In Deutschland sind deutlich mehr Rechtsextreme untergetaucht als zuletzt von der Bundesregierung angegeben. Dies berichtet die Tageszeitung Die Welt und beruft sich dabei auf eine Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Linken-Fraktion im Bundestag. Demnach suchen die Sicherheitsbehörden derzeit 266 Neonazis per Haftbefehl – im Oktober 2012 hatte Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich noch von 110 untergetauchten Rechtsextremen gesprochen.
Die Regierung begründet diesen Anstieg laut Welt mit einer höheren Treffergenauigkeit, da nun mehr Datensätze einbezogen wurden. Demnach beruhen die Zahlen vor allem auf der jüngst gegründeten Rechtsextremismus-Datei sowie den Datenbanken der Länderpolizeien und des Bundesamtes für Verfassungsschutz.
Die Delikte, die den Haftbefehlen zugrunde liegen, sind demnach nur selten politisch motiviert , eine terroristische Straftat ist nicht darunter. Oft, so heißt es der Welt zufolge in dem Bericht, geht es um Fahrerflucht oder unterlassene Unterhaltszahlungen.
Experten sprechen von "tickenden Zeitbomben"
Die Behörden schreiben demnach lediglich 44 der insgesamt 266 Gesuchten eine rechts motivierte Straftat zu; nur bei fünf ist eine politisch motivierte Gewalttat, zumeist Körperverletzung, der Grund für den Haftbefehl. "Gleichwohl", so fügt die Zeitung hinzu, "gelten viele der 266 Abgetauchten, die eindeutig dem rechtsextremistischen Spektrum zugeordnet werden, für Sicherheitsexperten als 'tickende Zeitbomben'".
Wie eng die Gesuchten mit dem organisierten Milieu verbunden sind, zeigt ein Blick in die Datenbank des Verfassungsschutzes, der dem Bericht zufolge 91 der 266 Abgetauchten erfasst hat. Von diesen werden nur fünf der NPD oder ihrem Umfeld zugerechnet. Neun hätten Verbindungen zur Kameradschaftsszene oder zum freien neonazistischen Spektrum, heißt es weiter. Vier der Gesuchten haben demnach engen Kontakt zur rechtsextremistischen Musikszene, zwei gehören zur Skinheadszene.
Versagen angesichts des NSU
Die rechtsextremistische Szene ist seit November 2011 wieder im besonderen Fokus von Sicherheitsbehörden und Politik. Damals wurde die Mordserie der Zwickauer Terrorzelle bekannt, die zwischen 2000 und 2007, organisiert als Nationalsozialistischer Untergrund , acht türkischstämmige und einen griechischstämmigen Bürger sowie eine Polizistin ermordet hat. Polizei und Verfassungsschutz waren den Rechtsextremisten jahrelang nicht auf die Spur gekommen.
Kommentare
B&B
Soviel zu den Zahlen über die Brandstifter.
Wo gibt 's die Zahlen über die Biedermänner?
via ZEIT ONLINE plus App
Die Beste aller Fragen !
Haben Sie gestellt ! Vor allem, "WER" sind die Biedermänner (die wahren Brandstifter)? Wenn man bedenkt das ein "Anzug" die moderne "Kampfkluft" ist, dann hat D. ein echtes Problem (siehe z.B. VS & NSU).
Ein bezeichnendes Beispiel...
für die heutigen Medien. Man wähle eine möglichst reisserische Überschrift, die nicht wirklich falsch aber doch irreführend ist, um dann im Text, die Sache eventuell klarzustellen.
Zugegeben "Polizei sucht 44 rechte Straftäter" bzw. "Polizei sucht 5 rechte Gewalttäter" hätte ja auch nicht annähernd so spektakulär geklungen. Da kann man die Sachlichkeit schon mal außen vor lassen. Hauptsache es werden ordentlich Klicks generiert.
Mal ganz abgesehen davon, finde ich es schon zweifelhaft, wenn offensichtlich nicht politisch motivierten Straftaten die (mutmaßliche) Ideologie des Täters zugeordnet wird. Welche Aussagekraft hat es denn, wenn ich weiß das jemand, der Fahrerflucht begangen hat, rechtsextrem ist?! Das wäre genauso sinnbefreit, als wenn man veröfffentlichen würde, wieviele Täter von Landfriedensbruch, Ladendeibstahl... eine linksextreme Gesinnung haben. Es würde übertriebene Schlagzeile generieren; mehr aber auch nicht!
Es beschleicht mich nur die Befürchtung dass diese "alarmierenden" Zahlen, die von den Medien so bereitwillig kolportiert werden, mal wieder als Ausrede für weitere Überwachungsmaßnahmen dienen werden. Schließlich kann man "hunderte untergetauchte Neonazis" nicht frei herumlaufen lassen.
Völlig Sachlich
Die Überschrift ist alles andere als reißerisch. Im Gegenteil: Sie ist sachlich und komplett ohne Wertung.
Bezeichnend?
Liebe/r case 793,
andersherum: Wäre es nicht unseriös gewesen, wenn wir von fünf Gewalttätern geschrieben hätten, während Hunderte Rechtsextreme nicht auffindbar sind? Muss man vorher durch Gewalttaten aufgefallen sein, um eventuell im Untergrund gefährlich zu werden?
Wir wollen das Thema nicht mehr herunterspielen, wie es lange genug geschehen ist. 266 Rechtsextremisten sind flüchtig. Vielleicht werden alle gefunden, vielleicht wird nicht einer mehr gewalttätig. Doch zunächst ist diese Information des Innenministeriums für uns eine wichtige Nachricht.
Bestes vom News Desk,
Christian Bangel
Der Titel ist irreführend: Die Polizei sucht eben nicht
Nach meiner Kenntnis wird ein Haftbefehl z.B. wegen unterlassener Unterhaltzahlung erlassen und in eine Statistik eingetragen. Vielleicht fährt dann mal eine Streife zuhause vorbei; das ist aber nicht der Regelfall. Häufiger sind Zufallsaufgriffe bei Geschwindigkeitsübertretungen etc. Keinesfalls sucht die Polizei bei Haftbefehlen aktiv, sofern diese nicht Kapitalverbrechen betreffen. Aber natürlich klingt das nicht so dolle:"Haftbefehle für 260 Rechtsextreme"
Entfernt. Bitte verzichten Sie auf Relativierungen. Danke, die Redaktion/jp