Im Zuge der Ermittlungen gegen die Täter der rechtsextremistischen Mordserie in Deutschland haben Polizei und Justiz im Jahr 2006 aus der Türkei Hinweise auf Verflechtungen in die organisierte Kriminalität erhalten. Der parlamentarische Untersuchungsausschuss des Bundestages zu den zwischen 2000 und 2007 verübten zehn Morden stellte nach Informationen der ZEIT fest, dass türkische Behörden den deutschen Beamten Ermittlungen im Bereich der Organisierten Kriminalität nahegelegt haben.
Demnach hatte die 2005 in Bayern einberufene Sonderkommission Bosporus im Sommer 2006 Ermittlungsergebnisse aus der Türkei erhalten, wonach eine Verbindung der NSU-Opfer zum Tiefen Staat zu vermuten sei. Der Tiefe Staat bezeichnet die Verflechtung kemalistischer türkischer Sicherheitsbehörden mit dem Organisierten Verbrechen, insbesondere Killerkommandos. Gestützt wurde die These auch von Hinweisen, dass drei der Mordopfer tatsächlich Verbindungen zur Organisierten Kriminalität hatten.
Rechtsextremismus-These aus Angst nicht verfolgt
Ein solcher krimineller Hintergrund der Morde und entsprechende Kontakte der Opfer ist nach den bisher öffentlich gewordenen Informationen jedoch bis heute nicht nachgewiesen. Ein von den drei Haupttatverdächtigen veröffentlichtes Video führte die Bundesanwaltschaft vielmehr zu der Einschätzung, dass die als Gruppe Nationalsozialistischer Untergrund organisierten Täter ihre Opfer aus Ausländerhass und aufgrund staatsfeindlicher Gesinnung töteten.
Bayerischen Behörden hatten diese These lange Zeit verfolgt, die Möglichkeit eines rechtsextremistischen Hintergrunds hingegen vernachlässigt. Zum Auftakt des Untersuchungsausschusses gab Wolfgang Geier , damaliger Leiter der Sonderkommission an, der frühere bayerische Innenminister Günther Beckstein ( CSU ) habe vor der Veröffentlichung der Rechtsextremismus-Hypothese gewarnt, da diese Angst in der türkischen Bevölkerung schüren könne.
Erdoğan empfahl Ermittlungen nach türkischem Vorbild
Auf mögliche Verbindungen zu kriminellen Strukturen in der Türkei hatte Premierminister Recep Tayyip Erdoğan Ende November 2011 indirekt hingewiesen, allerdings in Hinblick auf die Ermittler. Damals war der Nationalsozialistische Untergrund bereits enttarnt und als Urheber der Mordserie erkannt. Angesichts des jahrelangen Misserfolges der deutschen Ermittler warnte er damals in einer Rede vor Abgeordneten seiner Partei davor, die Taten allein als das Werk von Rechtsextremisten zu betrachten. Vielmehr sollte auch die Rolle staatlicher Stellen untersucht werden.
Es habe sich herausgestellt, dass die Vorfälle in Deutschland nicht einfach nur rassistische Übergriffe waren, sagte er damals. "Ich empfehle, dass Deutschland die Auseinandersetzung mit dem ‘tiefen Staat’ in der Türkei als Vorbild nimmt." Damit spielte er auch auf die Verschwörergruppe Energekon an, die in der Türkei einen Putsch gegen die Regierung geplant haben soll.
Zwischen 2000 und 2006 waren acht türkische und ein griechischer Kleinunternehmer, 2007 eine Polizistin in Heilbronn ermordet worden. Die Sonderkommission Bosporus bildete sich in Bayern, weil die Täter dort zuerst töteten. Sie arbeitete auch mit anderen Ermittlergruppen in anderen Bundesländern zusammen. Die Täter mordeten in insgesamt fünf Bundesländern. Als Hauptverdächtige sitzt Beate Zschäpe in Untersuchungshaft, die zwei weitere mutmaßlichen Täter Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos hatten sich kurz vor Enttarnung der Neonazi-Gruppe selbst getötet. Weitere mutmaßliche Helfer sind ebenfalls inhaftiert.
Kommentare
So hat jeder sein ganz eigenes Süppchen am Kochen,...
... wenn es darum geht, Schuldige zu vermuten.
Sehr eigenartig...
ich finde die ganze Angelegenheit sehr eigenartig. Allein wie die Mutmaßungen Täter sich selbst gegenseitig umgebracht und danach angezündet haben sollen (Ironie/off).
Da skkommt davon
Das kommt davon, wenn Politik und nicht die Ermittlungsarbeit die Vorgehsweise bestimmt. Erst Schily und der NRW Minister, jetz auch noch Erdogan. Und die fehlnde Zusammenarbeit der deutschen Landesbehörden ist auch der Politik geschuldet.
Türkische Interessen
"Ich empfehle, dass Deutschland die Auseinandersetzung mit dem ‘tiefen Staat’ in der Türkei als Vorbild nimmt." Damit spielte er auch auf die Verschwörergruppe Energekon an, die in der Türkei einen Putsch gegen die Regierung geplant haben soll.
Erdogan setzte die deutschen Ermittler also auf die Spur der Gruppiereung "tiefer Staat". D.h. die deutschen Behörden sollte also die Arbeit für die Türken machen. [...]
Gekürzt. Bitte verzichten Sie auf Spekulationen und Unterstellungen. Danke, die Redaktion/ls
Textinhalt
Das verstehen von Texten liegt in der Tat nicht jedem. Auch wenn es, wie in diesem Fall, eigentlich nicht sonderlich schwer fallen dürfte.