Die Opferzahlen gehen zurueck aber die
Entfernt. Bitte verzichten Sie auf Polemik und Geschmacklosigkeiten. Danke, die Redaktion/se
Missbrauch...
Entfernt. Bitte belegen Sie Ihre Tatsachenbehauptungen mit Quellen. Danke, die Redaktion/mk
Was haben Sie für ein verstörtes Bild der Landbevölkerung?
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Türkische Väter und Brüder
"Im Vergleich der deutschen Befragten zu denen mit Migrationshintergrund lag der Prozentsatz missbrauchter türkischer Mädchen deutlich niedriger als bei deutschen (...)
Das Ideal, jungfräulich in die Ehe zu gehen, motiviert offenbar, die Mädchen zu schützen", sagte Pfeiffer."
Von dieser Seite ist eben immer eine robuste Gegenwehr zu erwarten.
Ansonsten muß man diese Aussage einfach mal atmen lassen.
Jungfräulichkeit!
Das schützt auch nicht wirklich. Mal ehrlich, schon mal die Worte anal und oral in Verbindung mit Missbrauch an Kindern gehört.Zählt das nicht? Prügel und Psychoterror auch nicht?